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AmtsgerichtAngeklagte aus Gladbach und Lohmar wegen rassistischer Beleidigung verurteilt

Lesezeit 3 Minuten
Eine Fahne mit der Aufschrift "Kein Veedel für Rassismus" hängt an einem Balkon am Rathenauplatz.

Flagge bekennen: Die in Köln gegründete Initiative „Kein Veedel für Rassismus“ will einem Klima von Hass und Gewalt entgegenwirken.

Ihre nächtliche Aktion, eine Flagge gegen Rassismus ins Gegenteil zu verkehren, kommt zwei Mittfünfziger aus Bergisch Gladbach und Lohmar teuer zu stehen.

In einem Prozess um eine in ihrer Aussage ins Gegenteil verkehrte Flagge gegen Rassismus hat das Bensberger Amtsgericht eine 56-jährige Bergisch Gladbacherin und ihren 54-jährigen Lebensgefährten aus Lohmar zu empfindlichen Geldstrafen wegen Beleidigung und Sachbeschädigung verurteilt.

Das Gericht hielt es für erwiesen, dass die beiden Angeklagten in der Nacht zum 29. März 2021 zu einem Nachbarhaus der Gladbacherin zogen. Dort hängten sie laut Urteil die Fahne „Kein Veedel für Rassismus“ ab, nahmen sie mit nach Hause, schnitten das „K“ von „Kein“ heraus und schrieben die rassistische Parole „N… raus“ darauf. Anschließend, so das Gericht weiter, hätten sie die Flagge zurückgebracht und wieder aufgehängt.

Bergisch Gladbach: Verteidiger zweifelt an Hauptbelastungszeugin

Amtsrichter Dr. Philipp Stöckle verurteilte die freiberufliche Trainerin Eva K. und ihren von Hartz 4 lebenden Lebensgefährten Norbert W. (Namen geändert) zu jeweils 90 Tagessätzen à 10 Euro. Das entspricht drei Monatsgehältern.

Die beiden Angeklagten hatten die Anklagevorwürfe im Prozess bestritten. Der Verteidiger von Eva K., der als rechtsextremer Politiker bekannt gewordene Jurist Markus Beisicht aus Leverkusen, äußerte in seinem Plädoyer Zweifel an der Aussage der Hauptbelastungszeugin. Diese sei eine Nachbarin seiner Mandantin, die beiden seien seit Jahren zerstritten. Angesichts solcher Zweifel müsse es in einem Rechtsstaat einen Freispruch geben.

Die Zeugin, Bewohnerin einer Erdgeschosswohnung in dem Haus, in dem auch die Angeklagte in einem oberen Stockwerk lebt, hatte ausgesagt, sie sei nachts durch ihren Hund wach geworden und habe dann durch den Türspion beobachtet, wie die beiden Angeklagten nur leicht bekleidet mitten in der Nacht das Haus verließen.

Gladbacher Richter: Kein harmloser Streich

Sie seien dann mit einem zusammengefalteten weißen Stoff zurückgekommen und später dann erneut loszogen. Es seien die Worte „Das wird ein Spaß“ und „Hol mal dein Handy“ gefallen. Am nächsten Morgen habe sie dann die verunstaltete Fahne am Haus der Nachbarn entdeckt und diese darauf angesprochen.

Richter Stöckle folgte in seinem Urteil dem Plädoyer der Staatsanwältin. Ausführlich legte er dar, dass die Zeugin klar und widerspruchsfrei ausgesagt und offenbar authentisches Erleben wiedergegeben habe; es gebe keinen Grund, ihr nicht zu glauben. „Dass Sie in Streit mit ihr waren, heißt nicht, dass wir ihr nicht glauben können“, beschied er Eva K. Die Aktion sei auch kein harmloser Streich gewesen, die rassistischen Inhalte seien nach dem Gesetz strafverschärfend.

Angeklagt worden war die Tat zunächst als Verleumdung. Die Verurteilung erfolgte nach einem Hinweis des Gerichts zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aber wegen Beleidigung und Sachbeschädigung. Die Tatsache, dass der Familie, der die antirassistische Flagge gehörte, eine rassistische Haltung untergeschoben wurde, gilt danach als Beleidigung.