„Das Herz blutet“Hürther Karnevalisten sagen alle Sitzungen ab

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Zum Sessionsauftakt wurde im Bürgerhaus noch gefeiert, hier bei der Proklamation der Prinzessin aus Fischenich.

Zum Sessionsauftakt wurde im Bürgerhaus noch gefeiert, hier bei der Proklamation der Prinzessin aus Fischenich.

Hürth – Den Hürther Jecken steht eine weitere traurige Session bevor: Die großen Traditionsgesellschaften haben ihre Saalveranstaltungen für Januar und Februar abgesagt. Weder im Bürgerhaus noch im Feierabendhaus Knapsack noch in der Festhalle in Gleuel wird im neuen Jahr gefeiert, gesungen und geschunkelt. Die 1. Efferener KG baut ihr große Festzelt schon wieder ab, bevor es richtig stand.

Offiziell untersagt sind Karnevalssitzungen, Partys und Bälle nicht. Die Landesregierung hatte sich aber Mitte Dezember angesichts der Corona-Infektionszahlen und der Verbreitung der Omikron-Variante mit Vertretern des organisierten Karnevals darauf verständigt, dass auf Saalveranstaltungen verzichtet werden soll. Bei freiwilliger Absage stellte das Land Unterstützung aus dem Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen und aus dem NRW-Programm „Neustart miteinander“ in Aussicht.

Hürther Karnevalist spricht von einem drohenden Fiasko

„Wir haben schweren Herzens alle Veranstaltungen abgesagt“, sagt Karl Zylajew, Geschäftsführer der Prinzengarde Rot-Weiß Hürth. Fünfmal wollten die Karnevalisten aus Alt-Hürth im neuen Jahr im Bürgerhaus feiern. Doch die Situation sei zu unsicher, die Gesundheit habe Vorrang. „Wir hätten das nicht verantworten können“, so Zylajew.

Auch wirtschaftlich hätte der Prinzengarde ein „Fiasko“ gedroht, ergänzt der Geschäftsführer. Denn das Programm sei nur mit vollem Saal zu finanzieren. Der Kartenverkauf sei schleppend gelaufen. Zylajew: „Man merkt, dass die Leute verunsichert sind.“ Die KG will nun Mittel aus dem Sonderfonds beantragen. Zylajew: „Die Künstler bekommen dann ihre Gage.“

Funken aus Gleuel kritisieren „schwammige Regelungen"

Auf den Fonds setzt auch Frank Tesch, Vorsitzender der Funken Rot-Weiß Gleuel. Damen-, Herren- und Kostümsitzung sind abgesagt, auch die Kinderproklamation fällt aus. Noch nicht abgesagt haben die Gleueler Funken die Partys am Karnevalssamstag und Rosenmontag in der Festhalle, doch Tesch glaubt nicht, dass sie tatsächlich stattfinden werden. Der Karnevalist kritisiert die „schwammigen Regelungen“. Tesch: „Wenn man uns klar gesagt hätte, dass alles abgesagt werden muss, hätten wir damit umgehen können. So aber stehen wir mit dem Rücken zur Wand.“ Von der Stadt hätte sich Tesch „mehr Unterstützung“ gewünscht.

Auch Norbert Matt, Vorsitzender und Präsident der 1. Efferener KG, beklagt sich über den Zickzackkurs. „Im August hieß es noch, dass wir auf keinen Fall selbst absagen dürfen, wenn wir uns für den Hilfsfonds anmelden“, sagt der 69-Jährige. Jetzt habe man die Verantwortung einfach an die Vereine weitergereicht. „Bis vergangene Woche bin ich noch davon ausgegangen, dass unsere Sitzungen mit Hygienekonzept, reduzierter Platzzahl und 2G-Plus stattfinden können“, so Matt. 6000 der knapp 7400 Karten für die sieben Prunk-, Damen- und Herrensitzungen im Festzelt an der Leyboldstraße seien verkauft gewesen. Die Situation sei für die Gesellschaften in der neuen Session schlimmer als vor einem Jahr. Matt: „Damals wussten wir wenigstens frühzeitig Bescheid.“

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„Das karnevalistische Herz blutet“, sagt Thomas Georg, Vorsitzender und Präsident der Großen Knapsacker KG (GKKG), nach dem Vorstandsbeschluss in dieser Woche, alle fünf Sitzungen im Feierabendhaus abzusagen. Auch er kritisiert, dass sich Bundes- und Landesregierung vor einer klaren Ansage zur Absage von Veranstaltungen gedrückt hätten. „Wir stehen im Regen“, so Georg. Die Verunsicherung der Jecken habe auch die GKKG gespürt. „Wir haben seit 20 Jahren jede Sitzung ausverkauft“, berichtet der Präsident. „Dieses Jahr war es schwierig, alle Karten an den Mann und an die Frau zu bringen.“ Die GKKG könne froh sein, dass sie bei der Beantragung von Mitteln aus dem Kulturfonds gut beraten werde. „Viele kleine Vereine werden das ohne professionelle Unterstützung nicht überleben“, fürchtet Georg.

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