Die Eigentümer von Schloss Gymnich gaben einer Seniorengruppe seltene Einblicke und sprachen über ihre Pläne für das Schloss.
Schloss GymnichWo schon die Queen und der Kanzler in Erftstadt empfangen wurden

Über die Zugbrücke kam man früher zum Eingang.
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„Warum in die Ferne schweifen“, dachte sich Wilfried Breuer vom Seniorenbeirat in Gymnich, als die Leiterin der Tagespflege Moselstraße ihn nach einem interessanten Ausflugsziel fragte.
„Mir fiel direkt unser Schloss ein“, erinnert sich Breuer und griff zum Telefon. Große Überzeugungsarbeit musste er bei den Schlosseigentümern Katharina und Gerd Overlack dann gar nicht leisten. Es sei ihnen sogar eine Ehre, die Senioren aus Gymnich zu einer ganz besonderen Führung in ihrem Schloss begrüßen zu dürfen.
Erftstadt: Schloss Gymnich hatte Geheimtür für den Kanzler
Dass die Gruppe am Ende mit über 30 Personen allerdings so groß wurde, hätten auch die Eheleute Overlack nicht für möglich gehalten. Spontan teilten sie die Gesellschaft dann aber einfach in zwei Einheiten, und sowohl Katharina Overlack als auch ihr Mann übernahmen jeweils die Führung einer Gruppe.
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„Hier haben wir die Konfirmation unserer Tochter gefeiert“, erinnerte sich eine der Besucherinnen. „Ja, richtig, 2003 war hier ja eine Gastronomie, wir haben hier schon mit Freunden gesessen und gut gegessen“, wusste eine andere Besucherin. Beeindruckt schüttelte eine 85-Jährige den Kopf. „Ich bin in Gymnich groß geworden und heute bin ich nun das allererste Mal in unserem Schloss“, sagte sie.

Im Spiegelzimmer kann man imposante Eindrücke gewinnen.
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Ein auffälliges Detail sind diese Stuhlverzierungen.
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Imposante Eindrücke gab es viele zu gewinnen. „Setzen Sie sich ruhig hier in die Stühle“, motivierte die Schlossherrin ihre Gäste, als sie ins Spiegelzimmer traten. In diesen Stühlen und an diesem Tisch hätten auch schon Außenminister Hans-Dietrich Genscher und Bundeskanzler Helmut Kohl gesessen. „Für den Bundeskanzler wurde damals hier im Schloss sogar eine Geheimtüre eingebaut – damit er bei Gefahr auf kürzestem Wege aus dem Schloss geführt werden konnte“, erzählte Katharina Overlack.

Die Besucher hatten auch die Gelegenheit, sich im Treppenhaus von Schloss Gymnich umzusehen. Früher wurden dort hochkarätige Gäste aus der Politik empfangen.
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Dicke Bücher könnte sie mit Geschichten füllen, die untrennbar mit dem Schloss in Verbindung stehen. „Hier im Treppenhaus wurden die Gäste empfangen und im Eichenzimmer haben die geheimen Gespräche stattgefunden“, berichtete sie. Dort hätten sich 1989 auch der ungarische Staatschef und der deutsche Außenminister getroffen und beschlossen, die Grenzen zu öffnen.
Schloss Gymnich: Der amerikanische Präsident und die Queen waren schon zu Gast
Bis zum Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin war Schloss Gymnich das Gästehaus für die Staatsgäste. „Und wir von der Freiwilligen Feuerwehr in Gymnich haben dann immer die Brandsicherheitswache gestellt“, erzählte Wilfried Breuer. Tag und Nacht hätten sie dann immer auf die Gäste aufgepasst – auf den amerikanischen Präsidenten etwa oder auf die Queen. Doch gesehen haben die Feuerwehrleute die Staatsgäste selten.

Die Organisatoren und die Gastgeber.
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Manchmal konnten die Gymnicher beobachten, wie lange schwarze Limousinen mit verdunkelten und verspiegelten Scheiben durch den Ort zum Schloss sausten. Doch viel öfter kamen die Staatsgäste durch die Luft. „Und wenn die Hubschrauber hier im Schlosspark gestartet und gelandet sind, hatten wir von der Freiwilligen Feuerwehr unsere Löschgeräte quasi am Anschlag“, erklärte Breuer.
Erftstadt: Schloss war Wohnsitz der Kelly-Family – Neue Besitzer planen kleines Café
Unvergessen bleibt ihm der Besuch eines russischen Staatschefs, der über Christi Himmelfahrt im Schloss gastierte. „Da sollte damals sogar der Gymnicher Ritt verschoben werden“, erzählte er. Doch das hätten sich die Gymnicher nicht gefallen lassen. „Da haben wir alle richtig protestiert“, so Breuer. Am Ende fand der Gymnicher Ritt statt, und für den russischen Staatschef wurde eine neue Anfahrtsroute gesucht und gefunden.
„Dieses Schloss hat eine sehr interessante und abwechslungsreiche Geschichte“, erklärte Gerd Overlack. Als die Kelly-Family zum Beispiel im Schloss wohnte, hätten die Fans teils sogar ganz in der Nähe des Schlosses auf der Straße campiert.
Die Eheleute Overlack haben das Schloss 2012 bei einer Zwangsversteigerung erworben und seitdem liebevoll renoviert. Sie überlegen, wenigstens einen Teil des Schlosses als eine Art Museum für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Noch sind auch die Pläne nicht vom Tisch, das Schloss als Hotel mit Gastronomie auszubauen. Ein kleines Café in einem etwas abseits des Schlosses stehenden Gebäude ist bereits in der Planung.
„Der Bauantrag ist eingereicht – wir warten auf die Genehmigung“, sagte Katharina Overlack. Dann deutet sie auf eine alte Linde, die vor dem Schloss steht. Als dort vor Jahren der Blitz einschlug, habe sich keiner um den zerborstenen Baum gekümmert. „Und irgendwann ist er dann einfach wieder ausgeschlagen“, erzählte Katharina Overlack. Heute sei der Baum wegen seines kurzen Stamms und seiner gewaltigen, quasi aus dem Boden wachsenden Krone ein richtiges Kuriosum.