„Katastrophale Finanzsituation“Odenthal kann Haushalt 2024 nicht ausgleichen

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Rathaus Odenthal steht vor Bäumen.

Um die Odenthaler Finanzen sieht es schlecht aus.

Kämmerer erwartet ein Defizit von 2,1 Millionen. Odenthaler müssen sich auf Haushaltssicherung, Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen einstellen.

Der Bürgermeister redete nicht lange drumherum: „Die Finanzsituation bei uns ist katastrophal“, sagte Robert Lennerts (parteilos) in der letzten Sitzung des Gemeinderates 2023.

Und dann kam der Satz, der schon länger dunkel am Horizont der Odenthaler Finanzen dräut und den die Kommunalpolitik scheut, wie der Teufel das Weihwasser: „Wir werden in die Haushaltssicherung gehen müssen, um ein genehmigungsfähiges Konzept erstellen zu können und auch die Steuern erhöhen müssen.“

Odenthal kann Haushalt nicht einmal fiktiv ausgleichen

Ein Haushaltssicherungskonzept, das eine Kommune aufstellen muss, wenn sie ihren Haushalt nicht einmal mehr fiktiv ausgleichen kann und die allgemeine Rücklage stark verringern muss, minimiert den finanziellen Spielraum einer Kommune.

Es macht sie von den Entscheidungen der Kommunalaufsicht abhängig, die für Odenthal beim Rheinisch-Bergischen Kreis liegt. Vor einer Haushaltssicherung stehen nach der September-Umfrage des Städte- und Gemeindebundes in NRW vier von zehn Kommunen. Neben Einsparungen bedeutet dies für Odenthal auch eine Erhöhung der Grundsteuer B.

Odenthaler Kämmerer erwartet bis Ende 2024 Minus von 2,1 Millionen Euro

Damit waren die Pflöcke für die nachfolgenden Ausführungen des Kämmerers Thorsten Stefer eingeschlagen, die Gesichter im Rat entsprechend betreten: Die Kasse ist leer, steigende Belastungen stehen sinkende Einnahmen gegenüber: „Odenthal ist in der Zwickmühle“, so Stefer. Dass es gleichzeitig auch nicht mehr möglich ist, die Kosten von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg aus dem Etat herauszurechnen, verschärft die Lage.

Ende 2024 erwartet der Kämmerer ein Minus von 2,1 Millionen Euro in der Kasse, 2025 - dank eines  Grundstücksverkaufs - „nur“ minus 1,5 Millionen. 2026 könnten es minus 3,5 Millionen sein und 2027 minus 1,9 Millionen. Das Eigenkapital schrumpft von 29,2 Millionen im Jahr 2022 auf 18,9 Millionen 2027.

Verursacher der finanziellen Probleme sitze nicht in der Gemeinde

Die Schwindsucht sei nicht hausgemacht, betonte Stefer. „In meiner Funktion als Kämmerer bin ich nur der Bote für die schlechten Nachrichten. Die Verursacher sitzen ganz woanders.“ Stefer nannte als wichtigste Ursachen: die schwindende Steuerkraft, die stark steigenden Umlagen an den Kreis, Sach- und tarifbedingte Personalkosten (trotz Stellenstreichungen), den Wegfall der Corona-Isolierung. Alles zusammen addiere sich auf mehr als sechs Millionen Euro, die in der Kasse fehlten.

Das werde die Gemeinde zu weiteren Sparmaßnahmen und auch zu Steuererhöhungen zwingen. „Wir haben in den letzten Wochen und Monaten unsere Hausaufgaben gemacht und eine sehr bittere Streichliste erstellt“, so der Bürgermeister. „Die geht an die Substanz.“

Besonders schmerzhaft sei, dass auf dringend benötigtes Personal in der Verwaltung verzichtet werden müsse, während Landschaftsverband und Rheinisch-Bergischer Kreis weiter einstellten – Personal, das von Odenthal über Umlagen mitbezahlt werden müsse. Das schränke die Arbeit vor Ort weiter ein. Dinge, die nicht zu den Pflichtaufgaben zählten, könnten künftig entweder gar nicht mehr oder nur verzögert erledigt werden.

Odenthaler müssen sich auf Steuererhöhung vorbereiten 

„Wenn wir die Ausgabenseite, und hiermit meine ich die Pflichtaufgaben, nicht beeinflussen können, Land und Bund uns weiter im Regen stehen lassen, dann müssen wir überlegen, wie wir unsere Einnahmen verbessern können“, sagte der Bürgermeister und warb bei der Politik noch einmal darum, für einen „moderaten Zuzug“ nach Odenthal zu sorgen und ein Gewerbegebiet zu schaffen. „Wir wollen und können kein Industriestandort werden. Aber eine innovative Entwicklung auch von kleineren Flächen lohnt sich“, meinte Lennerts.

Hier und jetzt werden sich die Bürger auf eine Steuererhöhung einstellen müssen. Der Kämmerer schlägt dem Rat die Erhöhung der Grundsteuer B von derzeit 680 auf 990 Punkte vor. 2027 könnte sie sich, ausgehend vom heutigen Niveau, um weitere 680 Punkte erhöhen, läge dann also bei 1360. Ab  2030 könnte die Grundsteuer 900 Punkte über dem Wert von heute liegen. Noch am Rande der Sitzung legte die SPD-Fraktion einen Antrag vor, der eben dies verhindern soll, da die Steuer Immobilienbesitzer wie auch Mieter (Nebenkosten) belaste.

Trotz der Krise sei es 2023 gelungen, wichtige Projekte umzusetzen oder anzustoßen, erklärte der Bürgermeister in seiner Haushaltsrede. Als Beispiele nannte er die Klima-Strategie, den energetischen Sanierungsfahrplan für kommunale Gebäude, das Energie- und das Mobilitätsmanagement, den Breitbandausbau (81 Prozent des Gemeindegebiets seien mit Glasfaser versorgt), den Brand- und Katastrophenschutz.

Dazu zählten ferner der Neubau der Grundschule Odenthal, die Erweiterung des Schulzentrums, die auf Hochtouren laufe, sowie die Flüchtlingsunterbringung.


Die dicken Brocken 2024

Die „Big Five“ der geplanten Einsparungen: Personalkosten ( Ersparnis 385 220 Euro) Instandhaltung Gebäude und Grundstücke (240 950 Euro) Sanierung Straßen (160 000 Euro) Unterhalt Straßen (62 000 Euro) Neuausschreibung Strom ( circa 49 000 Euro) Die größten Investitionen von insgesamt 15,7 Millionen Euro (gefördert : 5,3 Millionen Euro): Bauhof (2,3 Millionen Euro) Ausbau des Offenen Ganztags an den Grundschulen Blecher und Voiswinkel (4,1 Millionen und 1,75 Millionen Euro) Schulzentrum, bauliche Erweiterung (5,5 Millionen Euro)

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