Zusammenstoß im NovemberBergheimer kämpft sich nach Unfall wieder zurück ins Leben

Bei dem Unfall auf der B 477 bei Buir wurde Klaus Müller-Staffelstein im November schwer verletzt. Ein jungen Mann starb.
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- Klaus Müller-Staffelstein aus Quadrath-Ichendorf und seine Partnerin haben einen Zusammenstoß ihres Autos mit einem anderen Fahrzeug bei hoher Geschwindigkeit überlebt.
- Nun leiden sie an den Folgen des Unglücks.
Bergheim/Kerpen – An den Moment, der sein Leben veränderte, hat Klaus Müller-Staffelstein keine Erinnerung mehr. Mit seiner Partnerin ist der 70-Jährige am Samstag, 21. November, des vorigen Jahres, auf der Bundesstraße 477 im Auto Richtung Kerpen unterwegs. Das Ziel des Paares an jenem Tag ist die Eifel – einer von vielen Ausflügen, den die Rentner nahezu täglich unternehmen. „»Da kommt was«, hat meine Freundin gerufen – das ist das Letzte, an das ich mich erinnere“, sagt Müller-Staffelstein.
Der Quadrath-Ichendorfer erwacht nach einigen Tagen auf der Intensivstation der Uniklinik in Köln, völlig desorientiert, völlig im Unklaren darüber, was geschehen ist und warum sein Körper über und über mit Kabeln und Schläuchen versehen ist. Die künstliche Beatmung erschwert die Kommunikation mit Ärzten und Pflegepersonal.
Kaum Bremsspuren
Erst nach und nach erfährt Müller-Staffelstein, was ihm widerfahren ist. Ein 18-Jähriger aus Kerpen ist dem Paar mit seinem Wagen auf deren Spur entgegenkommen. Bremsspuren findet die Polizei kaum. Der Zusammenstoß ist so heftig, dass der Sicherheitsgurt des jungen Autofahrers reißt und er aus dem Wagen geschleudert wird. Er stirbt im Rettungswagen.

Klaus Müller-Staffelstein überlebte den Unfall.
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Müller-Staffelstein und seine Partnerin überleben mit schweren Verletzungen und werden in verschiedene Krankenhäuser gebracht. Durch einen Schlag auf den Brustkorb ist die Lunge des Rentners gestaucht. Warum es zu dem Unfall gekommen ist, weiß Müller-Staffelstein bis heute nicht. „Wir haben nichts erfahren.“
Für den Mann, der von einem Augenblick auf den nächsten aus dem gewohnten Leben geworfen wird, beginnt ein langer und harter Weg zurück in den Alltag. Die beiden Wochen auf der Intensivstation seien die Hölle gewesen, berichtet er. Zweimal wird er reanimiert, wegen der künstlichen Beatmung hat er keine Stimme. „Ich war schlimmer dran als ein Baby, ich konnte nicht mal schreien oder krächzen.“ Auch schreiben kann er nicht – die Hände zittern. „Medizinisch wurde dort sicher alles richtig gemacht“, sagt der 70-Jährige. Aber der menschliche Umgang, der Tonfall des Pflegepersonals seien rabiat gewesen. „Das will ich nie mehr erleben.“
Müller-Staffelstein berichtet von Träumen mit hellen Farben und Glockengeläut, von der Angst zu ersticken, als die Beatmungsmaschine immer wieder zeitweise abgestellt wird, um die Lunge zu trainieren.Auch die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt ist hart. Nur langsam kommen Müller-Staffelstein und seine Partnerin, die einen Monat nach dem Unfall am gleichen Tag aus dem Frechener Krankenhaus entlassen wird, wieder zu Kräften, sie sind auf eine Gehhilfe angewiesen, Nachbarn unterstützen sie. Doch um wieder richtig mobil zu werden, brauchen sie ein Auto. „Bis zu dem Unfall sind wir jedes Jahr 40 000 Kilometer gefahren“, sagt Müller-Staffelstein. Nach dem Unglück stellt sich ihm die Frage gestellt, ob er sich überhaupt noch mal ans Steuer setzen will. Die Sorge vor Panikattacken ist groß. Er entscheidet sich dennoch für den Kauf eines Autos. „Die erste Fahrt habe ich vorsichtig im Dunkeln um den Block gemacht“, sagt Müller-Staffelstein.
Eines bereut er. Nach dem Unglück habe er einem Anwalt eine Vollmacht ausgestellt, um Schmerzensgeldansprüche durchzusetzen. Dem ersten Vorschlag von Anwalt und Versicherung habe er zugestimmt. „Damals war ich froh, das Thema vom Tisch zu haben, heute würde ich das nicht mehr so machen.“ Denn die einmalige Zahlung berücksichtige nicht Spätfolgen des Unfalls. So leiden Müller-Staffelstein und seine Partnerin unter posttraumatischen Belastungsstörungen. Der Rentner wacht nachts nach Alpträumen immer wieder mit Herzstolpern und Herzrasen auf, seine Partnerin sieht in Träumen den 18-Jährigen auf sich zufliegen. „Das wird uns unser Leben lang begleiten. Das ist unser Schicksal.“
Blitzmarathon am Donnerstag
Im vergangenen Jahr haben sich auf den Straße des Rhein-Erft-Kreises 12 369 Verkehrsunfälle ereignet – so viele, wie noch nie. Die Zahl der Verunglückten sank leicht um 86 auf 1583. Sechs Menschen starben. Nicht angepasste Geschwindigkeit ist nach Auskunft der Polizei, eine der häufigsten Unfallursachen. Am Donnerstag gibt es wieder einen landesweiten Blitzmarathon.
Die Polizei im Kreis wird mit 80 Beamten von 6 Uhr bis 22 Uhr im Einsatz sein. Dabei komme die gesamte Messtechnik, die der Polizei zur Verfügung steht, zum Einsatz, berichtet die Leiterin der Direktion Verkehr, Polizeioberrätin Claudia Römers.
In früheren Jahren konnten Bürger der Polizei Kontrollstellen melden. Diesmal wurde ein anderer Schwerpunkt gesetzt. Die Polizei hat 53 Stellen ausgewählt, an denen sich in den vergangenen Jahren Verkehrsunfälle ereignet haben, bei denen Menschen schwer verletzt oder getötet wurden. Die Kreisverwaltung ist am Donnerstag ebenfalls mit Radarwagen im Einsatz.