HürthNach mehr als 50 Jahren als Sankt Martin ist jetzt Schluss für Rudolf Knapstein

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Blank poliert wie immer ist der Helm der römischen Offiziersuniform. Doch Rudolf Knapstein setzt ihn nicht mehr auf.

Blank poliert wie immer ist der Helm der römischen Offiziersuniform. Doch Rudolf Knapstein setzt ihn nicht mehr auf.

Hürth – Für den wohl dienstältesten Sankt Martin aus dem Rhein-Erft-Kreis ist der heutige 11.11. ein trauriger Tag: Erstmals seit mehr als fünf Jahrzehnten wird Rudolf Knapstein am Martinstag weder das Gewand überstreifen noch den Helm eines römischen Offiziers aufsetzen, um in der Rolle des heiligen Mannes für leuchtende Kinderaugen zu sorgen.

Vom Pferd musste der inzwischen 88-jährige frühere Zahnarzt aus Hermülheim nach einem Herzinfarkt bereits im vergangenen Jahr absteigen. Nun kann er wegen der Corona-Pandemie auch nicht mehr auf Schusters Rappen mit den Kindergärten durch die Altenheime ziehen.

Alt-Hürth: Keine guten Erinnerung an den ersten Zug

Im Jahr 1964 ritt Knapstein zum ersten Mal hoch zu Ross dem Martinszug voran, damals noch in Alt-Hürth. Sein Vorgänger konnte wegen eines lädierten Knies nicht mehr aufs Pferd. „Die Ortsgemeinschaft hat jemanden gesucht, der es machen wollte“, erinnerte sich Knapstein. „Und das war dann ich.“

Auf dem Pferd führte der frühere Zahnarzt aus Hermülheim fünf Jahrzehnte lang Martinszüge an.

Auf dem Pferd führte der frühere Zahnarzt aus Hermülheim fünf Jahrzehnte lang Martinszüge an.

An seinen ersten Einsatz im Kostüm, das Ordensschwestern aus dem ehemaligen Kloster in Alt-Hürth genäht hatten, hat Rudolf Knapstein nicht die besten Erinnerungen. „Ich saß wie ein nasser Sack auf dem Pferd und habe gefroren wie ein Schneider.“ Im folgenden Jahr absolvierte er im Urlaub auf der Nordseeinsel Langeoog einen Reitkursus und schloss sich dem Reitverein Birkhof in Brühl an.

Mehr als 50 Mal als Sankt Martin beim Zug

Wie wichtig es ist, als Martin reiten zu können, erfuhr Knapstein in den folgenden Jahren. „Einmal zündete einer am Wegesrand aus Freude eine Rakete“, erinnert er sich. „Da war das Pferd dann weg mit mir.“ Ein anderes Mal versuchte jemand, das Martinsfeuer mit Benzin anzufachen. Eine Stichflamme ließ das Pferd durchgehen, erst hunderte Meter weiter hatte Knapstein es wieder unter Kontrolle. „Pferde sind Fluchttiere“, weiß Knapstein. „Deshalb ist es wichtig, dass man dem Martinszug voran reitet und der Weg frei ist.“

Mehr als 50-mal saß Rudolf Knapstein als Sankt Martin im Sattel; er führte Martinszüge an vielen Schulen und Kitas in Hürth und schließlich auch in Brühl an. Nur einmal, nach einem Schlüsselbeinbruch, musste er pausieren. Da vertrat ihn seine Tochter hoch zu Pferde. „Ich war aber trotzdem dabei und habe die Martinsgeschichte erzählt“, blickt er zurück.

So feiert Rudolf Knapstein in diesem Jahr St. Martin in Hürth

Die Botschaft des heiligen Martin zu vermitteln, ist eine Herzensangelegenheit für den gläubigen Katholiken, der im Pfarrgemeinderat aktiv war und heute noch hin und wieder als Messdiener in St. Joseph in Hermülheim einspringt. Martin stehe für die Caritas, die christliche Nächstenliebe, für das Teilen. „Er hat sich der armen Menschen erbarmt und wollte dafür weder Lohn noch Ehre.“

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Zum Martinstag hat Rudolf Knapstein seinen Vorgarten mit Lampions geschmückt. Vor seinem Haus an der Nibelungenstraße steht eine in Mayener Basalt gehauene Plastik des heiligen Martins, der hoch zu Pferd seinen Mantel mit dem Bettler teilt, geschaffen vom Künstler Wille Wette. Aber in Hermülheim weiß auch so fast jeder, dass dort Sankt Martin wohnt.

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