Halbzeit„Im Stadtrat herrscht ein gutes Klima“ – Brühler Bürgermeister im Interview

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Der Bürgermeister steht in einem blauen Anzug auf einer Treppe und blickt lächelnd in die Kamera.

„Bürgermeister einer rheinischen Stadt zu sein, hat einfach etwas“, sagt Dieter Freytag.

Der Brühler Bürgermeister Dieter Freytag spricht über die wichtigsten Projekte der Stadt – eine erneute Kandidatur lässt er offen.

Dieter Freytag (68) ist seit 2014 Brühler Bürgermeister. Mit dem SPD-Mann sprach Wolfram Kämpf über die Ereignisse seit der Wiederwahl 2020 und kommende Herausforderungen.

Herr Freytag, der 2020 gewählte Stadtrat hat in seiner jetzigen Zusammensetzung Halbzeit. Wie zufrieden sind Sie mit der Zusammenarbeit?

Dieter Freytag: Für mich ist die Situation entspannt. In der Schlussphase des alten Rates schlug doch sehr der Wahlkampf durch, da hat die damalige schwarz-grüne Koalition schon häufig geschossen. Jetzt herrscht ein gutes Klima.

Nach meiner Einschätzung gibt es eine große Offenheit gegenüber den Anträgen der Minderheitsfraktionen von CDU und FDP und der übrigen Parteien. Es wird auf Inhalte geschaut. Das haben nicht zuletzt die Haushaltsberatungen gezeigt. Außerdem hat die zwischenzeitliche Reduktion von sechs auf vier Fraktionen zu mehr Effektivität geführt und Abläufe vereinfacht.

Die Weichen für den Bau der neuen Feuerwache wurden nach langen Diskussionen mit breiter Mehrheit gestellt. Erwarten Sie noch großen Widerstand gegen den möglicherweise 100 Millionen Euro teuren Bau?

Im Rat gibt es eine klare Linie: SPD, Grüne und CDU stehen hinter dem Projekt. Das ist ein wichtiges Signal für die Feuerwehrleute, die diese Rückendeckung verdienen. Andererseits ist eine breite öffentliche Diskussion angesichts der Dimension des Vorhabens notwendig. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass der Rat seiner Verantwortung nachgekommen ist und sich intensiv mit allen Details des Baus beschäftigt hat.

Es hat alleine fünf Workshops gegeben. Auch in der Bürgerschaft sehe ich eine hohe Akzeptanz, weil man sich der Bedeutung der Feuerwehr bewusst ist. Gleichwohl werden wir weiter diskutieren, etwa auch über die finanziellen Auswirkungen auf den städtischen Haushalt. Und wir werden weiter die Bevölkerung einbeziehen und in Arbeitsgruppen mit Bürgern den Standort, die verkehrliche Situation, den Brandschutzbedarfsplan und das Bauleitverfahren erörtern.

Zuletzt gab es mehrere schlechte Nachrichten: Die Schulden steigen, Renault und die ehemalige EUFH verlassen Brühl, und in der City stehen zunehmend Ladenlokale leer. Was läuft da schief? Und kann Brühl es sich dauerhaft leisten, dem Phantasialand die Erweiterung zu verweigern?

Beim bevorstehenden Abschied von Renault und der privaten Hochschule handelt es sich nicht um Entscheidungen gegen Brühl. Vielmehr geht es um betriebswirtschaftliche Entscheidungen, die im Falle von Renault in Paris getroffen wurden. Das ist bedauerlich, aber bei Betrachtung der Details nachvollziehbar. Bei der Cologne Business-School, also der ehemaligen EUFH, war der Abschied absehbar, weil Standorte zusammengelegt werden. Wir befinden uns übrigens bereits in Gesprächen über eine anderweitige Nutzung der Gebäude. Leerstand wird es nicht geben.

Der Leerstand von Ladenlokalen in der City lässt sich nicht ganz verhindern. Das ist ein allgemeines Phänomen. Unser Citymanagement bemüht sich intensiv darum, dass wir in Brühl weiterhin unterdurchschnittlich viele leer stehende Geschäfte haben.

Das Phantasialand ist ein ganz anderes Thema, das uns schon zwei Jahrzehnte beschäftigt. Ich war immer Befürworter des Ausbaus. Aber ich befürchte, dass die Zeiten sich gewandelt haben und selbst bei einer anderen politischen Konstellation im Rat die Umsetzung schwierig wäre. Angesichts des Klimawandels kann man es kaum noch vermitteln, dass ein Naturschutzgebiet für einen Freizeitpark weichen muss. Für das Phantasialand tut mir die Entwicklung leid.

Die Sympathien Ihrer Parteifreunde und auch der Grünen für eine zweite Gesamtschule sind nicht zu übersehen. Wie offen ist der Entscheidungsprozess tatsächlich noch?

Der Prozess war von Anfang an offen und er ist es immer noch. Letztlich ist der Elternwille ausschlaggebend. Dazu werden bald die Mütter und Väter der Brühler Drittklässler befragt. Fakt ist, dass sich viele Eltern für ihre Kinder einen Platz auf der Gesamtschule und die Chance, außerhalb des Gymnasiums das Abitur zu machen, wünschen und die Zahl der Absagen an der bestehenden Schule steigt.

Fakt ist aber auch, dass wir uns mit der Schaffung einer zweiten Gesamtschule keine Realschule und Hauptschule mehr leisten könnten. Obwohl dort hervorragende Arbeit geleistet wird. Das geben die Schülerzahlen schlicht nicht her.

Sie haben vor Ihrer Wiederwahl betont, bis zum Ablauf Ihrer Amtszeit Bürgermeister zu bleiben. Ist sogar eine Verlängerung denkbar, oder ist ein potenzieller Nachfolger aus der SPD bereits in Sicht?

Ich halte es da mit dem US-Präsidenten Joe Biden: Ich werde mich erklären, wenn es angezeigt ist. Ich kann feststellen, dass der Posten mich fordert. Ich bin jedoch fit und mir macht die Arbeit viel Freude. Bürgermeister einer rheinischen Stadt zu sein, hat einfach etwas.

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