Politiker üben heftige Kritik an der Informationspolitik der Verwaltung, die die Absage trotz Nachfragen nicht an sie weitergab.
GeflüchteteStadt Frechen bestätigt das Aus für die ZUE in Königsdorf

Auf dem Gelände des ehemaligen Gartenbaugeländes wollte das Land NRW eine ZUE errichten, die Pläne wurden nun aufgegeben.
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Die geplante Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes in Königsdorf wird nicht gebaut. Sie war für bis zu 300 Geflüchtete gedacht und sollte nach den letzten Planungen im Spätsommer 2027 bezogen werden. Das Aus hatte der Frechener CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Okos am Donnerstagmittag mitgeteilt – mehrere Stunden später bestätigte die Stadt auf Anfrage dieser Zeitung das Ende. Als Gründe zitierte die Verwaltung fehlende finanzielle Mittel des Landes sowie rückläufige Zahlen von Geflüchteten.
Wir bedauern sehr, dass es nun so gekommen ist, wir fühlen uns vom Land im Stich gelassen
„Wir bedauern sehr, dass es nun so gekommen ist, wir fühlen uns vom Land im Stich gelassen“, äußerte sich Bürgermeisterin Susanne Stupp. Die Diskussionen rund um die ZUE hätten die Stadtgesellschaft gespalten, doch Verwaltung und Politik hätten stets hinter dem Vorhaben gestanden. „In den vergangenen zwölf Monaten haben Verwaltung und Politik alles vorbereitet, es wurde viel Arbeit, Zeit und Geld investiert — und jetzt ist all das Engagement ohne Ergebnis geblieben“, resümierte sie. Der Beigeordnete Andreas Pöttgen betonte, die Stadt habe alle Schritte transparent und verantwortungsvoll begleitet. „Dass nun alles abgesagt wird, ist enttäuschend“, urteilte er.
Frechen: Stadt kaufte für 2,2 Millionen Euro das Gelände des Gartenbaubetriebs in Königsdorf
Die Stadt hatte für rund 2,2 Millionen Euro Ende 2024 das Gelände des Gartenbaubetriebs Zirener gekauft – rund zehn Prozent sollten an das Land verpachtet werden, der Rest als Ausgleichsfläche für Bauprojekte dienen. Ursprünglich sollte die ZUE schon in diesem Sommer bezogen werden. Der Prozess verzögerte sich jedoch , auch weil laut Bezirksregierung ein Artenschutzgutachten weitere Untersuchungen nötig machte. Naturschützer hatten stetig kritisiert, dass der geplante Bau in unmittelbarer Nähe zu einem rechtlich besonders geschützten Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) liege. Auch auf eine Waldbrandgefahr wurde hingewiesen.
Das durch den zuständigen Beigeordneten auf meine explizite Frage eine falsche Information gegeben wurde, ist für uns nicht nachvollziehbar!
Okos kritisierte, dass die Stadt bereits am vergangenen Montag, 29. September, über das Aus informiert worden sei, aber der Rat in seiner Sitzung am darauffolgenden Dienstag nicht in Kenntnis gesetzt worden sei – trotz Nachfragen. Auf der letzten Sitzung des alten Rates stand die Flüchtlingsunterbringung turnusmäßig auf der Tagesordnung. Dort war laut Verwaltungsvorlage die ZUE mit 300 Plätzen noch geplant. Auch auf eine Frage der CDU hatte Pöttgen die Eröffnung in den Folgejahren in Aussicht gestellt.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Okos teilte mit, dass das Land NRW die Pläne zur ZUE in Königsdorf nicht weiter verfolge.
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„Das durch den zuständigen Beigeordneten auf meine explizite Frage eine falsche Information gegeben wurde, ist für uns nicht nachvollziehbar! Es wurde auch nicht die Möglichkeit genutzt, die Beantwortung in den nicht öffentlichen Bereich zu schieben und dort einen Hinweis auf die anstehende Änderung zu geben. Dieses Informationsverhalten darf von der Politik so nicht akzeptiert werden“, empörte sich Karla Palussek, CDU-Fraktionsvorsitzende.
Politiker äußern sich entrüstet
Der Vorgang stößt auch bei anderen Parteien auf heftige Kritik. Dieter Zander, Fraktionsvorsitzender der Perspektive für Frechen, beklagte: „Sehr überrascht, ja ehrlich gesagt total verärgert, bin ich über die Informationspolitik seitens der Verwaltung. Weder in der vormittäglichen Sitzung des Ältestenrates, noch in der Ratssitzung sind die Fraktionen darüber verständigt worden. Das ist schlichtweg ein Affront! Noch unverständlicher ist die verwaltungsseitige Aussage, dass es keinen neuen Sachstand geben würde. Ich bin sehr gespannt, wie der zuständige Beigeordnete diese Vorgehensweise kommentieren und begründen wird. So kann man mit den Mandatsträgern nicht umgehen!“
Das Scheitern der ZUE hinterlässt einen Scherbenhaufen in vielerlei Hinsicht. Zurück bleibt eine Stadtgesellschaft, die durch widersprüchliche Kommunikation erheblich irritiert ist
Auch Angela Lindemann-Berk, Fraktionsvorsitzende der FDP, ist entrüstet: „Wir wussten gar nichts, überhaupt nichts. Und es fehlt mir auch jegliches Verständnis, dass man in derselben Angelegenheit gleich zweimal einen Totalausfall in Sachen verantwortlicher/geschuldeter Kommunikation hinlegt, die Stadt spaltet und an der Politik vorbei agiert.“
Zoey Giegler, die Fraktionsvorsitzende der Linken, die im neuen Stadtrat mit zwei Sitzen vertreten sind, kritisierte: „Die Informationspolitik der Stadtverwaltung und der Bürgermeisterin in diesem gesamten Prozess war inakzeptabel. Anstatt einen transparenten Dialog über die gemeinsame Verantwortung bei der Aufnahme von Geflüchteten zu führen, entstand eine Atmosphäre der Geheimhaltung.“
Verwaltung wollte interne Konzepte vorbereiten
Die Verwaltung erklärte, nach der Absage sei eine Frist von 14 Tagen eingeräumt worden, um interne Konzepte vorzubereiten, die anschließend der Öffentlichkeit und der Politik kommuniziert werden sollten. „Durch die frühzeitige öffentliche Mitteilung wurde dieser geplante Ablauf jedoch vorweggenommen“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.
Der designierte SPD-Bürgermeister Uwe Tietz urteilte, er nehme die Situation mit großer Sorge zur Kenntnis: „Das Scheitern der ZUE hinterlässt einen Scherbenhaufen in vielerlei Hinsicht. Zurück bleibt eine Stadtgesellschaft, die durch widersprüchliche Kommunikation erheblich irritiert ist. Die Absage ist für unsere Stadt ein herber Rückschlag, der uns vor große Herausforderungen stellt.“