Hitzige RatssitzungErftstadt hält nach Debatte um Offizier an Partnerstadt in der Ukraine fest

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Ein Fußballstadion aus der Luft gesehen.

Die Benennung des Stadions in Ternopil nach einem Faschisten beschäftigte den Stadtrat Erftstadts.

Die Erftstädter Partnerschaft mit dem ukrainischen Termopil bleibt bestehen, obwohl die Benennung des Stadions in der Stadt nach einem Faschisten umstritten ist.

Es könnte eine Diskussion sein, bei der es kein Richtig oder Falsch gibt. Erftstadt hatte im Februar 2023 eine Städtepartnerschaft mit der ukrainischen Stadt Ternopil geschlossen. In der jetzigen politischen Lage war das ein allseits begrüßter Schritt. Dann aber gab es einen erheblichen Einwand: Das Stadion der Stadt war nach Roman Schuchewytsch benannt worden.

Schuchewytsch war ein ukrainischer Politiker und Offizier, Befehlshaber der Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA). 2007 hatte ihm der damalige Präsident Wiktor Juschtschenko den Orden „Held der Ukraine“ verliehen, der ihm allerdings 2011 wieder aberkannt wurde. Er ist bis heute umstritten. Er habe mit den Nazi-Besatzern zusammengearbeitet, sagen die einen.

Roman Schuchewytschs Zusammenarbeit mit den damaligen deutschen Behörden war erzwungen
Serhii Nadal, Bürgermeister von Ternopil

Damit konfrontiert, äußerte sich der Bürgermeister von Ternopil, Serhii Nadal, in einem Schreiben an seine Erftstädter Amtskollegin Carolin Weitzel: „Roman Schuchewytschs Zusammenarbeit mit den damaligen deutschen Behörden war erzwungen und beruhte auf deren Versprechen, die Unabhängigkeit der Ukraine anzuerkennen, die zu dieser Zeit sowohl unter sowjetischer als auch unter deutscher Besatzung stand.“

In der Erftstädter Ratssitzung am Dienstag kam es zu erheblichen Auseinandersetzungen zwischen den Fraktionen. Die Linkspartei hatte den Antrag gestellt, die Städtepartnerschaft aufzukündigen. In dem Antrag heißt es, Schuchewytsch habe „Morde befohlen und die ethnische Säuberung der Westukraine mitkoordiniert.“

Unterschiedliche Meinungen in den Fraktionen im Rat Erftstadts

Die Fraktion Aufbruch'22 unterstützte diese Argumentation: „Eine Partnerschaft mit einer Stadt, die heute noch Personen ehrt, die an grausamen Verbrechen der SS im Zweiten Weltkrieg beteiligt waren, lehnen wir ab.“ Allerdings hält man eine Begegnung auf der Ebene der Bürger, beispielsweise im Rahmen von Schüleraustauschprogrammen, für sinnvoll.

Die übrigen Fraktionen sind anderer Meinung. SPD-Fraktionsvorsitzender Axel Busch konzedierte zwar, wenn man beim Abschluss der Städtepartnerschaft mit Ternopil von den Vorgängen rund um die Stadionbenennung gewusst hätte, hätte man sich für eine andere Stadt entschieden. Jetzt aber solle man die Partnerschaft aufrechterhalten, wie es auch die Partnerstadt Jelenia Góra in Polen entschieden habe.

Stephanie Bethmann, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, empfindet das Schreiben des Bürgermeisters von Ternopil auch als problematisch. Allerdings gibt sie zu bedenken, dass generationsübergreifende Traumata sich nur in einer Atmosphäre gegenseitigen Respekts auflösen ließen. Auch die CDU setzte sich für eine Fortsetzung der Partnerschaft ein.

Bürgermeisterin Carolin Weitzel verweist auf den Aufruf von Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, Städtepartnerschaften einzugehen, dies trage zur gegenseitigen Aufklärung bei. Man könne außerdem bei offiziell besiegelten Partnerschaften Austausche besser organisieren, nicht zuletzt, weil dann finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung stünden. Das Abstimmungsergebnis sah so aus: Linke und Aufbruch'22 stimmten für die Kündigung der Partnerschaft, alle übrigen Fraktionen dagegen. Damit bleibt die Städtepartnerschaft zwischen Erftstadt und Ternopil bestehen.

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