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Zeit zum SchmöckernBüchertipps aus den Buchhandlungen in Rhein-Berg

7 min
Ein Stapel neuer Bücher liegt auf einem Verkaufstisch in einer Buchhandlung.

Bücher gibt es viele. Aber welche empfehlen die Buchhändler und Buchhändlerinnen in Rhein-Berg?

In den Buchhandlungen stapelt sich der Lesestoff, die Auswahl fällt schwer. Buchhändler und Buchhändlerinnen verraten, was sie begeistert hat.

„Treppe aus Papier“ ist der Weihnachts-Lesetipp von Stefanie Wirth, Filialleiterin der Buchhandlung Siebenmorgen in Refrath: Was wäre, wenn Wände sprechen könnten? Genau das erfahren wir in diesem wundervollen Buch. Ein Mehrfamilienhaus in Deutschland – viele Menschen hat es schon kommen und gehen sehen und viel erlebt in den mehr als hundert Jahren seiner Existenz. Es erzählt uns manchmal traurig und verzweifelt, mal zärtlich und liebevoll die Geschichte der Bewohner von damals bis heute. Für das Haus sind alle immer lebendig – die Menschen und die Ereignisse. Ein Zeitzeuge der ganz besonderen Art und einzigartiges Buch, das mich noch immer begleitet.

Henrik Szántó: Treppe aus Papier, Blessing-Verlag, ISBN 978-3-89667-778-5, 23 Euro

„Schau der Welt direkt in die Augen“ empfiehlt Alexander Bücken, Inhaber der Buchhandlung Bücken in Overath, für den Gabentisch: Eva Grübls kluger und einfühlsamer Roman erzählt die unglaubliche, aber wahre Geschichte der Freundschaft zwischen der genialen Lehrerin Anne Sullivan und ihrer taubblinden Schülerin Helen Keller. Boston, 1886: Anne Sullivan ist 21 Jahre jung, als sie in den Süden der USA geht, um das taubblinde Mädchen Helen Keller zu unterrichten. Anne wird Helens Vertraute und Begleiterin. Sie wird ihr Schritt für Schritt ins Leben helfen und ihr ermöglichen, zu strahlen und später als Schriftstellerin der staunenden Welt ihr ganzes unglaubliches Potenzial zu zeigen. Als Kind ist die taubblinde Helen Keller verzweifelt – bis eine junge, unkonventionelle Lehrerin ihr ein Fenster zur Welt öffnet. Ich habe dieses Buch an einem Tag gelesen, die Tatsachengeschichte von Anne Sullivan und ihrer taubblinden Schülerin zieht einen in den Bann. Einfühlsam geschrieben, gut recherchiert. Eine unglaubliche Geschichte!

Eva Grübl: Schau der Welt direkt in die Augen, Piper-Verlag, ISBN 978-3-492-07338-7, 23 Euro.

„Für Polina“ ist die Leseempfehlung von Antje Matthiesen, Mitarbeiterin der Bücher-Scheune in Schildgen – und das auch für alle, die nicht Polina heißen: Hannes und Polina kennen sich von Geburt an. Gerade, als für den stillen, musikalisch hochbegabten Jungen aus Freundschaft Liebe wird, nimmt sein Leben eine tragische Wendung. Er zieht nach Hamburg zu seinem Vater, den er bis dahin kaum kennt, der ihn aber zu einer Klavierkarriere drängen will. Mit dem Abschied von Polina verliert Hannes auch seine Verbindung zur Musik. Als Jahre später nach einem Streit der Kontakt zu Polina endgültig abreißt, bleibt in Hannes eine große Leere zurück. Trotz aller Bemühungen kann er Polina nicht vergessen und sieht nur einen Weg, sie wiederzufinden: Seine Musik. Takis Würger hat mit „Für Polina“ einen warmherzigen Roman über Liebe, Abschied und Hoffnung geschrieben und lässt uns die Geschichte gedanklich immer mit einer schönen Klaviermelodie im Hintergrund genießen.

Takis Würger: Für Polina, Diogenes Verlag, ISBN 978-3-257-07335-5, 26 Euro.

„Eine wie Frankie“ möchte man eigentlich kennenlernen, meint Heike Marx, Inhaberin der Buchhandlung „Zeilenreich“ in Bensberg: Graham Norton, preisgekrönter irischer Autor, entführt uns in den 1960er Jahren aus der irischen Provinz über London in die pulsierende Metropole New York. Hier strandet Frankie unfreiwillig. Erst unsicher und verloren, findet sie mit ihrem Kochtalent schließlich einen Weg, sich zu behaupten. Und eigentlich könnte alles so schön sein. Eigentlich.... So begleiten wir Frankie und ihre große Liebe Joe, ihre Freundin Nor durch ein ganzes Leben. Und am Ende des Buches möchte man am liebsten ein Glas Wein mit ihr trinken und sich noch weitere Anekdoten aus ihrem Leben erzählen lassen. Die Geschichte ist eine Hommage an das Leben, an die Kunst und wie man seinen eigenen Weg finden kann. Unterhaltsam, berührend, fesselnd. Unbedingt lesen!

Graham Norton: Eine wie Frankie, Rowohlt Kindler Verlag, ISBN 978-3-463-00074-9, 25 Euro

Für Michaela Rusch, Inhaberin der Buchhandlung Till Eulenspiegel in Rösrath, ist „Was wir wissen können“ von Ian McEwan das beste Buch in diesem Herbst: Der Roman beginnt 2119 und spielt in Großbritannien. Die Welt hat sich verändert. Durch einen Nuklearkrieg, von KI gesteuert und diverse Naturkatastrophen besteht Europa nur noch aus kleinen Inseln. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Thomas Metcalfe ein Literaturwissenschaftler auf der Suche nach dem weltberühmten Sonett von Francis Blundy. Dieses Gedicht schenkte Blundy seiner Frau Vivien und gilt seitdem als verschollen. Metcalfe ist geradezu besessen von dem berühmten Paar und stößt bei der Suche nach dem Gedicht auf eine Vergangenheit, die Freiheit bedeutet, aber auch ein Geheimnis birgt. Der Roman behandelt die großen Themen der Menschheit. Durch den Blick aus der Zukunft auf unsere Zeit werden wir mit den drängenden Fragen unserer Gegenwart konfrontiert. Es geht um Verantwortung für die Natur, Umgang mit Technik, Kraft der Literatur, Liebe und Verrat und einen Mord. Ian McEwan holt uns aus der Komfortzone und weist und darauf hin, dass wir alles schon wissen, um die Welt zum Positiven zu verändern.

Ian McEwan: Was wir wissen können, Diogenes, ISBN 978-3-257073577, 28 Euro

„Die Bücherjägerin“ ist für Sandra Jenischek vom Altenberger Dom-Laden eine Entdeckung: Sarah, eine Antiquitätenhändlerin und Restauratorin, lebt seit dem Tod ihrer Tante zurückgezogen mit zwei Schildkröten in einer Kölner Villa und kann besser mit Büchern als mit Menschen umgehen. Sie weiß noch nicht, wie sie ihr Leben und die Geschäfte ohne ihre Tante bewältigen soll, als ein junger Antiquar sie um Hilfe bei der Suche nach einer alten Karte bittet. Der Weg führt nach Frankreich und England. Es handelt sich um einen spannenden, humorvollen Roman, der in einem schönen Schreibstil verfasst ist. Man taucht in Sarahs Familiengeschichte ein, erlebt eine spannende Suche und begleitet Sarah bei ihrem ganz persönlichen Wachsen.

Elisabeth Beer: Die Bücherjägerin, DuMont Verlag (2024), ISBN 978-3-7558-0506-9; 14 Euro.

„Späte Ernte“ ist derzeit das Lieblingsbuch von Hildegard Wolf, Inhaberin des Bücherwolf in Kürten: Ein einfühlsamer Roman, der in Südtirol spielt, und sich über den Zeitraum von 1943 bis in die Gegenwart erstreckt. Die Erzählung umfasst mehrere Generationen. Es geht um Lene, die in Kriegszeiten einen Apfelhof in der rauen Bergwelt bewirtschaftet, den ihre Enkelin Anna später übernimmt. Und da ist auch Lis, die ein Geheimnis mit sich trägt und bei Anna schließlich eine Zuflucht findet. Mein persönlicher Bezug zu Südtirol hat mich zum Buch „Späte Ernte“ geführt und die Thematik hat mich begeistert. Die Veränderungen im Leben, hervorgerufen durch Zwischenmenschlichkeit, Naturbezogenheit und die Besinnung auf das Wesentliche, das fand ich sehr spannend.

Nicole Wellemin: Späte Ernte, Piper Verlag, ISBN 978-3-492-07195-6, 22 Euro.

Eine Spurensuche begeistert Aneta Markgräfe, Buchhandlung Junimond in Rösrath: Ein historischer Roman über die Suche nach eigener Identität und Familienwurzeln. Die junge Krankenschwester Juni flieht vor ihrem gewalttätigen Ehemann in das Haus ihrer Großeltern und entdeckt dort ein ihr unbekanntes Foto ihrer Großmutter und eines deutschen Soldaten. Juni reist nach Deutschland und begibt sich auf Spurensuche. Die Wahrheit übertrifft alle ihre Vorstellungen. Plötzlich beginnt sie, das lebenslange Schweigen ihrer Großmutter zu verstehen. Auch das zerstörte Verhältnis zu ihrer Mutter bekommt eine andere Dimension. Ein spannender, sehr gut recherchierter Roman, der historisch unbequeme Themen offenlegt. Ein literarischer Genuss für jeden, der bereit ist, Juni zu begleiten.

Trude Teige: Als Großmutter im Regen tanzte, Fischer Verlag, ISBN 978-3-596-52374-0, 14 Euro.

Pia Patt, Inhaberin der Buchhandlung Funk in Bensberg, empfiehlt „Asa“, von Zoran Drvenkar: Asas Weg in die Freiheit ist ein harter Rachefeldzug. Sie stellt sich gegen eine Tradition, die das Leben einer Gemeinschaft seit hundert Jahren beherrscht und zum Tod unzähliger Unschuldiger geführt hat. Dabei hat Asa treue Verbündete, erfährt niederträchtigen Verrat, trifft auf mächtige Gegner und stellt sich schließlich ihrem größten Feind. Für mich der beste Thriller 2025. Hart, schonungslos und fesselnd.

Zoran Drvenkar: Asa, Suhrkamp, ISBN 978-3-518475119, 23 Euro.