OdenthalWenn Jimi Hendrix auf Beethoven trifft

Crossover der Sonderklasse bieten Eckart Runge (l.) und Jacques Ammon beim Auftaktkonzert.
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Odenthal – „Darf man da tanzen?“ fragt eine junge Dame von der munteren Gruppe, die am Schulzentrum aus den Bus krabbelt. „Nö, ist ja ein Kammerkonzert – Beethoven und Frank Zappa, alles zusammen “, kommt die Antwort. So der erste Eindruck vom Eröffnungskonzert „RollOver Beethoven/Revolution“ am Sonntagabend in der Aula. Spätestens mit dem Betreten der schönen Halle hat das Damengrüppchen endgültig verstanden, dass hier kein Rockpalast zu erwarten ist.
Unter den insgesamt 100 Gästen sieht man auch von weit angereiste Fans der beiden Protagonisten, die das besondere Konzert gestalten: Ein Cross-over zwischen Klassik und Rock mit dem international renommierten Cellisten Eckart Runge und dem nicht minder bekannten Pianisten Jacques Ammon – seit 25 Jahren als Duo unterwegs, immer auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen in Klassik, Jazz, Rock und Tango.
Beethoven zwischen Romantik und Jazz
Riesig gespannt ist auch Landrat Stefan Santelmann als Freund der Rockmusik auf das hochkarätige Konzert, das eingebunden ist in das internationale Beethovenfest zum 250. Geburtstag des großen Rheinländers aus Bonn. Dass das Duo mit Mendelssohn-Bartholdys lyrischem „Lied ohne Worte“ beginnt, hat seinen besonderen Sinn.
„Beethoven hat die Tür zur Romantik aufgestoßen – Mendelssohn hat dies als Verehrer seines Vorbildes aufgenommen“, erklärt Runge vor der Begrüßung. Und dann entführen die Musiker in Chick Coreas „Spain“, setzen die sehnsüchtige Melancholie seiner letzten Jazz-Komposition und Improvisation um – das Piano tremolierend, das Cello mit mitreißenden Grooves. Erste Bravorufe ertönen! Im unschuldigen Gewand spielen sie dann Beethovens „Adelaide“, mit der der Komponist als 25-Jähriger 1795 einen Hit gelandet hatte.
Auch „Eleanor Rigby“ und „Purple Haze“ im Repertoire
Spätestens jetzt erkennt man die von tiefem seelischen Verständnis durchdrungene Interpretation, insbesondere von Eckart Runge, der ein Cello vom Amati aus Cremona mit volumigem, samtig bis prägnantem Klang spielt. Das Instrument macht einfach alles in besonderer Klangqualität mit – auch Paul McCartneys und John Lennons „Eleanor Rigby“ in hinreißenden Improvisationen zu e-Moll Akkorden.
Und Jimi Hendrix’ „Purple Haze“ mit dem Zeitgeist von Woodstock reißt die Besucher fast von den Stühlen – köstlich die legendären Gitarrenriffs auf dem Cello, die hammerharten Klänge von den Klaviersaiten – alle technische Möglichkeiten kosten die beiden Grenzgänger zwischen den Musikwelten aus, hinreißend. Jubelschreie ertönen wie bei einen Rockkonzert!
Ein Finale als Befreiungsschlag
Doch Beethoven kommt keinesfalls zu kurz: Die Cavatina aus dem Streichquartett Opus 130 erklingt, die den Menschen in seiner Verletzlichkeit zeigt. Und dann Frank Zappas Bebop-Tango mit flirrenden Glissandi, groovend bis zum dissonanten Ende.
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Und dann zum Finale Beethovens Adagio dolente und Fuge aus der Sonate opus 110, mit dem Thema aus Bachs Johannes-Passion, ein Befreiungsschlag für Leib und Seele nach überstandener Virusinfektion. Überdeutlich wird der Brückenschlag zwischen der klassischen Musik und der neuzeitlichen Entwicklung in Rock, Jazz, Tango – sie sind alle Meister ihres Fachs in ihrer Zeit.