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ProzessWieso ein Bergisch Gladbacher zum Kurzzeitdealer wurde

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Ein Mann baut einen Joint.

Ein Mann baut einen Joint. (Archivbild)

In der Verhandlung sprach der Angeklagte auch über die schrecklichen Umstände, unter denen sein Vater viel zu früh gestorben ist.

Kurze Zeit war der Einzelhandelskaufmann Markus Georg (Name geändert) arbeitslos. Da lockte ihn eine neue Einnahmequelle: der Drogenhandel. Leider flog sein Geschäft auf. Im Februar des vergangenen Jahres klopften zwei Polizisten an seine Wohnungstür und präsentierten einen Durchsuchungsbeschluss. Die Polizisten berichteten im Zeugenstand des Amtsgerichts Bensberg, dass die Wohnung ungewöhnlich ordentlich wirkte und der Angeklagte äußerst kooperativ gewesen sei.

Das wiederum ist bei einem solchen Delikt äußerst ungewöhnlich. Meist ist der Handel mit Drogen eine Form der Beschaffungskriminalität, und die Dealer sind oft selbst abhängig. „Der Kundenstamm rekrutierte sich bei meinem Mandanten nur aus dem erweiterten Bekanntenkreis“, berichtete Mercedes Ramona Formes von der Kanzlei Klemmt aus Bensberg, die Verteidigerin des Angeklagten. Damit unterstrich sie, dass ihr Mandant nicht im typischen Milieu verkehrte und wenig bis gar kein Rauschgift konsumierte.

Bergisch Gladbacher lagerte erhebliche Mengen an Drogen

Die gefundenen Mengen waren erheblich. Die vorsitzende Richterin des Schöffengerichts, Britta Epbinder, verlas die Wirkstoffmengen: 52 Gramm THC als größten Posten und neben einer geringeren Menge Amphetaminen noch 10,8 Gramm Kokain. Zum Kokain erklärte der Angeklagte: Er habe das Rauschgift für einen nicht näher benannten Bekannten aufbewahrt, der ihm die Ware bereits fertig verpackt vorbeigebracht hätte.

Als kleines „Dankeschön“ durfte er sich auch mal eine kleine Menge zum Eigenkonsum abzweigen, was er jedoch selten gemacht hätte. Er selbst habe nicht mit dem Stoff gehandelt.

Vater des Angeklagten ist um Urlaub gestorben

Der Einzelhandelskaufmann berichtete von seinem Werdegang. Er sei gefühlt als Einzelkind aufgewachsen, denn seine älteren Halbschwestern seien in der Patchworkfamilie schon bald ausgezogen und hätten eigene Familien gegründet. Kurz vor seinem Schulabschluss seien seine Eltern das erste Mal alleine nach Ägypten in Urlaub gefahren. Dabei sei sein Vater beim Schnorcheln tödlich verunglückt. Bei diesen Worten brach er in Tränen aus, und für einen Moment stand die Welt im Gerichtssaal still.

Die Richterin ließ ihm die Zeit, die er brauchte, dann berichtete er weiter, dass er den Abschluss im November nachholen konnte. Anschließend habe er erfolgreich eine kaufmännische Ausbildung absolviert, fast durchgängig Arbeit gehabt. Seine Ehe hielt nur etwas über ein Jahr, doch seinen nun siebenjährigen Sohn sehe er regelmäßig und zahle zuverlässig Unterhalt.

„Wie kommt man bei Ihrem Werdegang darauf, mit Drogen zu handeln? “ wollte Richterin Epbinder wissen. „Ich hatte nur wenig Geld und habe mir ein schnelles Taschengeld versprochen“, so Georg.

Wichtig für den Strafantrag der Staatsanwaltschaft war, dass der Angeklagte nicht vorbestraft war und dass er bereits zu Beginn der Verhandlung auf die Rückgabe der eingezogenen Gegenstände inklusive Mobiltelefon verzichtete.

Zusätzlich wertete der Staatsanwalt das Geständnis und die Kooperation mit der Polizei als strafmildernd. Er forderte daher ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe, die wegen der guten Sozialprognose zur Bewährung ausgesetzt werden könne.

Nach kurzer Beratung verkündete Richterin Epbinder das Urteil: Das Gericht blieb bei einem Jahr und sechs Monaten im unteren Bereich des Strafrahmens. Die Strafe setzte das Gericht zur Bewährung aus.