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Gute AuftragslageZanders stellt in Bergisch Gladbach gekündigte Leute wieder ein

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Wegen der guten Auftragslage sucht die Papierfabrik Zanders in Bergisch Gladbach neues Personal.

Wegen der guten Auftragslage sucht die Papierfabrik Zanders in Bergisch Gladbach neues Personal.

Bergisch Gladbach – Die Zanders Paper GmbH in Bergisch Gladbach sucht neues Personal. Gleichzeitig gehen jetzt mehr als 60 ehemalige langjährig Beschäftigte des Unternehmens endgültig in die Arbeitslosigkeit. Sie sind Ende 2018 gekündigt worden.

Glück hatten 57 gekündigte Zanders-Mitarbeiter. Sie haben mit Hilfe einer Transfergesellschaft im Laufe dieses Jahres einen neuen Job gefunden. Um am Arbeitsmarkt neu Fuß zu fassen, sind 128 gekündigte Zanders-Mitarbeiter, darunter 18 Frauen, im Dezember in die Gesellschaft eingetreten.

Gutes Vermittlungsergebnis

Die Unterstützung durch die Zanders-Transfergesellschaft endet nun für viele am 9. Juli. Für vier Teilnehmer endet sie Ende Juli. Mit Begeisterung über das Vermittlungsergebnis hält sich Projektleiter Christoph Meunier-Götz von der Bonner Wirtschafts-Akademie GmbH – sie führt die Transfergesellschaft – aber zurück.

„Es ist ein ordentliches Ergebnis angesichts der Lage am Arbeitsmarkt und Qualifikationen der Betroffenen“, sagt der Berater. Er weiß von Transfergesellschaften mit größeren Vermittlungserfolgen.

Gerüchte im Umlauf

Dennoch: In den vergangenen Tagen haben ihm und seinem Beraterteam gekündigte Mitarbeiter die Türen eingerannt. Grund: Sie haben von den Stellenausschreibungen bei Zanders erfahren. Gerüchte kochen hoch. „Jeder unserer Bewerber hat andere Informationen aufgeschnappt“, berichtet Meunier-Götz.

Allein das wirke auf alle Betroffenen gleich: Sie schöpfen neue Hoffnung. „Sie wollen partout zurück zu Zanders. Dafür stellen sie Bewerbungen auf andere Stellen hinten an“, erzählt der Projektleiter.

Ausschreibungen bestätigt

„Vier weitere ehemalige Mitarbeiter werden für die Produktion und den Sicherheitsdienst bei Zanders wieder eingestellt. Das ist gerade erst entschieden worden“, erklärt Alexander von Heldreich, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, am Freitag auf Nachfrage dieser Zeitung. Er bestätigt die laufenden Stellenausschreibungen des Unternehmens: In der Produktion seien es fünf Stellen, teilweise befristet.

Drei Stellen seien vergeben. Gesucht werde außerdem ein Mess- und Regeltechniker. Die Stelle sei unbefristet. Mit Bewerbern für einen Ausbildungsplatz würden zurzeit Gespräche geführt.

Stellen für Nachwuchs

Von Heldreich: „Mindestens drei Auszubildende werden eingestellt. Maschinen- und Anlagenführer, Mechatroniker und Papiertechnologen bildet der Betrieb aus.“ Für Tätigkeiten in der Verwaltung und Produktion würden fünf Werkstudenten gesucht.

Zum Widerspruch von Kündigung und Personalsuche erklärt von Heldreich: „Wir fühlen uns nicht wohl dabei. Ich kann die Kollegen verstehen, die auf uns schimpfen.“ Viele Betroffene sehen sich jeden Tag auf den Straßen der Stadt. „Die Neueinstellungen ergeben sich momentan durch die gute Auftragslage.

Spezialisten gesucht

Wir suchen Fachleute für Spezialaufgaben“, sagt von Heldreich. Das Unternehmen nahm dazu nicht Stellung. Die Befristungen sieht der Betriebsrat nicht kritisch. „Gute Leute werden in der Regel übernommen.“

Das sieht der Projektleiter der Transfergesellschaft anders. „Es ist die Rückkehr in eine unsichere Zukunft. Ein völlig kurzsichtiges Handeln“, sagt Meunier-Götz. Er sei vom Unternehmen über die Stellenausschreibungen bei Zanders und der Jobbörse der Bundesarbeitsagentur nicht informiert worden. „Das hat mich ehrlich überrascht. Also bin ich auf den Betriebsrat und die Personalabteilung zugegangen.“

Liste übergeben

Beiden habe er eine Liste mit rund 20 ehemaligen Mitarbeitern, darunter zwei Frauen, vorgelegt, die für die Stellen in Frage kommen. Nur vier von ihnen haben bisher wieder Arbeit bei Zanders (siehe Infokasten).

Der Betriebsrat lobt die Arbeit der Transfergesellschaft. „Der Austausch läuft professionell und unkompliziert – immer über kurze Wege. Das rechne ich dem Projektleiter und seinem Team hoch an“, sagt von Heldreich.

Weiter qualifiziert

Über kleine und große Erfolge der gekündigten Mitarbeiter freuen sich Projektleiter und Berater von der Bonner Wirtschaftsakademie. 52 Frauen und Männer haben sich seit Gründung der Transfergesellschaft im Dezember 2018 weiter qualifiziert.

Fast die Hälfte von ihnen besuchte EDV-Schulungen, andere Englisch-Kurse und neun Teilnehmer absolvierten spezielle Führerscheine. „Ein Teilnehmer ist noch dabei den Lkw-Führerschein zu machen. Wenn er den hat, wird er ganz schnell eine neue Stelle haben“, ist sich Meunier-Götz sicher.

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Mit 56 in eine neue Ausbildung – Diesen Weg geht eine ehemalige Zanders-Beschäftigte, die erfolgreich ein Praktikum in der Altenpflege gemacht hat. Meunier-Götz: „Die Frau brennt für diesen Beruf. Es ist ein tolles Gefühl, so etwas zu erleben.“

Transfergesellschaft endet im Juli

Mehr als 190 Beschäftigte hat die Zanders Paper GmbH in 2018 gekündigt. Etwa 300 Mitarbeiterhaben dort noch eine Stelle. Mit der Entlassungswelle im Dezember stellte der Insolvenzverwalter Geld für eine Transfergesellschaft bereit. Als die Bonner Wirtschaftsakademie mit dieser Gesellschaft aktiv wurde, stellte Zanders zehn gekündigte Leute wieder ein. Nach Angaben des Projektleiter sind im März vier, im Mai und im Juni jeweils ein Mitarbeiter wieder eingestellt worden. Neben den 16 Rückkehrern haben 42 Mitarbeiter zurzeit noch Bewerbungen laufen. 27 der gekündigten Beschäftigten stehen mit 60 Jahren und älter kurz vor der Rente. Die Transfergesellschaft wird sieben Monate finanziert, endet am 31. Juli und hat pro Mitarbeiter ein Budget von 300 Euro, so der Projektleiter. (dr)

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