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„Bergisches Kulturgut“Bergisch Gladbacher baut alte Fachwerkhäuser neu auf

Lesezeit 4 Minuten
Markus Hetzenegger steht mit vier weiteren Handwerkern zwischen den Holzbalken eines noch unfertigen Fachwerkhauses.

Fachwerkhaus-Liebhaber Markus Hetzenegger (2. v.r.) baut mit seinem Handwerker-Team Fachwerkhäuser ab und anschließend originalgetreu wieder auf.

Fachwerkhaus-Liebhaber Markus Hetzenegger verwirklicht in Bergisch Gladbach-Sand seine Vision von einer originalgetreuen Fachwerkhaussiedlung.

Woher seine Liebe zu Fachwerkhäusern kommt, kann er so richtig auch nicht erklären. Vielleicht aus seiner Kindheit berichtet Markus Hetzenegger (56). Dort sei er wie viele Gleichaltrige auch immer mal wieder auf einem Bauernhof an der Alten Dombach gewesen. „Und das Wohnhaus dort war ein Fachwerkhaus.“

Jedenfalls sei die Liebe zu den urigen Häusern schon früh da gewesen. Der Betreiber des Edeka-Marktes an der Herkenrather Straße in Bergisch Gladbach-Sand hat noch einen Porzellanteller, auf den er als Sieben- oder Achtjähriger ein Fachwerkhaus gemalt hat.

Bergisch Gladbach-Sand: Planung in Zusammenarbeit mit der TH Köln

Heute baut der er gleich neben dem Edeka sozusagen eine eigene Fachwerkhaussiedlung. Dafür baut Hetzenegger teils seit Jahrhunderten bestehende Häuser an anderer Stelle ab und möglichst originalgetreu und mit „alten“ Materialien wieder auf. Wie ein Freilichtmuseum sollen dort später einige Fachwerkhäuser stehen. Teilweise sollen darin einmal Menschen wohnen, teilweise sollen sie einen musealen Charakter haben.

Studentinnen und Studenten der TH Köln entwickeln derzeit, wie die Fachwerkhaussiedlung einmal aussehen könnte. Auch eine Änderung des Bebauungsplans ist dafür notwendig. Markus Hetzenegger schwebt vor, dass in den museal genutzten Gebäuden eine Schmiede, eine Schusterei oder eine kleine Schule eingerichtet wird – alles, wie vor Jahrzehnten. Im Mittelpunkt könnte ein altes Bauernhaus stehen. Hetzenegger hatte eines gefunden, in dem noch alles wie vor 100 Jahren sei. Ein Café könnte in das „Fachwerkhaus 33“ kommen, eine ehemalige Gaststätte in Romaney.

Das erste Haus, das er 2007 abgebaut und 2010 an der Ommerbornstraße wieder aufgebaut hatte, war ein Haus aus Hebborn, Baujahr 1697. Auf den familieneigenen Grundstücken an der Herkenrather Straße steht bereits ein Fachwerkhaus, das er dort wieder aufgebaut hat, und in dem nun Menschen wohnen.

Ein weiteres Haus befindet sich gerade im Wiederaufbau: Ein Fachwerkhaus von 1690, das in Herkenrath stand. Etwa ein bis eineinhalb Jahre Bauzeit veranschlagt Hetzenegger dafür. Die weiteren Häuser der neuen Siedlung sollen dann mit und mit Folgen. Insgesamt zehn Häuser und zwei Scheunen hat er bereits abgebaut.

Für den Abbau eines Fachwerkhauses braucht Hetzenegger, den dabei auch schon Freunde und Familie unterstützt haben, etwa eineinhalb bis zwei Wochen. „Der Rekord war aber ein Bauernhof in Voiswinkel“, berichtet er. Da habe man es geschafft, mit vier Leuten in 14 Tagen ein Wohnhaus, einen Kuhstall, eine lange Scheune und eine Remise zu zerlegen.

Fachwerkhaus-Liebhaber Markus Hetzenegger will bergisches Kulturgut erhalten

Der gelernte Gärtner und Kaufmann hat viel zu erzählen: Einmal sei er angerufen worden, weil er dringend nach Bechen kommen müsse. Ein Bagger war kurz davor, mit dem Abriss eines Fachwerkhauses zu beginnen: „Der Bagger wollte gerade anfangen. Ich hab den Baggerfahrer aber noch anhalten können und dann mit seinem Chef abgesprochen, dass ich das Haus abbreche, um es woanders wieder aufzubauen.“

Das habe auch geklappt, Bedingung war aber, dass das Haus, die ehemalige Gaststätte Hachenberg, innerhalb einer Woche weg sein musste. Und mit Bruder, Neffe, Nichte, Schwiegervater und einem Freund gelang das sogar.

„Eichenholz ist schon was Tolles“, sagt der Liebhaber der alten Häuser. Heutzutage entsprächen die eher kleinen bergischen Fachwerkhäuser wegen der niedrigen Decken und der kleinen Fenster eher nicht mehr dem Bedarf. Die Menschen bevorzugten eher hellere Wohnungen. Trotzdem versteht er nicht, wieso manche Menschen kein Interesse am Erhalt eines solchen „bergischen Kulturguts“ hätten.

Er versucht beim Wiederaufbau, möglichst alle alten Materialien wiederzuverwenden. Dafür nummeriert er beim Abbau alle Balken und fotografiert sie, um nachher alles wie vorher zusammensetzen zu können. „Trotzdem bleibt es ein Puzzlespiel.“ Und sind die Eichenbalken mal nicht gut genug erhalten, versucht er, sie mit Balken aus anderen alten Fachwerkhäusern zu ersetzen. Auch den Lehm verwendet er wieder.

Von Gut Schiff oder aus wegen des Braunkohletagebaus abgebaggerten Dörfern hat er sich einen Vorrat an Hohlziegeln besorgt. Nur die Originaltüren seien häufig nicht mehr zu verwenden. Überhaupt dokumentiert er seine Bautätigkeiten akribisch.

Beim Aufbau des aktuellen Gebäudes an der Herkenrather Straße, den er mit Handwerkern aus dem Ort bewerkstelligt, werden Luftwärmepumpen eingebaut. Außerdem neue Fenster, denn an Dinge wie Wärmeschutzverordnungen müsse er sich natürlich halten.


Postfiliale:

Am Donnerstag, 15. Dezember, um 9 Uhr wird die Postfiliale im Edeka-Markt an der Herkenrather Straße in Sand wieder eröffnet. Wegen eines schweren Einbruchs musste die Filiale mit Lotto-Totto, Tabak- und Schreibwaren sowie Zeitschriften schließen. (nip)

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