„Ältere sind für die Gesellschaft nichts wert“Gladbachs Seniorenberatung im Gespräch

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Seniorin iPad

Eine Seniorin hält ein iPad-Tablet in den Händen (Symbolbild).

Bergisch Gladbach – Was der 87 Jahre alten Gladbacherin Margot Bäumerich auf dem Bahnhof in Leipzig widerfahren ist, könnte auch jedem anderen älteren Mitbürger passieren. Das meint Lisa Klemt, die Seniorenberaterin der Stadt Bergisch Gladbach. Margot Bäumerich hatte auf die Schnelle ihre Maske nicht gefunden und wurde von einem DB-Mitarbeiter aus dem Zug geworfen.

Lisa Klemt ist gut vernetzt, sie kennt die Hilfeangebote und gibt Ratschläge, an wen sich ältere Mitbürger in Krisensituationen wenden sollten. An der Zivilgesellschaft lässt sie kaum ein gutes Haar. „Ältere sind für die Gesellschaft nichts wert“, sagt sie ernüchtert. Das zeige ihr ihre Arbeit, der Fall der alten Dame sei ein Beispiel von vielen.

Fall von Gladbacherin: Bespielhaft für Situation Älterer

Die Anliegen der Senioren verursachten auch den Kommunen hohe Kosten, sagt Klemt. Und man bekomme nur wenig zurück. Ohne Smartphone und ohne Hinweis auf Zugverbindungen auf einem fremden Bahnhof zu stranden, sei beispielhaft für die gesellschaftliche Situation der älteren Mitmenschen. Sie würden zunehmend an den Rand gedrängt, insbesondere durch den Wandel der Digitalisierung. Und ohne Smartphone und Computer ginge ja fast nichts mehr. „Herzzerreißend ist es, wenn Senioren an der Kasse eines Supermarkte stehen.“ Das beobachte sie sehr oft. Ihnen werde keine Zeit mehr gegeben, alles müsse immer schneller gehen. „Ich bin ja nichts mehr wert. Das denken dann viele.“

Den Senioren fehle die Lobby in der Gesellschaft, sie würden zunehmend an den Rand gedrängt und ausgegrenzt. Das Gebaren der Banken und Sparkassen etwa, immer stärker auf Onlinebanking zu setzen, passe da ganz gut in Bild. Ohne Smartphone gehe da nichts mehr. Familie oder Freunde müssten unterstützen. Alltägliche Dinge würden den Menschen zunehmend entgleiten. Mit diesen Entwicklungen werde sie in ihrer Arbeit täglich konfrontiert. Vor Kritik nimmt sie auch die Kommunen nicht aus.

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Etwa bei der Pflegeberatung, die seit 2020 zentral beim Kreis liege. Die Pflegeberater in den Kommunen hätten aus praktischen Erwägungen Bedenken gehabt. Aber die Pflegeberatung sei keine Pflichtaufgabe für die Städte und Gemeinden. Zuletzt habe sich die Politik in der Kreisstadt über den Wunsch des Seniorenbeirats hinweggesetzt, die Fußgängerzone wieder fahrradfrei zu machen. „Die Einwände des Beirats werden nicht ernst genommen“, meint die Seniorenberaterin.

Wie die Vorsitzende des Gladbacher Beirats, Dr. Gabriele Rieband, kann sich auch Lisa Klemt ein aktives Stimmrecht der Senioren in den politischen Fachausschüssen vorstellen.

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