Lebendiges Rhein-BergSeltenes Koboldmoos wurde zuletzt in der Wahner Heide gesehen

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Nahaufnahme der roten Sporophyten, diean die Mütze eines Waldgeistes erinnern, daher der Name „Koboldmoos“ (Buxbaumia aphylla).

Die Sporophyten erinnern an die Mütze eines Waldgeistes, daher der Name „Koboldmoos“ (Buxbaumia aphylla).

Mit Unterstützung der Biologischen Station Rhein-Berg stellen wir Arten vor, die uns im Bergischen aufgefallen sind.

Auf unsere Anfrage nach einer Empfehlung für eine attraktive Moos-Art, die man in dieser Serie vorstellen könne, reagierten Fachleute eher zurückhaltend. Moose seien doch „recht klein und unscheinbar und insofern nicht unbedingt zeitungstauglich“.

„Geheim-“ oder „Verborgenblüher“ – diese mystischen Bezeichnungen beschreiben   Pflanzen, die nicht durch ihre Blüte hervorstechen. Ihre Vermehrung findet unauffällig statt, und leicht übersieht man sie. Oder wann haben Sie zuletzt eine Alge, eine Flechte, einen Farn oder ein Moos wirklich wahrgenommen?

In der Botanik werden die sogenannten Kryptogamen auch „niedere“ Pflanzen genannt, da sie sich nicht durch einen komplexen Samen vermehren und im Vergleich zu den „höheren“ Pflanzen aus nur wenigen unterschiedlichen Zelltypen bestehen. Eine sehr bekannte Gruppe sind die Moose, deren Besonderheiten erst bei genauem Hinschauen auffallen.

Moospflanzen kommen immer in Gruppen vor

Die meisten Arten der Horn-, Leber- oder Laubmoose erreichen Wuchshöhen von nur wenigen Zentimetern. Ein Moospflänzchen wächst nie solitär an einem Standort, sondern kommt immer in Gruppen vor, die als Rasen, Decken und Polster bezeichnet werden.

Die Mooswelt ist besonders vielfältig im Bereich von kühl-feuchten Habitaten, die von größeren Pflanzen gemieden werden. Fundamentales Unterscheidungsmerkmal zu den Samenpflanzen, zu denen die Bäume und Sträucher, Blumen und Gräser gehören, ist ihre spezifische Vermehrung durch Sporen.

Sogar im Diskurs über umweltrelevante Themen finden die Moose wenig Beachtung. Nur selten werden sie als Zeigerpflanze im Rasen für sauren Boden erwähnt.   Mooskundler der alten Schule beschwören um so eifriger die allgemeine Beliebtheit dieser Gruppe von Landpflanzen. Selbstbewusst behauptet der Autor des „Buch der Moose“, Herbert Weymar, im Jahre 1962 über sein Werk: „Der Zweck, den Anfänger zu verführen, sich mit der Kleinwelt der Moose zu beschäftigen und dabei die Freude an den zierlichen Kindern Floras zu wecken, ist gewiß damit erreicht worden.“

Der Botaniker Ruprecht Düll war überzeugt, dass „kaum ein Pflanzenfreund sich dem Zauber dieser verhältnismäßig kleinen, aber doch sehr vielfältig gestalteten und ästhetisch sehr reizvollen Gewächse entziehen kann“.

Koboldmoos noch irgendwo im Bergischen Land vorhanden

Aus der artenreichen Gruppe der Laubmoose soll hier ein besonders ansprechender Vertreter vorgestellt werden , das Blattlose Koboldmoos (Buxbaumia aphylla). Auch wenn es zu der Gruppe der Laubmoose gehört, sind seine blattähnlichen Pflanzenorgane, die man allgemein als weiches und grünes Moos kennt, winzig und kaum erkennbar.

Obwohl Experten wie Dr. Carsten Schmidt aus Münster davon ausgehen, dass die Art im Bergischen Land irgendwo noch vorhanden ist, gibt es hier keinen aktuellen Nachweis, wohl aber zahlreiche Fundpunkte aus der Zeit vor 1960. Der nächstgelegene Nachweis jüngeren Datums fand am Rand der Wahner Heide statt, wo der vor einigen Jahren verstorbene Bonner Professor Jan-Peter Frahm die Art in einer Sandgrube gefunden hatte. Aktuell ist das Blattlose Koboldmoos in NRW nur noch an einer Stelle im Weserbergland bekannt, denn auch die Funde aus dem Hochsauerlandkreis liegen jetzt schon knapp 25 Jahre zurück.

Fruchtkörper tauchen ab Oktober allmählich auf

Vorrangig in hügeligen und bergigen Landschaften bevorzugt es insbesondere halbschattige bis vollsonnige und zumeist wechselfeuchte Böschungen an Weg- und Waldrändern. Die Art ist ein klassischer Pionier und nutzt offene, wenig bewachsene Stellen auf eher sauren, sandig-lehmigen Böden.

Ab Oktober tauchen die auffallenden Fruchtkörper, die Sporophyten, allmählich auf. Mit ihrer grünen Seite, die sie nach dem Stand der Sonne ausrichten können, betreiben sie die für alle Pflanzen notwendige Photosynthese. Im Winter und zeitigen Frühjahr sind sie voll entwickelt – sofern sie nicht von Schnecken gefressen wurden. In den höheren Lagen der Mittelgebirge können sie dann noch bis etwa Anfang Juni gefunden werden, bevor sie dann in der Regel verwittern.

Übrigens hat die Art einen nahem Verwandten der ihr stark ähnelt: das Grüne Koboldmoos (Buxbaumia viridis). Dabei handelt es sich sogar um eine Art aus dem Anhang II der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH). FFH-Arten sind Tier- und Pflanzenarten für die in der Europäischen Union besondere Schutzbestimmungen gelten und für die ein „gemeinschaftliches Interesse“ in der EU besteht.

In NRW galt das grüne Koboldmoos   lange als verschollen, ist aber vor einigen Jahren im Grenzbereich zu Hessen gefunden worden. Es besiedelt am liebsten morsches Fichtenholz. Daran mangelt es in Bergischen Wäldern wahrlich nicht und die Art dürfte noch hier und da bei uns vorkommen, ist aber wahrscheinlich bisher einfach übersehen worden, vermuten die Fachleute.

Interessierte Leser sollten darum beim Herbstspaziergang die Augen nach den Koboldmoosen aufhalten und sich von   der Begeisterung der alten Mooskundler anstecken lassen.

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