KlimaschutzkonzeptGladbacher Fraktionen mit gegenseitigen Schuldzuweisungen

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Das Foto zeigt die Abendsonne über dem Kaufhaus Rhein-Berg Galerie in Bergisch Gladbach

In Bergisch Gladbach gibt es heftige Kontroversen um das Klimaschutzkonzept der Stadt

Im Gladbacher Hauptausschuss unterstützte die Freie Wählergemeinschaft Grüne und SPD beim Klimaschutzkonzept

 Das Tischtuch ist zerschnitten. Nach der Debatte im Gladbacher Hauptausschuss zum Integrierten Klimaschutzkonzept der Stadt scheint bis auf weiteres eine politische Kooperation zwischen Grünen und SPD auf der einen, CDU und FDP auf der anderen Seite ausgeschlossen. Auch über die Kommunalwahl im September 2025 hinaus könnte dies Bedeutung erlangen. Dabei waren die beiden Seiten beim Konzept gar nicht weit auseinander, vieles in ihren Anträgen war deckungsgleich.

„Ihnen geht der Klimaschutz am A... vorbei.“ Mit diesem kernigen Spruch nach Götz von Berlichingen kommentierte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Klaus W. Waldschmidt, die drei gemeinsamen Gesprächsrunden mit Vertretern von CDU und FDP.

Beratung wichtig

Die CDU suche Vorwände gegen das Konzept, immer neue Hürden würden aufgestellt. „Sie ziehen das Konzept ins Lächerliche“, meinte der langjährige Fraktionsvorsitzende zur Forderung nach nachhaltiges Kochen in den Schulküchen. Beratung sei der wichtigste Baustein für die Bürgerschaft.

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Die CDU-Seite brachten Waldschmidts Äußerungen auf die Palme.„Ein Tiefpunkt der Debattenkultur“, meinte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Michael Metten erbost. „Ihre Ausführung macht die Türe zu.“ CDU und FDP seien kompromissbereit gewesen. Eine am Abend vor der Sitzung verbreitete Mitteilung von SPD und Grünen unterstelle CDU und FDP aber eine Blockadehaltung, über das Aus der Gespräche habe man in den Sozialen Medien erfahren.

Ihnen geht der KLimaschutz am A... vorbei
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus W. Waldschmidt zu den Verhandlungen mit CDU und FDP

„Warum haben wir uns dann drei Nachtschichten gegeben?“, fragte Metten. In einem Pressegespräch unmittelbar vor der Sitzung deutete der Politiker auch einen Affront mit einem Vertreter der anderen Seite bei einem dieser Abstimmungstreffen an, namentlich wollte er die Person nicht benennen.

Nach der Pressemitteilung habe eine weitere Beratung keinen Sinn gemacht. Die Klimaschutzversion von Grünen und SPD sei aus CDU-FDP-Sicht nicht förderfähig, viele Maßnahmen seien nicht quantifizierbar. Das Konzept müsse grundlegend verändert werden.

Keine Überraschung

Inhaltlich stimmten die Ausschussmitglieder wie erwartet ab: Das Konzept der Stadt in der Änderungsversion von Grünen, SPD und Freier Wählergemeinschaft erhielt im Hauptausschuss eine Mehrheit. Die drei Fraktionen folgten geschlossen ihrem eigenen Antrag, ebenso Bürgermeister Frank Stein (SPD). CDU, FDP und AfD waren dagegen, die Fraktion Bergische Mitte enthielt sich.

Ein CDU-FDP-Antrag fiel in der Sitzung durch, Grüne, SPD und Freie Wählergemeinschaft stimmten dagegen. In der entscheidenden Ratssitzung am Dienstagabend im Stadtrat (31. Oktober, 17 Uhr, Ratssaal Bensberg) wird es demnach aller Voraussicht nach eine Mehrheit für den Dreierantrag geben. Die Unterstützer bringen es mit Bürgermeister auf 29 Stimmen im Rat, bei 56 Ratsvertretern plus Bürgermeister reicht das.

„Wir müssen loslegen“, sagte Gladbachs oberste Grüne, die Fraktionsvorsitzende Theresia Meinhardt. Sie freue sich, dass die Freien Wähler ihrer politischen Verantwortung gerecht würden und sich dem Antrag von SPD und Grünen anschlössen. Die andere Seite wolle alles „neu aufdröseln“, den Klimaschutz verhindern. Wie beim Mobilitätskonzept solle das Projekt „Etwas für die Schublade“ sein.

SPD-Mann Waldschmidt betonte die Bedeutung der Bürgerberatung, aber dies werde von CDU und FDP leider nicht so gesehen. Mit Umerziehung habe dies nichts zu tun.

Forderung erfüllt

„Der Klimawandel schreitet voran, wir müssen handeln“, meinte der Fraktionsvorsitzende der FWG, Dr. Benno Nuding. Mit der Aufnahme von Klimaaspekten in die Bauleitplanung sei eine wesentliche Forderung der Freien Wähler aufgenommen.

Dr. Friedrich Bacmeister, Fraktionsvorsitzender der Grünen, sagte: „Die Null muss stehen. Und ich meine jetzt nicht den FC.“ Die Bürger erzeugten 40 Prozent der Treibhausgase, dementsprechend müsse im Beratungskonzept ein Schwerpunkt gesetzt werden. „Wir haben beide Hände ausgestreckt“, fasste Christian Buchen für die CDU-Fraktion zusammen. Der Entwurf von Grünen und SPD sei zu unspezifisch, Ergebnisse seien nicht genügend messbar, Termine und Ziele fehlten.

Fehlender Gesamtblick

„Am Ende haben wir uns gefragt: Wo stehen wir eigentlich?“, berichtete Dorothee Wasmuth (FDP) aus den Kompromissrunden. Der Gesamtblick fehle dem Klimaschutzkonzept. Nach der Debatte, so ergänzte Buchen, habe er bei zukünftigen Dingen keine Lust mehr, sich zusammenzusetzen. Ihm fehle das Controlling, begründete Günter Schöpf (AfD) die Ablehnung des Grünen-SPD-Antrags.

„Die Verwaltung hat geliefert“, sagte der Beigeordnete Ragnar Migenda (Grüne). Das Konzept sei ein Anfang, und anders als die CDU behaupte, seien die Maßnahmen auch förderfähig. Alle Vorgaben des Bundes seien beachtet worden. Jährlich müsse allerdings nachgesteuert werden. Viele der Aktivitäten liefen schon, meinte der Beigeordnete.

Ein jährliches Budget von 90000 Euro, wie von CDU und FDP beantragt, sei aber deutlich zu wenig. Mit 1,50 Euro pro Einwohner kalkuliere die Stadt, etwa 170 000 Euro im Jahr. Der Antrag von Grünen und SPD rechnet mit etwa 220 000 Euro jährlich.


Grüne und SPD haben folgende Ergänzungen vorgenommen: Städtische Gebäude: (neu) Oberste Priorität für den Schulbau Verwaltung: Bezug vorzugsweise (neu eingesetzt) nachhaltig produzierter Lebensmitteln für Catering, Veranstaltungen usw. Schulen: entfällt: Umstellung auf fleischarme und fleischlose Lebensmittelangebote an Schulen Städtische Mobilität: (neu) CO2-Fußabdruck für städtische Dienstfahrzeuge, Lebenszyklusberechnung, ÖPNV und private Räder für Dienstfahrten Mobilstationen: (neu) Die Mobilstationen sollen 24/7 (digital) zugänglich sein. Mobilitätskonzept: (neu) grundlegende Überarbeitung wegen Zanders, Aufnahme von E-Pedelecs. Start eines politischen Prozesses Radverkehr: (neu) Priorität für Radachse Flughafen- Rösrath-Bergisch Gladbach-Leverkusen Bauvorhaben: (neu) Bei der Aufstellung oder Änderung von Flächennutzungsplänen sowie Bebauungsplänen soll eine Prüfung der klimatischen Auswirkungen auf die Stadt und ihr Umland erfolgen. Energiekonzept (neu): Möglichkeiten der Geothermie sollen geprüft werden. Einführung eines fachübergreifende Klimaschutzbudgets (neu): Einplanung eines festen, jährlichen Budgets; flexibel eingesetzt für Sachkosten des Klimaschutzmanagements, für Öffentlichkeitsarbeit und Eigenmittel. Vernetzungsangebote für Bürger, Veranstaltungen und Aktionen. Schulungen für die Verantwortlichen der Schulgebäude, Aktionen mit Kindern und Jugendlichen, Erarbeitung und Umsetzung von Einsparmaßnahmen an Schulgebäuden, Meilensteine, jährlicher Klimaschutzbericht

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