„Ich hätte tot sein können“Hürther wollen Fahrtauglichkeit für Senioren prüfen lassen

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Michael Grulich wurde bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Sein neues E-Bike wurde dabei zerstört.

Hürth-Hermülheim – „Ich musste das einfach machen, auch um anderen Menschen eine solche Erfahrung zu ersparen“, erklärt Michael Grulich den Grund seiner vor zwei Tagen gestarteten Online-Petition. Darin sammelt der 44-jährige Hürther nun Unterschriften von Menschen, die sich so wie er hinter die Idee stellen, dass künftig Senioren ab dem Renteneintrittsalter eine regelmäßige Fahrtauglichkeitsprüfung ablegen sollen.

Dabei habe er sich bis zum 22. April 2022 darüber eigentlich keine Gedanken gemacht. Doch dieser Freitag sollte alle verändern. Es war gegen 16:55 Uhr, als er mit seinem neuen E-Bike auf der Straße „In den Höhnen“ in Hürth auf dem Radweg beim Überqueren einer Straße von einer 75-Jährigen angefahren und dabei schwer verletzt worden ist. „Dieser Unfall hätte vermieden werden können“, ist Grulich überzeugt. Die Seniorin habe ja fast schon vor dem Fahrradüberweg gestanden. „Ich hatte ja Vorfahrt“, erklärt er. Langsam habe er deswegen auf seinem Bike die Straße überqueren wollen.

Hürther Unfallfahrerin hat sich noch nicht gemeldet

„Und dann hat die Seniorin plötzlich Gas gegeben“, berichtet er. Zu sich gekommen sei er erst, als er auf der Straße lag und viele Menschen um ihn herumgestanden hatten. „Alle wollten mir helfen“, erinnert er sich. Sein Fahrrad hatte sich unter dem Wagen der Seniorin verkeilt. „Sie ist damit noch einige Meter weitergefahren und dann gegen einen Laternenmast“, so Grulich. Immer noch ist er geschockt, wenn er an diesen Unfall denkt. „Ich hätte tot sein können“, sagt er. Zum Glück habe er einen Helm aufgehabt.

Nach der Behandlung am Unfallort sei er im Rettungswagen zur Universitätsklinik nach Köln gebracht worden. Dort seien außer einem Bruch in der Schulter auch ein offener Bruch im rechten großen Zeh und ein normaler Bruch im linken großen Zeh sowie Prellungen und Schürfungen am ganzen Körper festgestellt worden.

„Und mein Arm war ausgekugelt und musste gerichtet werden“, erklärt er. Zwei Tage habe er im Krankenhaus gelegen. Doch bis er wieder zur Arbeit kann, werden wohl noch Wochen vergehen. „Ich kann aber jetzt mit der Reha beginnen“, so Grulich. Und nur wenn die Schulter gut heile, bliebt ihm eine weitere Operation erspart.

Bisher habe sich die Seniorin auch noch nicht bei ihm gemeldet. „Ich weiß nicht, wie es ihr geht“, sagt er.

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Das neue E-Bike von Michael Grulich ist hin.

Auf die Idee der Online-Petition sei er bei einem Gespräch mit einem Polizeibeamten gekommen. Ihn hatte Grulich nämlich nach dem Unfall einmal gefragt, ob es eine Vorschrift für ältere motorisierte Verkehrsteilnehmer gibt, um ihre Fahrtauglichkeit nachzuweisen.

Weil dies nicht der Fall ist, kam Grulich zu dem Schluss: „Es ist jetzt an der Zeit, darüber einmal nachzudenken.“

Dabei denkt der 44-Jährige mitnichten an eine neue Führerscheinprüfung. „Das kann ein Fahrsicherheitstraining oder ein Fahrtauglichkeitstest sein“, erklärt er. Solche Fahrtauglichkeitsprüfungen gebe es ja schon für bestimmte Berufsgruppen. „Warum also nicht auch für Menschen gehobenen Alters?“, fragt er.

Wer trägt die Kosten? „Von den Steuern oder von den Krankenkassen“

Überlegt hat sich Grulich auch schon, wer die Kosten für solche Fahrtauglichkeitsprüfungen oder ein Fahrsicherheitstraining übernehmen sollte: „Eine Möglichkeit wäre es, dass die Tests von den Steuern, oder alternativ von den Krankenkassen bezahlt werden“, so Grulich. Sollte eine Fahruntauglichkeit festgestellt werden, regt er an, den Senioren vergünstigte Tickets für die öffentlichen Verkehrsmittel zu überlassen.

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Beim Automobilclub von Deutschland (ADAC) kocht das Thema seit Jahren immer mal wieder hoch. „Uns als ADAC geht es nicht darum, von Senioren verursachte Unfälle kleinzureden oder die Augen zu verschließen, wenn jemand nicht mehr fahrtauglich ist, sondern respektvoll auch mit älteren Fahrerinnen und Fahrern umzugehen“, erklärt Unternehmenssprecher Thomas Müther.

ADAC hält Fahrprüfungen für Senioren für unverhältnismäßig

Seniorinnen und Senioren seien nicht pauschal ein Sicherheitsrisiko und sie seien auch nicht per se die schlechteren Autofahrerinnen und Autofahrer. Der ADAC Nordrhein hält Forderungen nach gesetzlich verpflichtenden Fahreignungsprüfungen für Senioren nicht für verhältnismäßig.

„Entscheidend für eine unfallfreie Teilnahme am Straßenverkehr ist aus Sicht des ADAC Nordrhein nicht das Lebensalter, sondern der Gesundheitszustand des Fahrers und die erworbene Fahrroutine“, so Müther. Deswegen spreche sich der ADAC dafür aus, dass sich Autofahrer freiwillig und regelmäßig ärztlich untersuchen lassen, das eigene Fahrverhalten kritisch reflektieren und auch ihren Fahrstil anpassen. Zudem mache die freiwillige Teilnahme an einem Fahr-Fitness-Check Sinn.

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