Änderung zum 1. JanuarSirenen dürfen Feuerwehr nicht mehr alarmieren – Sorge in Rhein-Berg

Lesezeit 5 Minuten
Eine Sirene auf einem Dach.

Sirenen sollen ab 1. Januar 2024 in NRW nur noch zur Bevölkerung und nicht mehr zur Alarmierung der Feuerwehr heulen.

Eine Neuregelung für die Nutzung von Sirenen in NRW zum 1. Januar stößt bei Freiwilligen Feuerwehren in Rhein-Berg auf Skepsis.

Wenn die Sirenen heulen, dann rückt kurz darauf die Feuerwehr aus – so ist das auf dem Land seit Jahrzehnten gewesen. Ab dem Jahreswechsel ist die Alarmierung der Feuerwehr durch Sirenen verboten. Per Weisung hat das NRW-Innenministerium angeordnet, dass ausschließlich über die persönlichen Funkmeldeempfänger der Feuerwehrleute alarmiert werden soll.

Gerade bei den größtenteils rein ehrenamtlichen Feuerwehren außerhalb von Großstädten wie Bergisch Gladbach, die hauptamtlich besetzte Wachen haben und seit Jahren nicht mehr über Sirenen alarmieren, stößt das auf Kritik.

Land will Verwechselung mit Warnung der Bevölkerung vermeiden

Hintergrund der Änderung ab dem 1. Januar sei, dass die Sirenen ausschließlich noch für die Warnung der Bevölkerung (siehe „Sirenensignale“) verwendet werden sollen, erläutert Kreisbrandmeister Martin Müller-Saidowski die Neureglung auf Nachfrage. Wenn zum einen mit den Sirenen vor Gefahren für die Bevölkerung gewarnt werde, mit denselben Sirenen aber auch die Feuerwehrleute alarmiert würden, bestehe für die Bevölkerung eine Verwechselungsgefahr, so der Kreisbrandmeister.


Sirenensignale

  • Heult eine Sirene eine Minute lang mit an- und abschwellendem Ton, ist das ein Hinweis auf Gefahr.
  • Ein Dauerton von einer Minute heißt: Entwarnung.
  • Mit einem einminütigen, zweimal unterbrochenen Dauerton wurde bislang die Feuerwehr alarmiert.
  • Weitere Infos und Hörbeispiele zu den Warnsignalen gibt es auch hier im Internet. (wg)

Da alle Feuerwehren im Kreis flächendeckend mit digitalen Funkmeldeempfängern ausgerüstet seien, sei eine zusätzliche Sirenenalarmierung nicht mehr notwendig, teilt Kreissprecherin Nina Eckardt nach Rücksprache mit den für die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr im Kreishaus zuständigen Stellen mit.

Wir hätten es lieber gesehen, wenn wir im Notfall bei der Alarmierung weiter auf die Sirenen hätten zurückgreifen können.
Bastian Eltner, Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Rösrath

Einige Feuerwehrverantwortliche im Kreisgebiet sehen die Neuregelung dennoch skeptisch: Ehrenamtliche Feuerwehrleute allein über ihre Funkmeldeempfänger zu alarmieren, reiche bei größeren Einsätzen, für die viele Kräfte benötigt werden, gegebenenfalls nicht aus, befürchten sie. „Wir hätten es lieber gesehen, wenn wir im Notfall bei der Alarmierung weiter auf die Sirenen hätten zurückgreifen können“, sagt Rösraths Feuerwehrchef Bastian Eltner.

Der Leiter der Feuerwehr Rösrath, Bastian Eltner, steht vor einem Feuerwehrhaus.

Rösraths Feuerwehrchef Bastian Eltner

Gerade im ländlicheren Bereich sei die Funkabdeckung nun mal nicht überall so gut, beschreibt Rösraths Feuerwehrsprecher Björn Roth den Nachteil einer allein auf Funkmeldeempfängern basierenden stillen Alarmierung. „Eine Sirene höre ich im Zweifel überall im Stadtgebiet.“

Rösraths Feuerwehrpressesprecher Björn Roth steht vor einem Feuerwehrfahrzeug.

Rösraths Feuerwehrpressesprecher Björn Roth

Sirene wurde längst nicht mehr bei jedem Feuerwehreinsatz verwendet

Dabei sei ja schon lange nicht mehr wegen einer Ölspur oder eines Baums auf der Straße die Sirene ausgelöst worden, ergänzt Overaths Feuerwehrsprecher Marco Bücheler. „Die Sirene ging nur, wenn Personen in Gefahr oder gar Lebensgefahr waren und es zeitkritisch war“, so der Overather Feuerwehrsprecher.

Overaths Feuerwehrsprecher Marco Bücheler steht bei einer Übung im Wald.

Overaths Feuerwehrsprecher Marco Bücheler

In Rösrath seien die Sirenen im zurückliegenden Jahr „vielleicht sechs bis achtmal zur Alarmierung der Feuerwehr bei Großeinsätzen genutzt worden“, so Feuerwehrsprecher Roth.

Overaths Feuerwehrchef Heiko Schmitt steht bei einer Übung im Wald.

Leiter der Feuerwehr Overath Heiko Schmitt

„Wir hätten es auch lieber gesehen, wenn wir die Sirene weiterhin hätten nutzen können“, sagt Overaths Wehrleiter Heiko Schmitt. Zudem habe eine Alarmauslösung per Sirene bislang nicht nur die Feuerwehrleute informiert – „auch die Anwohner rund um Feuerwehrhäuser wussten Bescheid und sind dann vielleicht fünf Minuten später zum Einkaufen gefahren“, so Feuerwehrsprecher Marco Bücheler. Dabei weist er auch auf die engen Straßenverhältnisse rund um manches Gerätehaus wie in Overath-Heiligenhaus hin.

Kleine Sirene zur Warnung vor anfahrenden Feuerwehrleuten in Kürten installiert

Solche Situationen kennt auch Kürtens Wehrleiter Stefan Landwehr: „In Biesfeld ist der Parkplatz für die Feuerwehrleute hinter dem Gebäude, da haben wir jetzt selbst eine kleinere Sirene installiert, die mit den Funkmeldeempfängern   ausgelöst wird und die Menschen vor Ort vor herannahenden Fahrzeugen warnt – allerdings leiser als eine normale Sirene.“

Der Leiter der Feuerwehr Kürten, Stefan Landwehr, steht in einem Feuerwehrhaus.

Stefan Landwehr, Leiter der Feuerwehr Kürten.

In Bergisch Gladbach, wo man seit Jahren ausschließlich via Funkmeldeempfänger alarmiert, allerdings auch anders als im Umland Feuerwachen mit Hauptamtlern hat, die umgehend bei ihren Fahrzeugen sind, kann man der Weisung des NRW-Innenministeriums, auf die Feuerwehralarmierung mit Sirenen zu verzichten, durchaus Positives abgewinnen.

Da wird es nun keine Verwechselungen mehr geben: Wenn die Sirene geht, dann zur Warnung der Bevölkerung.
Elmar Schneiders, Pressesprecher der Feuerwehr Bergisch Gladbach

„Wir haben ja seit Jahrzehnten eine stille Alarmierung. Aber bislang hat es immer zu Irritationen im Bergisch Gladbacher Stadtgebiet geführt, wenn hier bei Alarmierungen im Umland die Sirenen aus Odenthal-Vosiwinkel oder Overath-Immekeppel zu hören waren und Bergisch Gladbacher dachten, das wäre eine Warnung an die Bevölkerung“, sagt der Feuerwehrsprecher der Kreisstadt, Elmar Schneiders: „Da wird es nun keine Verwechselungen mehr geben: Wenn die Sirene geht, dann zur Warnung der Bevölkerung.“

Feuerwehrpressesprecher Elmar Schneiders steht an einer Einsatzstelle, im Hintergrund sind ein brennendes Haus, eine Drehleiter, Feuerwehrleute und ein Polizeibeamter zu sehen.

Pressesprecher der Feuerwehr Bergisch Gladbach, Elmar Schneiders.

Auch Kürtens Feuerwehrchef Stefan Landwehr kann die Argumentation nachvollziehen, wenngleich er sich den Erhalt der Alarmierung per Sirene als „Ausfallsystem“ gewünscht hätte.

Kreissprecherin Nina Eckardt weist darauf hin, dass die Feuerwehren im Kreis ergänzend zu den digitalen Funkmeldeempfängern   auch noch handybasierte Alarmierungs-Apps nutzten. Und: „Sollten alle Alarmierungsmittel einmal nicht zur Verfügung stehen, dann können die Sirenen auch weiterhin mit dem Signal zur Alarmierung der Feuerwehr ausgelöst werden“, so die Kreissprecherin.


Die Starkregenflut von 2021 und die Sirenen

Nach dem Hochwasser im Juli 2021 setzte das NRW-Innenministerium eine Arbeitsgruppe ein, die untersuchte, wie die NRW-Bevölkerung künftig besser vor Katastrophen geschützt werden kann. Ganz oben auf ihre Vorschlagsliste setzten die Experten das Thema Warnung und kritisierten die Alarmierung für die Feuerwehr als „zweckfremde Mitnutzung der Sirene“. In ihrem Bericht heißt es: „Zu groß ist schlicht die Gefahr, dass das Warnsignal als Feueralarm zur Alarmierung der Freiwilligen Feuerwehren fehlinterpretiert wird – der Feuerwehrmann steht auf, die Bevölkerung bleibt liegen.“ Die Sirene müsse das Alleinstellungsmerkmal als Warnung vor Gefahr sein.

Zumindest Teile des NRW-Feuerwehrverbandes kritisierten diese Haltung. Argument: Es müsse dem Bürger an Rhein und Ruhr doch wohl möglich sein, zwei verschiedene Warntöne – den Feueralarm und die Katastrophenwarnung – auseinanderzuhalten. Die Arbeitsgruppe ließ sich davon aber nicht beirren und betonte: „Die Gefahr zur Fehldeutung der Signale wird noch dadurch verstärkt, weil in Katastrophen- und Großeinsatzlagen beide Signale quasi zeitgleich erfolgen, so dass die Unterscheidung und das Bemerken einer Warnung umso schwerer fallen.“ Der Innenminister folgte letztlich dieser Sicht. (sfl, wg)

KStA abonnieren