Freue dich, o NachhaltigkeitDieser Tannenbaum vor dem Kreishaus kostete 10.000 Euro

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Ein Lichtblick mit Nadeln und Wurzeln für 10.000 Euro.

Bergheim – O Tannenbaum! Und was für einer! Sozusagen ein Baum von einem Baum! Da steht er jetzt, stramme acht Meter hoch, eine Nordmanntanne, fast verschwindet das gesamte Kreishaus dahinter. Okay, das ist natürlich übertrieben. Aber geschmückt in leuchtende Lichterketten soll der Baum „Licht in diese dunkle Zeit“ bringen und „ein Zeichen der Hoffnung und der Orientierung“ sein. Sagt der Landrat.

Frank Rock muss es wissen, immerhin hat er das gute Stück bestellt und sich was dabei gedacht. Mit ganz viel gutem Willen. Wegen Corona und so. „Lang und dunkel“ seien die Nächte, sagt der Landrat. Da mache sich mancher Sorgen in Zeiten der Pandemie. Finanzielle Sorgen zum Beispiel. Existenzielle gar. Vielleicht droht Arbeitslosigkeit. Oder die Pleite des Geschäfts. Da darf so ein Zeichen der Hoffnung in Form eines Baumes auch gern mal 10.000 Euro kosten. Und außerdem ist es ja so, dass ... Moment. Stand da gerade 10.000 Euro? Für einen Weihnachtsbaum? Ernsthaft? Tatsächlich. Da steht es, schwarz auf weiß. „Aufgerundet“, heißt es im Kreishaus. Nicht ganz fünfstellig. Aber fast. Holla die Waldfee. Steuergeld. Von den Leuten, die sich gerade um die Zukunft sorgen. Kann man mal machen. Muss man natürlich nicht.

Geschenkt. Denn außerdem ist es ja so, dass die stattliche Tanne nach dem Fest nicht entsorgt wird. Von wegen. Die soll Wurzeln treiben. „Jedes Jahr einen neuen Baum zu schlagen und für nur wenige Wochen aufzustellen, hätte unserem Verständnis von Nachhaltigkeit widersprochen“, sagt der Landrat. „Wir setzen stattdessen auf eine dauerhafte Anpflanzung und tun damit nebenbei auch noch etwas für das Klima.“ Na also! Hat ja doch was Gutes! Und dafür kann man so einen Baum denn auch mal aus dem Emsland kommen lassen. Fürs Klima und die gute Sache.

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Augenblick mal! Stand da gerade Emsland? Emsland? Nicht: aus den heimischen Wäldern? Im Ernst jetzt? Nee, oder? Tatsächlich. Emsland. Ausgegraben. 260 Kilometer über die Autobahn. Eingepflanzt. Holla die Waldfee zum Zweiten. Apropos Waldfee. Wo ist die eigentlich, wenn man sie mal braucht? Sie könnte so viel erzählen aus den Wäldern und von Bäumen. Zum Beispiel darüber, wie es die Stadt Brühl mit den Weihnachtsbäumen handhabt. Die fragt jedes Jahr ihre Bürger, ob sie eine bis zu zehn Meter hohe Tanne vielleicht ohnehin gerade aus dem Garten entfernen lassen wollen. So aus Sicherheitsgründen zum Beispiel. Nur aus Brühler Stadtgebiet. Kostet fast nix. Schadet der Umwelt nicht wirklich. Feine Sache. Die Waldfee könnte den Landrat aber auch an eine schöne Aktion des Kreises erinnern. „Lasst Bäume in den Himmel wachsen“ heißt die. Klein pflanzen. Beim Großwerden zugucken. Kostet auch fast nix. Und ist so richtig nachhaltig. O Tannenbaum.

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