Nazi-VergangenheitDer Weg ist frei für die Rösrather Stolpersteine

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Künstler Gunter Demnig hält einen seiner Stolpersteine in der Hand.

Künstler Gunter Demnig wird in Rösrath im nächsten Jahr drei Stolpersteine verlegen.

Die ersten Stolpersteine in Rösrath, die an Opfer des Nationalsozialismus erinnern sollen, rücken in greifbare Nähe.

Es ist nun beschlossene Sache, drei der Gedenktafeln auf dem Bürgersteig vor dem Rathaus in Hoffnungsthal zu verlegen. Geklärt ist auch, an welche Verfolgten die drei Stolpersteine erinnern sollen: an Gustav Schiffbauer, Hermann Gohrke und Heinrich Klein. Alle drei waren kommunistische Gegner des Naziregimes. Nun kann ein Termin mit dem Künstler Gunter Demnig, der mit der Idee der Stolpersteine international bekannt wurde und auch die Rösrather Stolpersteine verlegen soll, vereinbart werden. Der Geschichtsverein Rösrath, der den Stolperstein-Vorschlag in den Arbeitskreis Erinnerungskultur eingebracht hat, rechnet mit einem Verlege-Termin im Lauf des Jahrs 2023.

Alle Gruppen von Verfolgten sollen berücksichtigt werden

Bis dieser Stand erreicht war, waren ein paar Hürden zu nehmen. Zunächst verständigten sich der Arbeitskreis Erinnerungskultur und die Stadtverwaltung darauf, den Begriff des NS-Opfers „möglichst weit zu fassen“ und damit möglichst alle Gruppen von Verfolgten zu berücksichtigen. Klar war aber, dass in Rösrath vor allem politische Gegner vom Nazi-Regime verfolgt wurden, während beispielsweise die jüdische Kultur keine große Rolle spielte. Bürgermeisterin Bondina Schulze (Grüne) stellte sich hinter das Stolperstein-Projekt, wollte aber auch die ausdrückliche Unterstützung des Stadtrats.

Dieser segnete das Projekt Ende September einstimmig ab. Danach musste der Stadtrat dem Kulturausschuss die Zuständigkeit übertragen, über Stolpersteine in Rösrath zu entscheiden. Das erfolgte in der Stadtratssitzung am 28. November, ebenfalls mit einstimmigem Beschluss. Nun kann der Kulturausschuss auf kurzem Weg über konkrete Stolperstein-Vorschläge abstimmen. So nutzte er sogleich seine neue Kompetenz und beschloss Anfang Dezember die ersten drei Stolpersteine vor dem Rathaus. Auch dieses Votum war einstimmig.

Der Weg war nicht ganz leicht. Aber wir haben einen guten Weg gefunden.
Bürgermeisterin Bondina Schulze

Die große Einigkeit in Stadtrat und Ausschuss bedeutet aber nicht, dass es im Vorfeld keine Diskussionen gegeben hätte. „Der Weg war nicht ganz leicht. Aber wir haben einen guten Weg gefunden“, sagte Bürgermeisterin Schulze nach dem Beschluss im Kulturausschuss. „Ich bin sehr erleichtert und sehr froh“, sagte Marina Wittka vom Geschichtsverein dazu.

Wittka hat auch Informationen über die drei NS-Verfolgten, die nun als Erste mit Stolpersteinen ins Blickfeld gerückt werden, zusammengetragen. Gustav Schiffbauer sorgt durch seinen Nachnamen bei vielen für einen Aha-Effekt, weil sein Neffe Erwin Schiffbauer (SPD) von 1955 bis 1963 und von 1964 bis 1972 Rösrather Bürgermeister war. Onkel Gustav, 1876 geboren, wechselte dagegen 1918 in die USPD und später KPD, er gründete die KPD-Gruppe Hoffnungsthal.

Die Haft im KZ Sachsenhausen überlebte Schiffbauer nicht

Nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 wurde er am 30. März 1933 verhaftet, musste zweieinhalb Monate in „Schutzhaft“ im Gefängnis Bonner Wall in Köln verbringen. 1935 wurde er erneut verhaftet, weil er ein illegales Flugblatt gekauft hatte. Er wurde deshalb wegen Hochverrats zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach dem Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 folgte eine weitere Verfolgungswelle, bei der Schiffbauer am 26. August 1944 ein weiteres Mal verhaftet wurde. Er wurde ins KZ Sachsenhausen gebracht, die dortige Haft überlebte er nicht.

Hermann Gohrke, Jahrgang 1892, war Führer der KPD-Gruppe Forsbach, Mitglied der Roten Hilfe und des Arbeitersängerbundes. Auch Gohrke wurde 1933 in „Schutzhaft“ genommen. 1934 war er am Wiederaufbau der illegalen KPD beteiligt. Danach floh er in die Niederlande, wurde 1936 nach Belgien abgeschoben und dort im November 1940 an die deutsche Polizei übergeben. Er wurde verurteilt und war bis 1943 in Siegburg inhaftiert. Danach wurde er an die Gestapo Köln übergeben und schließlich ins KZ Dachau deportiert. Dort starb er am 28. Januar 1945, angeblich an Darmentzündung.

1935 wurde Heinrich Klein wegen Hochverrats angeklagt

Über Heinrich Klein, Jahrgang 1879 und KPD-Mitglied, ist relativ wenig bekannt. Wie zehn andere Rösrather wurde er 1935 wegen Hochverrats angeklagt und zu über zwei Jahren Haft verurteilt. Im August 1944 wurde er – wie Schiffbauer – verhaftet und ins KZ   deportiert. Seine Haft endete mit dem Tod.

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