DemonstrationKita- und OGS-Angestellte aus Rhein-Berg schlagen in Düsseldorf Alarm

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Hinter einem großen grünen Banner mit der Aufschrift "Geht nicht mehr" läuft das achtköpfige Team der Kita.

Das Team der Caritas-Kita Katterbach aus Bergisch Gladbach tritt bei der Ankunft in Düsseldorf kämpferisch auf.

Mehr als 250 Mitarbeitende aus Rhein-Berg fahren zur Kundgebung nach Düsseldorf, um gegen den Kollaps von Sozialangeboten zu protestieren. 

„Wir halten die Zukunft in unseren Händen“, sagt Laskarina Alexiadis, Leiterin der Offenen Ganztagsschule der KGS Rösrath, als sie am DRK-Katastrophenschutzzentrum an der Jakobstraße am Donnerstagmorgen ankommt. 250 Mitarbeitende der Sozialverbände aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis starten von hier zur Kundgebung nach Düsseldorf. Gemeinsam protestieren sie gegen den drohenden finanziellen Kollaps von Kitas, Offenen Ganztagsschulen und weiteren Sozialangeboten.

Bevor die Gruppen in die fünf Reisebusse einsteigen, halten sie ihre Transparente hoch mit Aufschriften wie: „Glückliche Kinder brauchen gesunde Erzieher“, „Bildung statt Aufsicht“ und „(K)ein Herz für Kinder“. Es steht viel auf dem Spiel: die Zahlungsfähigkeit vieler Träger und damit die Stabilität der sozialen Infrastruktur. Gefährdet ist damit auch der Arbeitsplatz eines jeden einzelnen. Alle Bereiche der sozialen Arbeit sind betroffen.

Personal und Geld für Fortbildungen wird gebraucht

Zum Treffpunkt an der Jakobstraße sind vor allem Teams aus Kitas und Offenen Ganztagsschulen von Awo, Caritas, Diakonie, Der Paritätische und DRK gekommen. Viele weitere Demonstranten aus dem Kreis reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. „NRW bleib sozial!“ ist das Motto der Kampagne.

Laskarina Alexiadis von der OGS Rösrath sagt: „Wir leisten jeden Tag gute Arbeit. Wir wollen die Qualität nicht abbauen, sondern aufbauen.“ Ohne die finanzielle Unterstützung des Landes funktioniere das nicht. Dringend gebraucht werde zusätzliches Personal und Geld für Fortbildungen.

Für Nicoleta Vuchetich, Erzieherin in der Awo-Kita Rheinhöhenweg in Bergisch Gladbach, ist es die erste Demo überhaupt, bei der sie mitmacht. Gut gerüstet hält sie eine rote Trillerpfeife in der Hand. „Wenn wir in Düsseldorf sind, werden wir richtig laut“, kündigt sie an. Das Land müsse endlich kapieren, wie wichtig Kitas seien, und dass die Kinder ein sicheres soziales Umfeld bräuchten. „Am Mittwoch war die Hälfte unseres Teams krank, aber alle Kinder waren da“, berichtet sie. Dies sei keine Seltenheit. Darunter leide die pädagogische Qualität.

Weitere Protestaktionen vor Ort sind geplant 

„Ich ziehe den Hut vor allen, die hier sind und um ihren Arbeitsplatz kämpfen“, sagt DRK-Kreisgeschäftsführer Reinhold Feistl, Vorsitzender der AG Freie Wohlfahrtspflege im Kreis, „Wenn wir jetzt nicht handeln, könnte es im kommenden Jahr schon zu spät sein.“ Die Träger bräuchten Geld. Es sei gar keine Frage, die Mitarbeitenden haben eine bessere Bezahlung mehr als verdient, stellt Feistl fest: „Aber woher sollen die sozialen Organisationen das Geld dafür nehmen?“.

Vor dem Gebäude des DRK haben sich die Demo-Teilnehmer aufgestellt und halten ihre Plakate und Banner hoch.

Beim Treffpunkt in Bergisch Gladbach halten die Kita- und OGS-Mitarbeitendenvor der Abfahrt ihre Plakate hoch.

Die Finanzierungen bei den Kitas sollen erst im August 2024 angepasst werden. Bis dahin müssen die Sozialverbände die Finanzierungslücke ausgleichen und geraten in eine finanzielle Schieflage. „Wir fühlen uns vom Land im Stich gelassen“, sagt Feistl. Reduzierungen von Öffnungszeiten, Schließung von Angeboten und Insolvenzen seien konkret zu befürchten. Feistl kündigt weitere Protestaktionen vor Ort an.

Das achtköpfige Team der Caritas-Kita Katterbach hat die bedruckten T-Shirts von der letzten Demo aus dem Jahr 2017 wieder ausgepackt: „Es hat sich ja seitdem an den Rahmenbedingungen nicht viel verändert“, beklagt Einrichtungsleiter Andreas Hack. Die Tarife seien zwar erhöht worden, aber es könne ja wohl nicht sein, dass das Land die Träger einfach im Regen stehen lasse. „So kann man die Fachkräfte der Zukunft nicht gewinnen“, betont Hack.

Quereinsteigerin Stefanie Hemp (38), Mutter von zwei Kindern, erzählt, wie schwer es dem Nachwuchs bei der Ausbildung gemacht werde: 37,5- Stunden-Woche plus zehn Schulstunden und alle drei Monate fünf Klausuren in der Schule. „Die Abbrecherquote ist sehr hoch“, sagt sie. 24 Azubis seien mit ihr gestartet: „Nur 15 sind dabeigeblieben.“


Brandbrief der Wohfahrtspflege

In einem Brandbrief hat sich ich die AG Freie Wohlfahrtspflege des Rheinisch-Bergischen Kreises bereits im September an die politischen Vertreter der Städte, Gemeinden und des Kreises sowie an die Landtagsabgeordneten gewandt. Es geht um die „angespannte finanzielle Lage in den Tageseinrichtungen für Kinder“. Um einen finanziellen Kollaps der Träger abzuwenden, fordern die Freien Träger der Wohlfahrtspflege ein Rettungspaket vom Land NRW. In der AG sind die rheinisch-bergischen Abteilungen von DRK, Caritas, Awo, Diakonie und Der Paritätische vertreten.

Die finanzielle Schieflage habe sich immer weiter zugespitzt. „Während die Ausgaben für Personal, Sachmittel und Energie erheblich gestiegen sind, wurden die Zuschüsse – die sogenannten Kindspauschalen – nur geringfügig erhöht“, so die Kritik. Zur finanziellen Misere trügen höhere Löhne bei, die vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels die pädagogischen Berufe attraktiver machen sollen, in der Folge aber durch höhere Tarifgehälter die Haushalte der Freien Wohlfahrtsträger erheblich belasteten und die Liquidität vieler Einrichtungen akut gefährde. Die AG Freie Wohlfahrtspflege fordert die politischen Vertreter auf, sich dafür einzusetzen, dass „eine verlässliche und qualitativ hochwertige Kindertagesbetreuung“ in den Kitas aufrechterhalten werden könne. (ub)

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