Queen bei Staatsbesuch bedientBettenhändler aus Overath im Ruhestand

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Das Overather Bettenhändler-Ehepaar Siebertz wechselte Anfang 2022 in den Ruhestand.

Das Overather Bettenhändler-Ehepaar Siebertz wechselte Anfang 2022 in den Ruhestand.

Untereschbach – Gelernt hat er ab 1961 in dem legendären Kölner Textilkaufhaus Jacobi. Später war er viele Jahre lang für die Eheleute Steinkühler und deren nicht minder legendäres Rösrather Möbelzentrum tätig, bis er nach weiteren Zwischenstationen mit 53 Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit als Bettenexperte wagte. Jetzt zieht sich Bernd Siebertz aus seinem Schlafstudio in Overath-Untereschbach zurück: „Ich werde 75 Jahre alt.“

Als der gebürtige Rösrather vor knapp 61 Jahren ins Berufsleben startete, war diese Karriere noch nicht abzusehen. Nach der Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann gönnte er sich eine zweite Lehre im Hotel- und Gaststättengewerbe. Im Hotel Petersberg in Königswinter durfte er im Mai 1965 sogar die englische Königin Elizabeth II. bei ihrem ersten Staatsbesuch in Deutschland bedienen.

Mitglied in 13 Vereinen

Auf „Anraten eines Bundeswehrarztes“, so erzählt es Siebertz heute schmunzelnd, ging er wieder in die Bettenbranche zurück. Der Mediziner habe ihm empfohlen: „Schlafen Sie sich besser aus, als dass Sie in der Gastronomie noch einen Herzinfarkt bekommen.“ Siebertz ging wieder zu Jacobi und wechselte 1971 ins Rösrather Möbelzentrum. Dort lernte er noch viel fürs Leben – unter anderem Marketing. Sein Chef habe ihm damals geraten, er möge sich in den Vereinen tummeln. Ergebnis: „1972 war ich Mitglied in 13 Vereinen. Meine Sechstagewoche hatte sieben Tage zu wenig.“

Mit einem halben Jahrhundert Abstand erinnert sich der Geschäftsmann an seine Jugendsünden. Auch daran, dass und wie er gerne Wahlkampf gemacht hat. „Ich war für alle Dummheiten zu haben, die man machen konnte. Einmal habe ich nachts ganz allein eine Riesenplakatwand kurz und klein geschlagen.“ Am nächsten Morgen erzählte er das seinen Freunden von der Jungen Union, wenig später fand man Siebertz’ Brieftasche am Tatort – mit Visitenkarten sowie Fotos des Rösrather Schützenkönigs, der er damals auch war.

Chaos nach Einführung des Euros

Später wechselte er die Stelle. Er flog als Einkäufer nach Indien oder Marokko – oder auch nur nach Süddeutschland. Dass aber durchaus nicht alles Gold war, was glänzte, weiß er auch: Mehr als einmal hat er Mobbing erlebt, und der Sprung in die Selbstständigkeit geschah auch , weil er keine Lust hatte, sich mit 53 Jahren von Jungspunden sagen lassen zu müssen, wie er seine Arbeit zu machen habe. Die Stelle zu wechseln ging da auch nicht mehr so einfach: „Zu alt, zu teuer und überqualifiziert.“

Zugleich hatte er sich für die Firmengründung keine gute Zeit ausgesucht: „Es war mein Wunsch, selbstständig zu werden, aber wovor uns keiner gewarnt hatte, war die Tatsache, dass ein Jahr später der Euro kam.“ Für den Jung-Unternehmer bedeutete das ein ziemliches Chaos: „Wir wussten alle nicht, wie man mit so einem Währungswechsel umgeht.“ So seien zum Beispiel in der Werbung Euro- und D-Mark-Preise durcheinandergepurzelt.

Neues Kanalnetz in Overath sorgt für Probleme

Doch nicht nur ein europäisches Ereignis hatte bedrohliche Auswirkungen auf sein Geschäft, sondern auch ein ganz sublokales: Zwei Jahre nach einer Überflutung in Untereschbach habe die Stadt Overath 2014 Knall auf Fall angefangen, das Kanalnetz unter der Olper Straße auszubauen. Eigentlich ein ehrenwertes Unterfangen, doch sei sein Geschäft ohne Vorwarnung vier Monate lang abgeschnitten gewesen. Kunden und Lieferanten hätten es äußerst schwer gehabt, zu ihm zu finden. „Die Baustelle hat uns enorm viel gekostet.“

Das Juli-Hochwasser 2021 ist am Keller seines Geschäftes auch nicht vorbeigeflossen, doch er hatte doppelt Glück: Einmal, weil die Feuerwehr sehr schnell beim Abpumpen half, zudem, weil die Versicherung ohne Scherereien zahlte.mJetzt gewöhnt sich Siebertz an den Ruhestand, daran, dass er künftig viel Rad fahren und wandern und noch mehr als heute lesen wird.

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Ehefrau Heidemarie Bolz-Siebertz geht, obwohl erheblich jünger, den Weg in den Ruhestand mit ihm gemeinsam. Das heißt aber auch, dass das Schlafstudio geschlossen wird. Am Montag, 3. Januar, hat der Räumungsverkauf begonnen, am 31. März spätestens ist Schluss. Allerdings hofft der Wahl-Overather, dass sein langjähriger Mitarbeiter Osman Kadagan als Unternehmer einsteigen wird .

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