Rhein-BergWas ist die Umlage und wieso streiten Kreis und Kommunen darum?

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Wie soll der Kreis seine Ausgaben finanzieren? Diese Frage führt alljährlich zu Zoff in der „kommunalen Familie“.

Wie soll der Kreis seine Ausgaben finanzieren? Diese Frage führt alljährlich zu Zoff in der „kommunalen Familie“.

Rhein-Berg – Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Kaum hatte der Kreistag den Kreishaushalt fürs nächste Jahr verabschiedet, meldeten sich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zu Wort, die schon zuvor weitergehende Entlastungen für die Städte und Gemeinden gefordert hatten. Willkommener Funke am Pulverfass war diesmal eine Formulierung in der – gleichwohl so nicht abgedruckten – Pressemitteilung des Kreises. Aber was steckt wirklich hinter dem alljährlichen Tauziehen zwischen Kreis und Kommunen? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Warum gibt’s nahezu kein Jahr, in dem sich die Städte und Gemeinden nicht um den Kreishaushalt streiten?

Kreis und Gemeinden kümmern sich zwar beide um kommunale Aufgaben, also die Dinge, die die Menschen vor Ort angehen und betreffen, sie finanzieren sich aber ganz unterschiedlich. Während die Städte und Gemeinden einen Anteil aus dem Steueraufkommen ihrer Bürger und Unternehmen erhalten (insbesondere über Gewerbe- und Grundsteuer), um damit zum Beispiel Infrastruktur wie Straßen, Spielplätze oder Sportstätten zu finanzieren, hat der Kreis keine eigenen Steueranteile, sondern finanziert seine Ausgaben – beispielsweise für den ÖPNV oder die Kreisstraßen – aus einer Umlage, die Städte und Gemeinden anteilig von dem, was sie vom „Steuerkuchen“ erhalten zahlen müssen.

Warum gab es dann in diesem Jahr Streit, wenn doch der Umlagesatz bei 35,5 Prozent gleich geblieben ist?

Zum einen ist ein gleichbleibender Umlagesatz noch keine Garantie dafür, dass die absoluten Zahlungen der Kommunen an den Kreis auch gleich bleiben. Steigen beispielsweise die Steuereinschätzung einer Stadt oder Gemeinde, so muss sie trotz gleichen Prozentanteils einen höheren Betrag an den Kreis überweisen.

Im Fall der Kreisstadt Bergisch Gladbach macht das Mehrabgaben an den Kreis von vier Millionen Euro aus. Besonders ärgerlich ist das, so die Kommunen, wenn das Steuer-Plus teilweise noch aus der Zeit vor der Corona-Pandemie herrührt, die Kommunen das Geld nun aber dringend unter anderem wegen des seit Jahren aufgelaufenen Sanierungsstaus bei den Schulen benötigen.

Aber einfach senken kann der Kreis die Umlage für die Kommunen doch nicht, weil er dann selbst zu wenig hat, um seine Aufgaben zu erfüllen, oder?

Die Kommunen sagen, er könnte schon, selbst wenn sie ihm nicht reinreden, wofür er Geld ausgibt. Er müsste nur seine Rücklage komplett einsetzen, anstatt sie lediglich auf 7,8 Millionen Euro abzuschmelzen.

Warum setzt er dann nicht dieses Geld einfach mal ein, um die Kommunen zu entlasten?

Der Kreis greift schon seit Jahren auf seine Rücklage zurück und argumentiert, dass er ohne diesen Griff in die Tasche, den Umlagesatz für die Kreisumlage nicht hätte stabil halten können, sondern dann je nach dem von Jahr zu Jahr hätte erhöhen müssen. Das wäre dann noch weniger verlässlich für die Kommunen, so argumentiert man beim Kreis.

Was würde eine Senkung der Kreisumlage den Kommunen bringen?

Die Kommunen, sagen: mehr Handlungsspielraum. Die Kreistagsfraktion der Freien Wähler, die die Forderung der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister als „nicht zielführend“ ablehnte, argumentierten, dass die dadurch 4,7 Millionen Euro, die die Kommunen insgesamt weniger an den Kreis abführen müssten, keiner Stadt oder Gemeinde „so richtig weiterhelfen“ würde, während der Kreishaushalt ohne diese Summe die „nötige Stabilität“ verlieren würde und dadurch der Kreisumlagesatz in den kommenden Jahren nicht bei 35,5 Prozent gehalten werden könnte. Gleichwohl haben auch die Freien Wähler dem Haushalt nicht zugestimmt, weil sie mangelnde Haushaltsdisziplin von anderen Fraktionen und Verwaltung kritisierten.

Was könnte künftig helfen, die Situation zu verbessern, für den Kreishaushalt hat ja auch im Kreistag allein die Mehrheit von CDU und Grünen gestimmt?

Bürgermeister, aber auch Fraktionen im Kreistag klagten diesmal, dass Anträge erst sehr spät eingebracht wurden und man sich damit nicht hinreichend befassen beziehungsweise dazu Stellung nehmen konnte. Ein besseres Zeitmanagement wäre da in jedem Fall hilfreich, verändert aber nicht den Umstand, dass Kreis und Kommunen nun mal bei den Finanzen nun mal ganz unterschiedliche Perspektiven haben.

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Gibt es denn gar keine Lösung für das Dauerstreit-Thema zwischen Kreis und Kommunen?

Ein frühzeitiger Austausch zwischen Kreis und Kommunen über die Finanzpläne kann helfen, löst das Grundsatzproblem aber nicht, dass der Kreis letzten Endes vor allem mit dem von den Städten und Gemeinden überwiesenen Geld hantiert. Lösen ließe sich das wohl nur, wenn man den Kreis anders finanzieren würde, etwa ebenfalls über einen Anteil an einer Steuer. Darüber allerdings wird weder im Kreishaus noch in einem rheinischbergischen Rathaus, sondern in Berlin entschieden – und kurzfristig ist da schon einmal gar nichts in Sicht. Also weiter miteinander reden – und wahrscheinlich auch regelmäßig streiten.

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