KulturpflegeBergisch Gladbacher Verein bewahrt schlesische Musik – Archiv lagert in Wohnhaus

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Bernward Speer, Ulrich Gorki, Lindgera Speer-Gorki (v.l.) stehen im Archiv des Schlesischen Musikvereins.

Bernward Speer, Ulrich Gorki, Lindgera Speer-Gorki (v.l.) stehen im Archiv des Schlesischen Musikvereins.

Ihr Vater hat damit angefangen und seine Kinder treten in seine Fußstapfen: Geschwister aus Bergisch Gladbach bewahren schlesische Kultur.

Der Arbeitskreis Schlesische Musik aus Bergisch Gladbach möchte Kulturgut bewahren. „Dadurch, dass die Menschen aus den östlichen Gebieten vertrieben wurden, sind nicht nur Leute und Land verloren gegangen, sondern auch Kulturgut“, erzählt Ulrich Gorki.

Er, seine Frau Liudgera Speer-Gorki und sein Schwager Beonward Speer stehen im Archiv des Instituts für deutsche Musik im Osten, zu dem auch der Arbeitskreis Schlesische Musik gehört. Es befindet sich in der Einliegerwohnung im Haus des Ehepaars und dort werden historische Noten und Nachlässe von Musikern aus dem Osten aufbewahrt.

Alte Notenblätter liegen auf einem Tisch.

Der Arbeitskreis Schlesische Musik bewahrt alte Noten auf. Diese sind 200 Jahre alt.

Der Vater der Speer-Geschwister hat den Verein 1955 gegründet und aufgebaut. Er wurde aus Schlesien vertrieben und wollte das Kulturgut seiner Heimat erhalten. Das treibt auch seine Kinder an: „Ich möchte das Kulturgut, das seit 700 Jahren existiert, erhalten. Es wäre unverantwortlich, das in Vergessenheit geraten zu lassen“, sagt die Vorsitzende Liudgera Speer-Gorki.

Sie erinnert sich an eine Reise, in der die Familie alte schlesische Orte besucht hat. Dafür habe sie auch alte Karten gebraucht, weil die Orte heute anders heißen. „Das war, als trage man eine Schicht ab, um an etwas Verborgenes zu kommen“, schildert sie. Dafür, dass diese verborgene Schicht nicht vergessen wird, setzt sie sich ein.

Durch die Prägung des Vereins hat Bergisch Gladbacher Musikwissenschaften studiert

Die Tagungen, die der Verein organisiert hat, hätten die Geschwister sehr geprägt: „Ich bin dort musikalisch groß geworden“, erinnert sich Speer. Die Mischung aus musikalischer Praxis und Hintergrundinformationen habe ihn fasziniert. Auf den Veranstaltungen haben Referenten mit den Teilnehmenden Stücken eingeübt, die sie anschließend intern, aber auch vor einem öffentlichen Publikum aufführten.

„Das hat mich veranlasst, Musikwissenschaften zu studieren“, schildert er. Ulrich Gorki habe zwar einen schlesischen Großvater gehabt, der habe die Familie aber nicht geprägt. Deswegen sei seine Motivation, sich für den Erhalt der schlesischen Kultur nicht primär familiär geprägt. Ihm sei es wichtig, gute Musik zu erhalten und die Musikpflege fasziniere ihn: „Sachliche Arbeit führt Menschen wieder zusammen“, findet er.

Auf einem Tisch liegen blaue Notenhefte, CDs und Bücher.

Der Verein arbeitet wissenschaftlich alte Musikstücke auf, bringt CDs und Werke über schlesische Musikgeschichte heraus.

Damit bezieht er sich auf das internationale Netzwerk des Vereins. An den Tagungen nehmen neben Deutschen vor allem viele polnische Menschen teil. Doch da der Verein kaum noch staatliche Förderung bekommt, sei es schwierig, die Tagungen zu finanzieren.

Das Konzept ist so gedacht, dass professionelle Musiker mit Laien Stücke von schlesischen Komponisten einüben und nach einer Woche aufführen. Dabei komme der Verein schnell auf zehn Referenten, da er Profis unter anderem für Orchestermusik, Kammermusik, Gesang und Chöre braucht. Die polnischen Teilnehmenden könnten sich die Kosten für die Tagung meist nicht leisten und ihre Anteile würden übernommen.

Bergisch Gladbach: Arbeitskreis Schlesische Musik braucht mehr Geld für Bildungsarbeit

So komme man schnell auf 10.000 bis  15.000 Euro. Die Deutschen würden ihre Teilnahme zwar selber zahlen, dennoch blieben mehrere Tausend Euro übrig, die irgendwie gedeckt werden müsste. Doch die staatliche Förderung für die gesamte schlesische Kultur liege pro Jahr nur bei 30 000 Euro.

„Die Förderstelle versteht nicht, dass wir nicht nur Kaffee trinken und dabei ein paar Lieder singen“, erklärt Speer-Gorki. Der Verein fühlt sich ausgebremst. „Klar ist das eine Niesche“, findet Gorki, „aber viele Stücke sind richtig gut komponierte Musik. Würden wir die nicht ehrenamtlich pflegen, wäre sich längst verloren gegangen.“

Die diesjährige Tagung musste ausfallen. Da der Verein aber trotzdem etwas auf die Beine stellen wollte, veranstaltet er am Freitag, 4. August ein Konzert mit romantischer Musik im Altenberger Dom. Um 19.30 Uhr geht es los. Der Eintritt ist frei, um Spende wird gebeten.

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