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IndustriebracheWelche Projekte auf dem Zanders-Areal in Bergisch Gladbach zuerst ins Rollen kommen

Lesezeit 5 Minuten
Oliver Brügge steht vor einer Leinwand ., wo ein Plan vom Zanders-Gelände abgebildet ist.

100 Tage im Amt: Oliver Brügge, Geschäftsführer der neuen Zanders-Entwicklungsgesellschaft, hatte seinen ersten öffentlichen Auftritt.

Oliver Brügge, Geschäftsführer der neu gegründeten Zanders-Entwicklungsgesellschaft, sagt zum ersten Mal, wie es konkret auf Zanders weitergeht.

Eine der ersten Erkenntnisse von Oliver Brügge, Geschäftsführer der neu gegründeten Zanders-Entwicklungsgesellschaft in Bergisch Gladbach, ist wohl, dass es viel mehr als 100 Tage brauchen wird, um die Industriebrache der ehemaligen Papierfabrik Zanders in ein modernes, lebendiges Quartier zu verwandeln, das Gewerbe, Wohnen und Freizeit verbindet.

„Die Lage ist top. Aber um Lösungen zu finden, müssen wir zum Teil noch dicke Bretter bohren“, lautet Brügges Fazit, bei seinem ersten öffentlichen Auftritt bei der Pressekonferenz in der alten Werkstatt, mittendrin gelegen in seinem Wirkungsgebiet. Tatsächlich sind es etwas mehr als 100 Tage, die Brügge im Amt ist.

Blick in eine Straße, an der rechts und links Industriehallen stehen.

Nur denkmalgeschützte Gebäude auf dem Zanders-Gelände bleiben erhalten, viele der 150 Hallen werden abgerissen.

„Von einer Schonfrist will ich da nicht sprechen“, sagt Bürgermeister Frank Stein angesichts der großen zu bewältigenden planerischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen. „Das waren sportliche Tage. Mir ist klar, dass die Erwartungen sehr groß sind“, sagt der 56-Jährige, bevor er über konkrete Planungsschritte und Projekte berichtet, die zeitnah umgesetzt werden sollen.

Ein Ziel wird dabei nicht erreicht: Auf dem Zanders-Areal wird es keine neue Grundschule geben. Der Plan, im Süden des von der Heidkamper Straße erreichbaren Zanders-Parkplatzes, die 21. Grundschule zu errichten, ist geplatzt – wegen Schadstoffen. Bereits 2024 musste, wie berichtet, das Projekt, die Grundschule am südwestlichen Rand des Zanders-Geländes zu platzieren, aufgegeben werden.

Grund waren explodierende Kosten wegen der Lage im Hochwasser- und Überschwemmungsgebiet. Unter dem Druck steigender Schülerzahlen in der Stadtmitte sucht die Verwaltung nun nach einem neuen Standort. „Wir sind dabei, eine Lösung außerhalb von Zanders zu finden“, sagt Stein.

Der Skyline tut es gut, einige höhere Landmarken zu setzen
Oliver Brügge, Geschäftsführer Zanders-Entwicklungsgesellschaft

Brügge rechnet mit mindestens drei Jahren, bis auf dem 36 Hektar großen Areal wirklich die ersten Menschen einziehen können. Insgesamt 3000 Bürgerinnen und Bürger sollen hier einmal leben. Einige hohe Häuser mit sieben oder acht Geschossen soll es geben. „Der Skyline tut es gut, einige höhere Landmarken zu setzen“, findet Brügge.

Um das zweite angestrebte Ziel zu erreichen, 3000 Arbeitsplätze zu schaffen, werden zurzeit ein Leitbild sowie ein Ansiedlungskonzept erstellt. Brügge kann sich Start-ups vorstellen, Unternehmen aus dem Bereich Digitalisierung und natürlich Gastronomie: „Vielleicht schaffen wir es ja auch, einige Handwerkerhöfe anzusiedeln.“ Sein Wunsch: „Zanders soll zu einem attraktiven Treffpunkt für alle in der Stadt werden.“

Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, sollen erhalten bleiben. „Das wird uns aber für eine Vielzahl der rund 150 Gebäude nicht gelingen“, weiß Brügge schon jetzt. „Es läuft auf einen Daumen hoch, Daumen runter-Plan hinaus“, sagt Udo Krause, neuer Prokurist der Zanders-GmbH und Leiter des bisherigen städtischen Projektteams.

Ein Stück Wiese ist zu sehen, davor verläuft ein Weg, an dem Bänke stehen.

Die bestehenden Freiflächen auf dem Zanders-Areal sollen aufgewertet werden. Hier ist der Büstengarten zu sehen.

Vieles solle gleichzeitig laufen. Dazu gehören die Planungen für drei Projekte: Umbau der alten Zentralwerkstatt zum soziokulturellen Zentrum bis spätestens Sommer 2026, Errichtung des Campus für berufliche Bildung sowie Einzug der Stadtbücherei in das ehemalige Kantinengebäude. „Indem wir als öffentliche Hand selber Projekte initiieren und umsetzen, gewinnen wir das Vertrauen von privaten Investoren“, lautet Brügges Strategie.

Sobald im Sommer die politischen Beschlüsse für den Umzug der Stadtbibliothek sowie für die beiden Berufskollegs vorlägen, sollen diese Projekte in Angriff genommen werden. Das zum „Campus für Bildung“ gehörende Wohnheim sei erst in einem späteren Verlauf als multifunktionales Gebäude mit Wohneinheiten vorgesehen, die sowohl von Studierenden, als auch von Alleinstehenden oder Senioren genutzt werden können. „Das Gebäude soll von einem privaten Investor errichtet werden.“

Grundstück muss zuerst baureif gemacht werden

Grundvoraussetzung für die bauliche Umsetzung sei die Erschließung des Geländes, um es baureif zu machen. „Sonst können die Grundstücke nicht vermarktet werden“, erläutert Brügge. Deshalb würde die technische Vorbereitung des Geländes mit absoluter Priorität vorangetrieben: Ver- und Entsorgungsleitungen für Wärme, Strom, Glasfaser, Trinkwasser sowie Abwasser müssen neu verlegt werden.

Dabei muss die Stadt Bergisch Gladbach in finanzielle Vorleistung gehen, kann sich die Investitionen erst später beim Verkauf der einzelnen Grundstücke zurückholen. Zwar liegen derzeit 25 Kilometer Leitungen im Boden, die für die Papierproduktion genutzt wurden. „Sie haben aber nur einen musealen Wert“, berichtet Krause. Unterstützung erhält die Zanders-Gesellschaft vom Planungsbüro AS+P aus Frankfurt, das einen Erschließungsplan erarbeitet und Vorschläge unterbreitet, wo genau, was hinkommen könnte.

Rund um die   zentrale Hauptachse, die sogenannte Main-Street, die bereits für Fußgänger und Radfahrer geöffnet ist, soll zuerst die notwendige Infrastruktur untergebracht werden. „Wenn es gut läuft, liegen dort in drei Jahren alle Leitungen, sodass in zwei Jahren erste Gespräche mit Investoren geführt werden können“, so Brügge.

Damit schon vorher Leben einzieht, soll es Zwischenlösungen geben. Für eine Atelier-Etage ist die temporäre Nutzung bereits genehmigt. Die Gleisharfe als Parkanlage soll nächstes Jahr im Frühjahr eröffnen, mit mobilen Angeboten für Gastronomie. Für eine Interimszeit von etwa fünf Jahren soll zudem der Kalandersaal, ehemaliger Sortier- und Lagersaal, für Gastronomie geöffnet werden.

Erste Gespräche mit Investoren liefen bereits. „Dieser Bereich wird später das Herz des neuen Viertels werden“, schwärmt Brügge.   Wichtig ist Bürgermeister Stein zum Schluss der Hinweis: „Das Zanders-Viertel wird ein komplett klimaneutraler Standort. Das ist etwas ganz Besonderes.“


Zanders in Zahlen

400.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche sollen geschaffen werden. Davon: 40 Prozent Wohnen, 30 Prozent Arbeiten, 12 Prozent soziale Infrastruktur, 18 Prozent Parken.

180.000 Quadratmeter sind für Verkehrs- und Freiflächen vorgesehen.

3000 Menschen sollen auf Zanders wohnen, 3000 arbeiten. (ub)