Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

ProtestStadt Bergisch Gladbach sperrt Schulsporthalle ohne Absprache

Von
5 min
Der Sportkomplex aus Beton ist von außen zu sehen.

Die Stadt sperrt die Sporthalle. Die Nelson-Mandela-Gesamtschule in Bergisch Gladbach weiß nicht, wo am Montag der Sportunterricht stattfinden soll. 

Am Montag zu Schulbeginn gibt es kein Konzept für den Sportunterricht. Die Nelson-Mandela-Gesamtschule kritisiert die Stadtverwaltung scharf für ihren Alleingang.

Die Stadt hat kurz vor den Herbstferien angekündigt, die Sporthallen der Nelson-Mandela-Gesamtschule zu sperren – aus sicherheitsrelevanten Gründen. „Mit uns hat niemand auch nur ein einziges Mal darüber gesprochen, bis heute nicht“, äußert Schulleiter Dieter Will scharfe Kritik am Vorgehen der Verwaltung. „Wir sind vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Das werden wir so nicht hinnehmen“, sagt er aufgebracht. Wenn am Montag der Schulbetrieb wieder losgeht, gibt es kein Konzept, wohin der Sportunterricht ausgelagert werden soll. Und das ist nicht das einzige Problem, vor dem die Schule steht.

Die Gesamtschule fühlt sich missachtet und übergangen: „Wir würden ja nicht nur die Turnhallen verlieren, sondern außerdem die Sportaußenanlagen. Und das ist unser wichtigster Bereich für den gebundenen Ganztag“, berichtet Will. Die Hälfte der Schülerschaft erhalte dort Betreuungsangebote.

Jetzt soll dort auf dem bestehenden Multicourt mit Tartanbodenbelag, wie berichtet, eine Traglufthalle als Ersatz errichtet werden – „um den Schul- und Vereinssport kurzfristig abzusichern und gleichzeitig eine flexible Lösung für zukünftige Ausfälle zu schaffen“, lässt sich Alexandra Meuthen, Fachbereichsleiterin Immobilienbetrieb, in einer Pressemitteilung vom 10. Oktober zitieren. Die Verwaltung geht davon aus, dass die Instandsetzung des Hallenkomplexes mindestens ein Jahr dauern wird.

Wir könnten unser Betreuungsangebot nicht mehr aufrechterhalten
Dieter Will, Schulleiter

Die Folge: Der Schulhof der Nelson-Mandela-Gesamtschule würde sich um 50 Prozent verkleinern, schätzt der Schulleiter. Dies ist aus Sicht der Schulgemeinde nicht akzeptabel: „Wir könnten unser Betreuungsangebot nicht mehr aufrechterhalten“, sagt Will, „wir leben bereits im 13. Jahr mit einem Ganztag, ohne gebäudetechnisch dafür ausgestattet zu sein.“

660 der insgesamt 800 Schülerinnen und Schüler profitieren von den Angeboten des Ganztags. Für die 330 Schüler der 5., 6. und 7. Klassen stehe nur ein 65 Quadratmeter großer Klassenraum zur Verfügung. Die 8., 9. und 10. Klassen erhielten Angebote in einem Kellerraum. „Das heißt: Wir brauchen das Außengelände unbedingt“, betont Will.

Es ist vor allem die Art der Kommunikation seitens der Behörde, die Will so wütend macht. Schulleitung und Lehrerschaft hätten letztendlich am Samstag, 11. Oktober, einen Tag vor Beginn der Herbstferien, aus der Zeitung erfahren, dass die Stadt die Sporthallen vorsorglich sperren lässt: „Das ist ein absolutes Unding. Gibt es Probleme, muss man sie lösen, das ist kein Ding. Aber man muss doch mit Schule reden!“

Auf der Bühne stehen zwei Abiturienten.

Die Dreifeldhalle der Nelson-Mandela-Gesamtschule wird nicht nur für Sport, sondern auch für Veranstaltungen wie Abi-Feiern genutzt.

Für den Schulleiter liegt die Vermutung nahe, die Verwaltung habe das „bewusst so eingestielt “. Bei seinem Vorwurf stützt sich Will auf die Aussage Meuthens in der Pressemitteilung, mit der Traglufthalle „gleichzeitig eine flexible Lösung für zukünftige Ausfälle zu schaffen.“ Das stecke eigentlich dahinter, meint Will, deshalb habe auch niemand im Vorfeld mit der Schule gesprochen.

Der baufällige Zustand der Sportstätten im Stadtgebiet ist schon lange bekannt. Aktuell sind zwei Turnhallen der Integrierten Gesamtschule Paffrath (IGP) sowie alle vier Hallen des Otto-Hahn-Schulzentrums gesperrt. Um gewappnet zu sein, für weitere Schließungen will die Stadt, wie berichtet, für zwei Millionen Euro eine mobile Interimshalle auf dem Gelände der IGP errichten. Die Bauzeit liegt bei mindestens ein Jahr.

Die aufblasbare Traglufthalle an einem zweiten Standort auf dem Gelände der Nelson-Mandela-Gesamtschule könnte, so vermutet Will, dafür gedacht sein, dauerhaft als flexible Notlösung für plötzliche weitere Sperrungen maroder Hallen zu dienen.

Verwaltung hat sich bisher nicht bei der Gesamtschule gemeldet

Eine entsprechende Anfrage der Redaktion von vor zwei Tagen beantwortet die Stadtverwaltung nicht. Damit bleibt auch offen, wann mit dem Bau der Traglufthalle gestartet werden soll, wie lange die Bauzeit sein wird, welche Vereine betroffen sind.

„Und wir stehen jetzt da und wissen nicht, wie es am Montag bei uns sporttechnisch weitergeht“, kritisiert Will. Dabei hatte die Verwaltung in der Pressemitteilung versichert, in den Herbstferien Ersatzpläne für den Sportunterricht an der Gesamtschule zu erstellen. „Wir haben bis jetzt nichts gehört. Niemand hat sich bei uns nach Stundenplänen erkundigt, welcher Sportunterricht wichtig ist und unbedingt weitergeführt werden muss“, berichtet Will.

Es gibt beispielsweise einen Sportleistungskurs, zwei Referendare machen im Februar ihr Examen und benötigen entsprechende Unterrichtsnachweise. Das müsse alles organisiert werden. „Man muss doch miteinander reden!“, sagt Will noch einmal.

Außerdem leuchtet es dem Schulleiter nicht ein, dass die Sporthalle so unsicher sein soll, dass sie gesperrt werden muss. Die Verwaltung führt „schwerwiegende Probleme im Bereich der elektrischen Anlagen“ an. „Aber wie kann es dann sein, dass wir in der Halle bis Mitte Oktober noch Sport machen konnten, aber Ende Oktober nicht mehr?“, fragt Will.

Nach den Sommerferien war die Dreifachturnhalle schon einmal für zwei Wochen gesperrt. Bei einem Fallrohr war der Ablauf kaputt gewesen, sodass ein Teil der Halle unter Wasser gesetzt wurde, erzählt Will. Das Rohr sei wieder instandgesetzt worden und die Sperrung wurde wieder aufgehoben.

Weitere Prüfungen im September, unter anderem eine Brandschau der Feuerwehr sowie eine Prüfung der Statik, hätten, wie Will erfahren habe, nichts Relevantes ergeben. „Deshalb waren wir auch nicht beunruhigt. Das war wohl naiv.“

Stutzig gemacht habe ihn allerdings erst jetzt im Nachhinein, dass die Schulbau GmbH ihm, als die Prüfungen Anfang September noch liefen, bereits mitgeteilt habe, dass sie den Auftrag erhalten hätten, die Halle zu sanieren. „Da hatte man noch gar nichts gefunden“, wundert sich Will.

Der Schulleiter versteht nicht, warum die Verwaltung nicht mit einem Vorlauf von einem halben Jahr die Sanierung der Sporthalle plant und mit den Firmen abstimmt. Dann hätte die Gesamtschule genug Zeit, für ihre Planungen: „Dass die Halle sofort geschlossen werden muss, kann mir keiner erzählen“, meint Will.

Mit der Elternpflegschaft zusammen will die Schulleitung mit der Lokalpolitik, Dezernent Stephan Dekker und dem neuen Bürgermeister sprechen. „Es muss doch eine Lösung geben, die hat es doch sonst auch immer gegeben“, sagt Will.