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Kommunalwahl 2025Wie es in der Bergisch Gladbacher Politik mit Marcel Kreutz weitergeht

3 min
Marcel Kreutz während einer Wahlkampfveranstaltung - die Wahl ist vorbei. Die Frage ist nun: Wie geht es in der Gladbacher Politik weiter.

Marcel Kreutz während einer Wahlkampfveranstaltung - die Wahl ist vorbei. Die Frage ist nun: Wie geht es in der Gladbacher Politik weiter. 

Nach der Wahl von Marcel Kreutz (SPD) zum Bürgermeister von Bergisch Gladbach werden die politischen Karten in der Stadt neu gemischt

Marcel Kreutz (SPD) hat die Wahl zum Bürgermeister in Bergisch Gladbach gewonnen. Er wird mit einem bunten Rat, ohne klare Mehrheiten, zusammenarbeiten. Was bedeuten die neuen politischen Konstellationen für Bergisch Gladbach?

Fangen wir zunächst mit dem Personal an. Was macht der Sieger einen Tag nach der Wahl?

Wir haben Marcel Kreutz beim Einkaufen im Supermarkt erreicht. Er stand an der Kasse und hat kurze Zeit später zurückrufen. Der frisch gewählte Bürgermeister hat fürs Mittagessen eingekauft - „offiziell habe ich ja noch Urlaub“. Am kommenden Wochenende werde er mit dem Zanders-Team nach München, auf die Expo Real, dem großen Treffen der Immobilienwirtschaft, reisen. Frank Stein, der Noch-Bürgermeister, hatte das eingestielt. Auch Bürgermeisterkandidat Alexander Felsch (CDU) hatte zugesagt, im Falle eines Wahlsieges auf die Expo mitzukommen. Sollte aber nicht sein. Wie es für ihn weitergeht, ist noch nicht klar. Ein Jahr Vollgas und nun ist der Motor einfach abgestellt worden. Das nennt man wohl ein Loch, in das Felsch fällt. Freud (Kreutz) und Leid (Felsch) liegen tatsächlich hautnah nebeneinander. Gerade mal getrennt von 320 Stimmen, die Kreutz mehr erhielt.

Ja, das Wahlergebnis war sehr knapp. Startet damit Kreutz als schwacher Bürgermeister?

Klares Nein. Kreutz hat ein sensationell gutes Ergebnis erzielt und Wähler weit über den normalen Einzugsbereich von Grün-Rot angesprochen. Trotz des knappen Wahlergebnisses geht Kreutz deshalb mit ziemlicher breiter Brust ins Rathaus. Wo ihn was erwartet? Zunächst einmal eine Verwaltung mit rund 1400 Mitarbeitern. Aufgeteilt in ganz unterschiedliche Arbeitsfelder. Priorisierung und delegieren ist angesagt. Niemand weiß im Augenblick, ob Kreutz das kann. Und dann wartet da der Rat auf ihn. SPD und Grüne haben keine Mehrheit - wollen aber auf jeden Fall zusammenbleiben und ihr Projekt der vergangenen fünf Jahre fortführen. Es gibt im Rat 72 Sitze, rot-grün verfügt über 27 - genauso so viele wie die CDU; mit der Bürgermeisterstimme sind es 28. Mit der FDP zusammen verfügt die CDU über 29 Stimmen. Christdemokraten und Liberale haben sich ebenfalls die Treue versprochen. Für eine Mehrheit braucht es 37 Stimmen. Egal wie man die kleinen Gruppen (FWG, FDP, Volt und BGL), AfD und die Linken auch hin und her schiebt, eines ist klar: Nur wenn es Kreutz gelingt, die beiden Blöcke CDU/FDP und SPD/Grüne zusammenzubringen, wird es stabile Mehrheiten geben.

Das ist doch totaler Quatsch mit einer Zusammenarbeit von CDU/FDP/SPD/Grüne!

Okay, wenn das Quatsch ist, dann wird es keine stabilen Mehrheiten im Gladbacher Rat geben. Kreutz weiß das und spricht davon, dass er mit allen Parteien reden will. Die CDU wird kein angenehmer Gesprächspartner sein.

Weil ihr Bürgermeisterkandidat so knapp verloren hat?

Auch. Die CDU ist mit 27 Sitzen die mit Abstand stärkste Kraft im Rat. Sie hat alle Direktmandate gewonnen. Verständlich deshalb, eine politische Führungsrolle zu fordern. Die CDU steht nun einem Bürgermeister Kreutz gegenüber, der sich dem rot-grünen Projekt verpflichtet sieht. Das passt nicht.

Der unterlegene CDU-Kandidat Felsch hatte vorsichtig angedeutet, dass eine Folge der Gespräche der Parteien nach der Wahl sein könnte, dass sich die Blöcke auflösen.

 CDU und SPD, aber auch CDU und Grüne hätten eine Mehrheit im Rat. Die FDP ist als Mehrheitsbeschaffer überflüssig. Rechnerisch passt das. Aber SPD und Grüne sind derzeit fest entschlossen, zusammenzubleiben. Und die CDU wird nicht auf ihren Führungsanspruch verzichten.

Oje. Das hört sich nach Blockade, Entscheidungsunfähigkeit und Grabenkämpfen an.

 Ja, das ist die Gefahr. Wobei alle demokratische Parteien in der Verantwortung stehen. Die Mehrheiten sind, wie sie sind - und das fünf Jahre lang. Der Rat kann sich ja nicht selbst auflösen und Neuwahlen ausrufen. Und es ist sattsam bekannt, wer davon profitiert, wenn die Politik sich in erster Linie mit sich selbst beschäftigt.

Das klingt sehr, sehr staatstragend.

Mag sein. Passt aber zu diesem Wahlergebnis und beschreibt die Situation des neuen Bürgermeisters Marcel Kreutz.