Nach dem Baustart vor drei Wochen wächst der Unmut über die Folgen bei den Händlern
LaurentiusstraßeGladbacher Geschäftsleute klagen über Einbußen

Maruja Garcia y Prieto fühlt sich abgeschnitten. Kundenkommen nicht mehr in ihre Boutique
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Auf die rotweißen Absperrungen vor ihrem Schaufenster will Maruja Garcia y Prieto gar nicht gucken. „Ich habe welche beiseite geschoben, da habe ich direkt einen Rüffel bekommen von den Bauarbeitern.“ Aus Sicherheitsgründen müsse der Gehweg an ihrer Boutique „Dario Donna & Uomo“ an der Laurentiusstraße in Bergisch Gladbach abgesperrt bleiben, niemand dürfe über die Absperrungen klettern.

Kai Forschbach und Sven Krüger vom Wirtshaus Am Bock
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Nur vom Konrad-Adenauer-Platz, also von gegenüber, gibt es einen schmalen Durchlass für Passanten, der zunächst auf die andere Straßenseite führt und dann zur Boutique. Vorbei an einem Warnschild, dass hier ja für Fußgänger gesperrt sei. Sie fühle sich seit Baustart an der Laurentiusstraße vor drei Wochen eingesperrt, klagt die Geschäftsfrau. Ihr Umsatz sei zusammengebrochen. „Die Kunden kommen nicht mehr.“ Bagger fressen sich in diesen Tagen durch den Asphalt. Es rumpelt und scheppert, mit Warnton setzen Lkw zurück in die Baustelle. Schaulustige bleiben auf dem Konrad-Adenauer-Platz und beobachten das Spektakel. Die Laurentiusstraße, die grundlegend saniert und mehr Platz für Fußgänger und Radfahrende erhalten wird, ähnelt einer Mondlandschaft.

Die Umbauarbeiten auf der Laurentiusstraße laufen
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Vom Historischen Rathaus hat man jedenfalls auch einen wunderbaren Blick auf die Baustelle. So was haben die Rathaus-Mitarbeitenden sicher noch nicht gesehen, wahrscheinlich auch nicht seit dem Rathausbau im Jahr 1906. Im Umfeld sind einige Geschäftsleute bereits mächtig angefressen, ähnlich wie es beim Umbau der Schloßstraße in Bensberg gewesen ist. Es geht um den Kundenzustrom, um Umleitungen und Umwege und überhaupt die Situation.
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Im Wirtshaus Am Bock sitzen die Gäste auch nah am Spektakel. Aber wer will seinen Kartoffel-Erbsenstampf oder den Schweinebraten mit Spätzle schon beim Geschepper der Laster essen? „Wir spüren es merklich“, berichtet Wirtshaus-Geschäftsführer Kai Forschbach. Vor dem Haupteingang des „Bocks“ steht ziemlich breit ein einzelner rotweißer Poller, hier geht es nicht hinein.
Durch den Nebeneingang
Wer es über die Straßenseite durch die Absperrung geschafft hat, gelangt durch den Biergarten-Nebeneingang ins Wirtshaus. Auch Küchenleiter Sven Krüger ist nicht gerade erfreut. Er blickt mit Sorge auf die Bier-Tankwagen, die einmal pro Woche den „Bock“ ansteuern. Nach Absprache kämen sie durch die Baustelle, die Anlieferung sei enorm wichtig. Mit den Arbeitern des Bauunternehmens komme er auch gut zurecht, sie machten ihr Möglichstes, um zu helfen.
Nur eben die Poller an der Gehwegseite schreckten die Kunden ab. „Wir haben viele Anrufe. Es wird dann gefragt, ob wir überhaupt noch auf haben.“ Ja, das sei so, antworte er. Aber es sei wirklich umständlich. Eine Mitarbeiterin meint, dass der Umsatz seit Baustart um 10 bis 15 Prozent zurückgegangen sei. Forschbach erzählt von Hochzeitsgesellschaften, die das Wirtshaus lange voraus gebucht hätten. „Die Anrufer glauben, dass unser Haus geschlossen ist.“
Institution in der Stadtmitte
Nebenan liegt die Boutique von Maruja Garcia y Prieto, eine Mode-Institution für viele in Bergisch Gladbach. „40 Jahre bin ich hier“, sagt die Geschäftsfrau stolz und berichtet vom großen Umbau des Hauses an der Laurentiusstraße, von den neuesten Trends der Modebranche und ihrem stilvollen Sortiment. Aber nun wisse sie nicht weiter. „Seit drei Wochen ist die Baustelle hier. Und wissen Sie, wie viele Kunden in dieser Zeit bei mir waren?“ Die Boutique-Inhaberin macht mit den Fingern das Zeichen für eine Null.
Sie halte derzeit nur noch durch, weil sie mit ihrem Privatvermögen gegensteuern könne. „Aber das geht nicht lange so weiter.“ Das Weihnachtsgeschäft? „Es beginnt ja schon im November“, sagt Maruja Garcia y Prieto. Dann werde die Baustelle aber noch vor ihrer Tür sein. Sie sei eine starke Frau, gebürtig aus der Region zwischen Barcelona und Valencia, der Küste der Orangenblüte. Auch in ihrer Kundschaft glaubten viele, ihre Türe sei geschlossen. Sie hoffe jetzt, dass die Baustelle schell vorrücke und zum Beginn des Weihnachtsmarktes Mitte an ihrer Boutique vorbeigewandert sei.
Tempo der Bauarbeiter
Tatsächlich wirkt es so, als drückten die Bauarbeiter auf Tempo. Der alte Gehweg ist schon weggebaggert und liegt bereits für die Kipper zum Abholen. Unentwegt rollen Kleinbagger die Straße rauf und runter, am Dienstag verlegten Arbeiter erste Randsteine für den Bürgersteig. Die Hauptfahrbahn muss allerdings noch aufgebrochen werden, das verspricht jede Menge Arbeit und wohl auch Lärm.
Weiter die Straße aufwärts hat eine Pizzeria geschlossen. Das Café Almondie ist hingegen geöffnet im ehemaligen „Haus Liederkranz“, einige Meter entfernt von der Boutique. Im Shisha-Shop schräg gegenüber wartet ein Mitarbeiter ebenfalls auf Kundschaft. Aber es kommt keine. „Der Umsatz ist zurückgegangen, sicher“, sagt er. Er hoffe, dass die Baustellenzeit schnell vorbeigehen werde. Ein nachvollziehbarer Wunsch. Aber auf ein Jahr hat die Stadt den Umbau angesetzt, in vier Abschnitten. Die Baustelle rückt von unten allmählich die Straße hinauf. Dann wird es vor den Wohnungen der Oberlieger scheppern.
Mit der Stadt stehe man in engem Austausch, sagen die Chefs vom „Bock“, und vielleicht gehe es auch nicht anders. Verständnis, das gebe es sicher, und erreichbar sei man ja auch. Nur könne die Situation nicht über Wochen so bleiben wie sie ist. Auch bei ihnen komme das Weihnachtsgeschäft.
Zu Anfang September 2026 soll alles abgeschlossen sein, Phase eins des Projekts. Nach den Bauarbeiten soll es weiter möglich sein, die Straße mit geringem Aufwand zur Fahrradstraße umzuwandeln, ein interfraktioneller Arbeitskreis kommt dann ins Spiel. Aber daran denken Maruja Garcia y Prieto und Kai Forschbach jetzt nicht. Sie haben in diesen Tagen andere Sorgen.