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Ein Leben voller AbenteuerErftstädter Ehepaar Heinichen feiert Diamanthochzeit

3 min
Ein Paar steht im Garten.

Seit 60 Jahren gehen Ursula und Peter Heinichen aus Lechenich gemeinsam durchs Leben. 

Ursula und Peter Heinichen aus Erftstadt haben vor 60 Jahren geheiratet. Zuvor waren sie auf abenteuerlichen Wegen aus der DDR geflohen. 

Ihr Zusammenkommen spiegelt ein bewegtes Kapitel deutscher Geschichte wider. Wenn Ursula und Peter Heinichen aus Lechenich heute ihre Diamanthochzeit feiern, denken sie auch an ihre abenteuerliche Flucht aus der DDR zurück. Ende der 50er-Jahre lernten sie sich bei einem Konzert kennen. Sie studierte an der Ingenieurschule in Apolda, er an der TU in Magdeburg. Praktika in Betrieben zeigten ihnen schon früh, dass es um die DDR nicht gut bestellt war. Sie wollten das Land nach ihrem Studium verlassen.

„Allerdings erhielt man nach dem Abschluss an der TU keine Zeugnisse überreicht. Die wurden an die Betriebe geschickt, in denen man angestellt wurde, um die Flucht in den Westen zu erschweren“, sagt Peter Heinichen. Aber er schaffte es, einmal seine Diplom-Urkunde in die Hand zu bekommen, „um sie seinen Eltern zeigen zu können“, wie er angab. Das war an einem Samstag. Und seine Chance, damit bis Sonntagabend nach Westberlin zu kommen.

Diplom-Urkunde im Koffer eingenäht

Um bei den Kontrollen der Volkspolizei in den Zügen nicht aufzufallen, hatte seine Mutter die Urkunde in einen kleinen Koffer eingenäht. Von Westberlin ging es nach Hannover, er fand eine Stelle bei einem Energieunternehmen. Seine Freundin sollte nachkommen. Aber dann kam am 13. August 1961 der Mauerbau in Berlin, sie war in der DDR, er in der Bundesrepublik. Zunächst erschien alles hoffnungslos.

Doch in ihnen reifte der Gedanke, eine Flucht von Ungarn nach Österreich zu versuchen. Um Pläne zu machen, trafen sie sich zunächst in Rumänien, denn dort konnten DDR-Bürger Urlaub machen. Zurück in Westdeutschland, kaufte sich Peter Heinichen einen Opel Kapitän, um im hinteren Teil des Wagens ein Versteck für seine Freundin einzubauen. Sie ergatterte eine Reise nach Budapest, wo er jederzeit hinfahren konnte.

Ein Paar in Brautkleid und Anzug steht auf einer Treppe.

1963 haben die beiden geheiratet.

Das Versteck probierten sie in einem Wald aus. „Plötzlich erschienen Soldaten, wir bekamen ein Schreck, merkten dann aber, dass wir in ein Manöver geraten waren“, erzählt der Jubilar. „Doch die Frage blieb, ob die Stasi die Fluchtplanung mitbekommen hatte oder nicht?“ Zudem hatte er vor der Reise nach Ungarn eine Frau kennengelernt, die ihre Brieffreundin in Budapest besuchen wollte und er sie mitnahm.

Das erwies sich später als hilfreich, sie stand dem jungen Paar am Fluchttag bei. Sie wickelte sich auf der Rückbank einen Fuß ein, um an der Grenze zu zeigen, dass sie nicht laufen konnte. Unterdessen bangte Ursula Heinichen im Autoversteck. „An der Grenze waren die Kontrolleure gerade damit beschäftigt, einen kleinen Fiat auseinander zu nehmen, alles lag auf der Straße“, erinnert Heinichen sich.

Deshalb sei ihre Abfertigung schnell über die Bühne gegangen. „Wir hatten es geschafft.“ Am 30. Juli 1963 gaben sich die beiden das Jawort. Es folgten viereinhalb spannende Jahre in der Karibik mit Reisen durch Mittel-, Süd- und Nordamerika, denn von seiner Firma war Peter Heinichen nach Curaçao versetzt worden. Danach bot sich für ihn eine berufliche Perspektive im Rheinland.

Freude an den fünf Enkeln

Das Paar fasste in Lechenich Fuß. Hier wurden auch die Zwillinge, zwei Jungen, geboren. Als die Kinder in die Schule kamen, begann Ursula Heinichen als Ingenieurin in der Keramischen Industrie in Bonn zu arbeiten und unterrichte danach an der Glasfachschule in Rheinbach. Zu Hause richtete sie sich eine kleine keramische Werkstatt ein und nahm später ein Seniorenstudium der Geologie auf.

Währenddessen vertiefte ihr Mann sein Klavierspiel und studierte evangelische Kirchenmusik an der Kölner Musikschule. Aushilfsweise begleitete er Gottesdienste. Ursula und Peter Heinichen sind zufrieden. „Beide Jungen sind Diplomingenieure und haben auch eine Familie.“ An den fünf Enkeln hätten sie viel Freude, und sie reisten noch immer gern.