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„Das Loslassen fällt mir schwer“Stefan Krause über seine Zeit in Bergisch Gladbach

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Neun Jahre führte Stefan Krause die Geschäfte der Arbeitsagentur Bergisch Gladbach.

Bergisch GladbachWas macht Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten Spaß?

Organisation und Personalführung. Ich habe hier erlebt, wie sich die Agentur von einer eher belächelten Behörde zu einer kompetenten Einrichtung entwickelt hat, deren Meinung gefragt ist. Zugleich ist es die Arbeit in den Netzwerken, also mit den Kreisen Rhein-Berg, Oberberg und der Stadt Leverkusen sowie den jeweiligen Wirtschaftsförderungen, der Kreishandwerkerschaft und der Industrie- und Handelskammer Köln. Zwischen Arbeitsagentur, Jobcenter, Kreis und Kreishandwerkerschaft besteht in Rhein-Berg eine herausragend gute Zusammenarbeit.

Wie ist das so gut gelungen?

Wir haben unsere Eitelkeiten weggelassen und auf Alleingänge verzichtet.

Was zeichnet Ihre Personalführung aus?

Fähigkeiten weiterentwickeln, Fachkräfte beteiligen und eine Fehlerkultur ohne Schuld und Sühne. Jeder soll die Chance haben, zu wachsen.

Hatten Sie einen Traumberuf?

Das Jurastudium wollte ich unbedingt machen, auch gegen den Willen meines Vaters. Denn mein Traumberuf war Jugendrichter. Heute weiß ich, ich wäre dafür nicht hart genug gewesen, es wäre mir zu nah gegangen.

Nachfolge noch offen

Das Personalkarussell dreht sich an der Spitze der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach. Geschäftsführer Stefan Krause wechselt Ende Januar zur Arbeitsagentur nach Bonn. Der Jurist ist seit 1994 in verschiedenen Arbeitsagenturen tätig, davon fünf Jahre bis 2004 als Kundenbereichsleiter in Bonn. Seit 2009 ist der gebürtige Westfale Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur Bergisch Gladbach. Wer seinen Posten übernimmt, ist noch nicht entschieden. (dr)

Sie wechseln zur Arbeitsagentur nach Bonn. Kennen Sie die Stadt?

Ich kenne Bonn und den Charakter der Stadt von der beruflichen Seite, als ich bis 2004 dort gearbeitet habe. Nun werde ich in die Stadt und in den Rhein-Sieg-Kreis durch meine neue berufliche Funktion viel tiefer eintauchen – da macht die Position einen Unterschied.

Inwiefern unterscheiden sich die Bezirke Bergisch Gladbach und Bonn?

Die Bundesstadt Bonn – übrigens komplett umschlossen vom Rhein-Sieg-Kreis – hat sicherlich einen anderen Stand und ein größeres Gewicht aus ihrer Historie heraus als der Agenturbezirk Bergisch Gladbach. Doch nach neun Jahren kenne ich die Stärken und Schwächen von Rhein-Berg, Oberberg und Leverkusen. Ich gebe zu, es fällt mir schwer, Bergisch Gladbach loszulassen.

Sie arbeiten viel mit Zahlen und Daten des Arbeitsmarktes. Haben Sie noch Kontakt zu den arbeitslosen Menschen, die hinter diesen Zahlen stehen?

Ja, und ich suche den Kontakt auch. Ich hospitiere immer wieder mal bei Berufsberatern und Arbeitsvermittlern. Es ist nicht leicht, selbst ein Beratungsgespräch zu führen – da bin ich immer noch aufgeregt und nervös. Außerdem begleite ich Diskussionen an runden Tischen mit Arbeitslosen oder mit Auszubildenden, in denen ganz direkt und offen Meinungen geäußert werden.

Gibt es ein Arbeitslosen-Schicksal, das Sie besonders beeindruckt hat?

Einem Mann, der einige Jahre arbeitslos war, haben wir eine neue Anstellung in der Immobilienbranche vermittelt. Für uns war der Fall damit erledigt, alles gut. Darauf erklärte er aber: „Wie naiv seid ihr? Ich bin der erste im Unternehmen, der wieder raus ist, wenn was schief läuft.“ Da wurde mir das Stigma einer langjährigen Arbeitslosigkeit so richtig bewusst.

Was raten Sie jungen Menschen mit, die vor der Berufswahl stehen?

Keine Ausbildung zu haben ist das Merkmal, das in der Arbeitswelt am stärksten diskriminierend wirkt. Junge Menschen sollten sich vor allem nicht entmutigen lassen. Meine Devise ist: Umwege erhöhen die Ortskenntnis. Zudem sollten junge Frauen eine Familiengründung mit Kindern bitte niemals als Ausweg sehen, wenn sie am Arbeitsmarkt nicht klar kommen.

Wie sehen Sie die zukünftige Arbeitswelt?

Wir werden in vielen Bereichen nicht mehr nur einen Beruf ein Leben lang ausüben, sondern unsere Fertigkeiten ständig entwickeln. Und wir werden uns an das Tempo der Veränderung anpassen müssen. Ich weiß, das geht manchen Menschen alles zu schnell.