1968: Schule – Reform – ProtestPaffrather Gesamtschüler im Vergleich mit Großeltern

Rasmus Lennerts, Yaren Kest, Mario Krönke, Claudia Bak, Sophia Zischg und Helen Serwe (v. l.) besuchten mit ihrer Lehrerin Birgit Jathe die Ausstellung.
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Bergisch Gladbach – 1968 – Synonym für Studentenproteste und Aufbegehren gegen Obrigkeiten. Protestwellen, die von den Universitäten der Großstädte bis hinunter in die Schulen des Landes rollten. Auch in Bergisch Gladbach und Bensberg demonstrierten damals junge Menschen bald gegen die miefigen Strukturen und überkommene Erziehungsstile, gegen antiquierte Unterrichtsmethoden und fehlende Mitbestimmungsmöglichkeiten. Demos und Krawalle waren die Folge, auch an der Strunde.
Ein Ergebnis dieser Zeit, an die im Schulmuseum Katterbach derzeit mit einer Sonderausstellung erinnert wird, war eine neue Schulpolitik. Die Integrierte Gesamtschule Paffrath (IGP) verdankt diesem Wandel ihre Existenz. Schüler der IGP, die früher nicht nur wegen ihres Fassadenanstrichs „rote Schule“ genannt wurde, hatten bei der Ausstellungsgestaltung mitgewirkt. Unter Leitung der Lehrerin Birgit Jathe hatten sie Zeitzeugen zu 1968 und den Folgen befragt.

„Mehr Geld für mehr Schulen“: Dieses Bild einer Schülerdemo aus dem Jahre 1970 in Bergisch Gladbach haben die Macher ausgegraben.
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Was zu einem Gedankenspiel anregt: Was werden Schüler heutiger Tage in einigen Jahrzehnten einmal als Zeitzeugen über ihre Schulzeit berichten? Von welchen Schwierigkeiten, Konflikten oder Protesten werden Rasmus Lennerts, Yaren Kest, Claudia Bak, Mario Krönke, Sophia Zischg und Helen Serwe, Schüler der Jahrgangsstufe 13, rückblickend sprechen?
Wohl nicht von Autoritäten, dem entscheidenden Konflikt 1968. Eher von Zeit- und Notendruck, verdichteten Unterrichtszeiten. Der Lehrer spiele in der Schule immer noch eine entscheidende Rolle, so Rasmus, doch als Autoritätsperson sei er in den Hintergrund getreten. Wichtiger für die Kurswahl sei, wie erfolgversprechend der Unterricht bei dem jeweiligen Pädagogen sei.
Sonderausstellung
Noch bis zum 30. April 2019 ist die Sonderausstellung „1968: Schule – Reform – Protest“ zu sehen.
Gezeigt wird die Ausstellung bis zum 30. April 2019 in den Räumen des Schulmuseums, Kempener Straße 187, in Bergisch Gladbach.
Öffnungszeiten: montags bis freitags 10 bis 13 Uhr, jeden ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr. (spe)
Denn es gibt sie nach Ansicht der Schüler noch, die monologisierenden Lehrer, die ihren Stoff „durchziehen“, den traditionellen Frontalunterricht und die als ungerecht empfundene Bewertung. „Man soll seine Kurse natürlich unabhängig vom Lehrer wählen“, sagt Yaren. „Aber das macht man dann doch nicht.“ Denn über allem stehe der Notendurchschnitt. „Der NC hat Priorität“, so die Schülerin. Wenn jemand Medizin studieren wolle, dann sei der Traum schnell vorbei, ohne den passenden Notendurchschnitt. Und auch die Wahlfreiheit der Fächer stehe oft nur auf dem Papier.
„Wir sind Vollzeitschüler“, sagt Mario, Auszeiten seien Luxus, Freizeitaktivitäten würden zurückgestellt, um den wichtigen Notenschnitt für das geplante Studium nicht zu gefährden. „Ich habe das Klavierspiel aufgegeben, weil ich momentan keine Kraft und Zeit mehr habe“, sagt Helen. Kaum vorstellbar, dass da noch Zeit für politisches Engagement bleiben soll, wie anno 1968, für Vollversammlungen, Plakataktionen und Demonstrationszüge. Und trotzdem: Helen und Yarem, Schülerinnen des Schuljahres 2018/19, demonstrieren in Köln gegen Braunkohletagebau und Erdogan-Politik. Noten gibt es dafür nicht, aber manchmal lernt man auch auf der Straße.