Tagebau HambachDieses Geisterdorf ist nun Zukunftsort

Lesezeit 3 Minuten
Nur noch etwa 30 Morschenicher wohnen in ihrem Heimatort. Jetzt soll der Ort als Zukunftsort entwickelt werden.

Nur noch etwa 30 Morschenicher wohnen in ihrem Heimatort. Jetzt soll der Ort als Zukunftsort entwickelt werden.

Merzenich-Morschenich – Für die einen ist es als Forschungsstätte eine Fundgrube historischer Dorfstruktur. Für die anderen ist es als ihre alte Heimat nur eine leere Hülle, die so schnell wie möglich verschwinden sollte. Unterschiedliche Meinungen gibt es darüber, was mit dem schon fast vollständig umgesiedelten Morschenich am Tagebau Hambach geschehen soll.

Jetzt wurden von Merzenichs Bürgermeister Georg Gelhausen, Ortsvorsteher Michael Dohmes und Andrea Pufke vom LVR-Denkmalamt im Beisein von Alexandra Renz vom NRW-Wirtschaftsministerium schon mal die Ortsschilder ausgetauscht. Der Ort heißt nun „Morschenich-Alt“ mit dem Zusatz „Ort der Zukunft“.

„Wir stehen am Anfang“

Welche Zukunft dem Geisterdorf, in dem neben Zwischenvermietungen noch etwa 30 von einst etwa 500 Einwohnern leben, beschieden sein wird, ist noch nicht klar. „Wir stehen am Anfang,“, sagte Gelhausen. Er erinnerte daran, dass die Entwicklung des Ortes, der seit 2009 nach Neu-Morschenich umgesiedelt wird, eine besondere Qualität erfahren soll. So steht es in der Leitentscheidung zum Kohleausstieg. Das Dorf wird nun doch nicht abgebaggert. „Das war schon ein Schlag ins Gesicht, dass die Umsiedlung eigentlich umsonst war“, sagt Dohmes.

Alles zum Thema RWE

Pufke, Gelhausen und Dohmes (v.r.) mit altem und neuen Ortsschild. Links davon Protestler mit ihrem Greenwashing-Schild.

Pufke, Gelhausen und Dohmes (v.r.) mit altem und neuen Ortsschild. Links davon Protestler mit ihrem Greenwashing-Schild.

Das von zwei Achsen durchzogene Straßendorf mit vielen Bauernhöfen ist für die Denkmalpfleger des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) einzigartig. Da seit 50 Jahren feststand, dass der Ort abgebaggert würde, beeinträchtigen keine Neubaugebiete das Bild. „Im Ort lassen sich viele Zeitschichten ablesen“, so Pufke. Etwa ein Jahr lang werden LVR-Mitarbeiter sich das Ortsbild und einzelne Häuser genauer anschauen. „Man könnte beispielhaft überlegen, wie die alten Gebäude energetisch saniert werden können“, ist eine erste Idee der Denkmalschützerin. Dabei seien auch weniger schützenswerte Gebäude aufschlussreich.

Eine Hand voll Braunkohlegegner nutzte den Termin im Dorf und drängten sich mit aufs Bild. Sie bezeichneten die Pläne als „Greenwashing“, als Schönfärberei, „solange RWE auf der anderen Seite noch Kohle abbaut. Das muss sofort enden.“ Renz, die nicht mit auf das Bild wollte, forderte dazu auf, die Diskussion über den Kohleausstieg nicht mit der Entwicklung im Ort zu vermengen.

Kein Museumsdorf

Gelhausen sicherte zu, dass die Entwicklung „transparent“ gehalten werde und die Planer „mit Sensibilität“ mit der Heimat der Morschenicher umgehen. Es solle kein Museumsdorf entstehen, sondern „im Prozess eine lebendige Zukunft mit Lern- und Entwicklungsraum“. Eng beteiligt an einer guten Zukunft sei RWE Power als Besitzer des Dorfes, in dem schon viele Häuser abgebrochen wurden.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der umgesiedelte Ort soll bald auf den Zusatz „Neu“ verzichten dürfen. Und auch Morschenich-Alt soll es nicht auf Dauer geben. „Der Ort soll einen neuen Namen bekommen. Ich hatte 'Bürgewald' vorgeschlagen, aber das muss noch diskutiert werden“, sagte Gelhausen.

KStA abonnieren