Weil es an Personal fehlt und die finanzielle Lage der Wirtschaft zusetzt, muss die Gaststätte „Die Stadtmitte“ in Overath schließen.
GastroNach 20 Jahren in der „Stadtmitte“ schließt Kerstin Wald ihr Restaurant in Overath

Die Seele der „Stadtmitte“: Tochter Laura (l.), die mit ihrer Mutter Kerstin Wald in der Gaststätte gearbeitet hat.
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Für Kerstin Wald ist es einer der schwersten Abschiede überhaupt. Nachdem sie lange mit sich gerungen hatte, hat sie beschlossen, ihre Gaststätte „Die Stadtmitte“ in Overath aufzugeben. „Der Laden liegt mir sehr am Herzen, es hat mich Überwindung gekostet diese Entscheidung zu treffen“, erzählt die 52-Jährige.
Zu ihrem Entschluss hätten sie mehrere Gründe geführt. Der größte jedoch sei die finanzielle Last gegen Ende gewesen. Die Corona-Krise hätte der Wirtschaft bereits zugesetzt, dank der finanziellen Hilfen für Gastrobetriebe habe sie sich aber wieder berappeln können. Nun werden diese Hilfen jedoch zurückgefordert. „Das war einfach nicht mehr tragbar. Unter anderen Umständen hätte ich die Stadtmitte nicht abgegeben. Aber das wird jetzt vielen Wirten so gehen“, sagt Wald. Ein anderer Grund sei die schlechte Personallage.
Für viele Leute war die Stadtmitte wie ein zweites Wohnzimmer. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause haben sie einen Halt bei uns eingelegt.
Dass Kerstin Wald eine Gastronomin mit Herzblut ist, lässt sich auch an ihrem Werdegang erkennen. Wald absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Hotelfachfrau. Während der Pubertät ihrer Kinder pausierte sie das Gastroleben, kehrte 2005 jedoch dorthin zurück und führte die „Stadtmitte“ mit ihrem heutigen Ex-Mann, der das Restaurant 2000 eröffnet hatte. Seit 2018 leitete sie das Restaurant allein.
Und das tat sie mit Leidenschaft. „Für viele Leute war die Stadtmitte wie ein zweites Wohnzimmer. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause haben sie einen Halt bei uns eingelegt. Vor allem Menschen, die allein gelebt haben oder frisch getrennt waren, konnten sich dort wie zu Hause fühlen und hatten Gesellschaft“, blickt Wald zurück. Es sei ein Treffpunkt für Jung und Alt gewesen und durch die günstige Lage an den Bahnschienen seien die Gäste von überall gekommen. Erst recht, nachdem Wald 2024 den Musikerstammtisch veranstaltete. Dieser habe Menschen weit über die Kreisgrenze hinaus in die Stadtmitte geführt. Einmal im Monat konnten sich Musiker jeden Genres auf einer kleinen Bühne beweisen, ein Profi musste man dafür nicht sein. Weil das so gut ankam, veranstaltete Wald im Sommer dieses Jahres ein kleines Musikfest auf dem Bahnhofsplatz vor der „Stadtmitte“ mit demselben Konzept, wie beim Stammtisch: alle dürfen mitmachen. „Ich hoffe sehr, dass das erhalten bleibt. Die Stammtische haben immer für gute Laune gesorgt“, meint die Overatherin.
Wegen eines neuen Betreibers ist die Stadt bereits in Gesprächen
Für Wald sei ihr Beruf mehr als nur eine Arbeit gewesen. „Es ist ein Lebensgefühl. Viele Gäste sind über die Zeit zu Freunden geworden. Wenn man sich regelmäßig sieht, spricht man auch viel über Privates“, erklärt sie. Ihre Gäste würden ihr fehlen. „Man wird sich immer noch sehen, ich ziehe ja nicht weg, aber wir sehen uns jetzt eben anders.“ Das, was den Beruf so schön mache, mache nun auch den Abschied schwer. Trotzdem sei der Entschluss wichtig gewesen. Die viele Arbeit und die finanziellen Herausforderungen hätten ihre Spuren hinterlassen. „Ich habe mir immer gesagt, ich mache das nur, solange es mir Spaß macht. Wenn man nämlich griesgrämig wird, sollte man den Job nicht mehr machen, dann ist man kein Mehrwert mehr. Dafür ist man viel zu nah an den Menschen dran.“ Und genau in diese Richtung sei es gegen Ende gegangen. Deshalb sei es Zeit für frischen Wind gewesen.
Gerade genießt die Overatherin ihre gewonnene Freizeit. „Das ist natürlich eine schöne Nebenwirkung. Ich hatte diese Woche Zeit, den Rasen zu mähen und mich auch mal länger mit meiner Nachbarin zu unterhalten.“ Doch die 52-jährige hat nicht vor, sich vollends von der Gastronomie zu verabschieden. Sie hat bereits den Grundstein für ihren künftigen Betrieb gelegt. „Ich werde zum Catering übergehen. Das erfordert nicht so viel Personal.“ Einen kleinen Raum habe sie dafür schon angemietet, aber das Ganze stecke noch in den Kinderschuhen. Nun blicke sie, trotz Trennungsschmerz, mit positiven Gefühlen in die Zukunft. „Die Stadtmitte war ein großer Abschnitt in meinem Leben. Aber ich freue mich auf etwas Neues.“ Wegen eines neuen Betreibers ist die Stadt nach eigenen Angaben bereits in Gesprächen.