Keine Hilfen für behinderte TochterFamilie aus Bergheim verklagt das Sozialamt

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Heike Krüsi-Heininger und Simon Krüsi wollen das Familienauto für Tochter Sara umbauen lassen.

Bergheim-Büsdorf – Seit ihrer Geburt ist Sara auf einen Rollstuhl angewiesen. Die 19-Jährige leidet an Spastiken, Epilepsie und zentraler Parese – einer Lähmung, durch die sie keine Kontrolle über ihren Körper hat. Um sie im Alltag zu unterstützen, wollen ihre Eltern das Familienauto rollstuhlgerecht umbauen lassen. Für den Umbau ist die Familie allerdings auf finanzielle Hilfe des Rhein-Erft-Kreises angewiesen. Das zuständige Sozialamt lehnt die Anträge immer wieder ab – und das seit mittlerweile zwei Jahren.

Als sich die Familie das erste Mal an den Kreis wandte, war sie noch optimistisch. Das war am 13. Oktober 2020. Damals hätten sie die Eingangsbestätigung des Antrags des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) erhalten, sagt Simon Krüsi, der Vater von Sara. „Ein Jahr später im Mai mussten wir dann ein zusätzliches Formular ausfüllen und haben ein neues Angebot für den Umbau geschickt. Das alte Angebot basierte noch auf 16 Prozent Mehrwertsteuer.“

Sozialamt des Rhein-Erft-Kreises lehnt einen Antrag nach dem anderen ab

In den nächsten zwei Monaten forderte der Kreis weitere Unterlagen an. Anfang August 2021 schien dann alles in trockenen Tüchern zu sein. Laut Krüsi und seiner Frau Heike Krüsi-Heininger lief das Gespräch mit dem zuständigen Verwaltungsmitarbeiter gut.

Ein halbes Jahr später, im Januar 2022, kam trotzdem die Absage – das Amt wollte nicht für den Umbau des Autos aufkommen. Die Begründung: Sara verbringe den größten Teil der Woche im Internat. „Dass wir Sara montags und freitags zum Internat gefahren und wieder abgeholt haben, hat die Verwaltung gar nicht berücksichtigt“, sagt Krüsi-Heininger.

Die Tage also, an denen die Familie ein rollstuhlgerechtes Auto gebraucht hätte, wurden als Internatstage abgerechnet. „Und auf unsere Korrektur ist die Verwaltung nicht eingegangen.“ Die Familie legte noch im Februar über ihren Anwalt Widerspruch ein. Das Sozialamt schwieg zunächst – und lehnte im Juli erneut den Antrag ab.

Laut Attest darf Sara den ÖPNV nicht nutzen

Jede Fahrt mit Sara beutet für die Familie ohne umgebautes Auto einiges an Arbeit. Ihre Eltern müssen sie erst aus dem Rollstuhl heben und in den Wagen setzen und den Rollstuhl dann verstauen, allein ist das nur schwer zu schaffen. Selbst kann die Familie die Umbaukosten von 12.000 Euro allerdings nicht stemmen. Laut Sozialverband VdK haben alle behinderten Menschen, die für den Weg zur Arbeits- oder Ausbildungsstelle auf das Auto angewiesen sind, einen Anspruch auf die Hilfen.

Allerdings gilt auch: Ein Weg zur Arbeit oder Schule mit öffentlichen Verkehrsmitteln darf dann nicht möglich sein. Und das war laut Krüsi-Heininger bei Sara der Fall. Ein ärztliches Attest bestätige, dass sie den ÖPNV nicht nutzen könne.

Mittlerweile geht es der Familie nicht mehr nur um den positiven Bescheid. Das lange Hoffen und Bangen zwischen den Anträgen belastet sie ebenfalls. „Diese Wartezeit – sie ist einfach unmöglich“, sagt Krüsi-Heininger. „Selbst unser Anwalt hat gesagt, dass er sowas noch nie erlebt hat. Ich habe das Gefühl, der Kreis lässt uns kaputtwarten.“

Familie aus Büsdorf klagt vor Gericht um Hilfen

Anfang der vergangenen Woche, fast am zweiten Jahrestag des ersten Antrags, kam erneut eine Absage. Die Begründung lautete erneut: Sara sei überwiegend im Internat und brauche dort kein Auto. Die Familie will trotzdem dem Rat ihres Anwalts folgen und am Sozialgericht klagen.

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Das Sozialamt will nichts zu Saras Fall sagen. Das Amt könne sich zum laufenden Verfahren nicht im Detail äußern, weil die Familie Klage gegen die Entscheidung des Amtes eingereicht habe. Grundsätzlich gelte aber, dass die Gründe für die Ablehnung eines Antrags im amtlichen Bescheid dargestellt würden – und das sei auch in diesem Fall erfolgt.

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