Gedimmtes Licht, keine Musik„Stille Stunde“ in Gladbacher Supermärkten

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„Stille Stunde“: Keine Musik, keine lauten Durchsagen stören dann den Einkauf.

„Stille Stunde“: Keine Musik, keine lauten Durchsagen stören dann den Einkauf.

Bergisch Gladbach – Keine Musik, keine lauten Durchsagen, keine grellen Lichter, keine versperrten Gänge. In aller Ruhe im Supermarkt einkaufen, ohne ständige Reizüberflutung. Das nennt sich Einkauf „Stille Stunde“. Bergisch Gladbach ist eine der ersten Städte Deutschlands, die dieses Konzept anbieten. „Wir sind froh und dankbar, dass wir zwei Marktinhaber in der Stadt für dieses Projekt gewinnen konnten“, erklärt Monika Hiller, Inklusionsbeauftragte der Stadt. „Wir hoffen, dass sich weitere Kooperationspartner dem Projekt anschließen.“

Im Edeka-Markt von Markus Hetzenegger im Stadtteil Sand und im Rewe-Markt von Ursula Wintgens in der Schlossgalerie in Bensberg startet das Angebot „Stille Stunde“ am Dienstag, 1. März. Jeden Dienstag von 16 bis 18 Uhr soll fortan der Einkauf mit wenig Lärm und gedimmtem Licht stattfinden.

Reizreduzierte Zeit beim Einkaufen für Kunden und Kundinnen

Nicht nur für Menschen mit Autismus, auch für andere Personen, die Probleme haben, bestimmte Reize zu verarbeiten, können alltägliche Situationen zur Herausforderung werden, erläutert Monika Hiller. Deshalb solle mit der „Stillen Stunde“ für diese Kundinnen und Kunden eine reizreduzierte Zeit zum Einkauf ermöglicht werden, bei der Augen und Ohren geschont und die Ablenkung im Geschäft minimiert werden soll. Die Mitarbeiter helfen den Kunden, wenn gewünscht. Mit Waren blockierte Gänge und das Einräumen von Regalen soll es während der zwei Stunden nicht geben. Auch Assistenzhunde sind in dieser Zeit, dort, wo es möglich ist, in den Geschäften willkommen.

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In anderen Ländern

Vorläufer weltweit

In Ländern wie England, Irland oder Neuseeland wird die „Stille Stunde“ in Supermärkten schon einige Zeit angeboten. In der Schweiz ist die Aktion Ende vergangenen Jahres aufgegriffen worden. Dort macht sich der Verein Autismus Deutsche Schweiz für die Idee stark. Seinen Angaben zufolge beteiligt sich die Supermarktkette SPAR an dem Modellprojekt.

In zwölf Filialen werde zweimal in der Woche der Einkauf zur „Stillen Stunde“ angeboten. Verkäufer tragen in dieser Zeit im Supermarkt eine gelbe Warnweste mit dem Aufdruck „Stille Stunde“. Um die optischen und akustischen Reize soweit wie möglich herunterzufahren, werde sogar der Beep-Ton beim Scannen an der Kasse leiser gestellt. (dr)

„Wir verstehen unsere Teilnahme als Signal an die Gesellschaft: Jede und jeder kann mit geringem Aufwand etwas tun, damit sich andere wohler fühlen“, sagt Ursula Wintgens. Dieses Angebot umzusetzen, sei für die Geschäftsinhaber wirklich einfach, erklärt Markus Hetzenegger. „Wir wollen für alle Kundinnen und Kunden ein optimales Kauferlebnis bieten.“

Supermarkt auch in „stiller Stunde“ für alle geöffnet

Während der „Stillen Stunde“ können auch alle anderen Kunden wie bisher in den beiden Supermärkten einkaufen. „Sicherlich werden am Anfang Fragen gestellt werden, warum es in den Läden leiser und dunkler ist als sonst“, sagt Ursula Wintgens. Beide Marktinhaber wollen gerne über das Projekt informieren. Hetzenegger: „Für Anregungen und Ideen der Kundschaft sind wir offen.“ Ebenso können sich weitere Inhaber von Lebensmittelmärkten bei der Stadt Bergisch Gladbach informieren.

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Die Idee des ruhigen Einkaufs für Menschen, die auf Reize empfindlich reagieren, stammt aus Neuseeland. Die Angestellte einer Supermarktkette, Mutter eines autistischen Kindes, habe es angeregt, so die Verwaltung.

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