KarnevalIn Hürther Unternehmen stapeln sich Kamelle bis unters Dach

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Ein Mann sitzt mit einem Schokoriegel vor Regalen voller Süßigkeiten.

Firmeninhaber Max Broicher führt den Großhandel in Hürth-Efferen in der zweiten Generation. Süßes isst er gern, aber nur in Maßen.

Max Broicher ist Fachmann für Kamelle. Er erklärt, wie sich die Geschmäcker in den vergangenen Jahren geändert haben.

Nicht mehr lang, dann regnet es wieder Kamelle. Mit vollen Händen werfen die Jecken in den Karnevalszügen die Süßigkeiten. Spätestens, wenn die Kehrmaschinen die Reste des närrischen Treibens beseitigen, zeigt sich, dass sich kaum noch jemand nach einem einzelnen Bonbon bückt. Was aber schnappen sich die Leute besonders gern? Und: Wo bekommt man eigentlich kiloweise Kamelle her? Wir haben jemanden gefragt, der es ganz genau weiß.

Max Broicher ist Geschäftsführer des Süßwarengroßhandels in Hürth-Efferen. Für ein leckeres Kamellchen oder ein Stück Schokolade ist er immer zu haben. Das sei schon früher so gewesen. „Ich wusste aber auch immer sehr dosiert mit den süßen Sachen umzugehen“, sagt er. Schließlich ist Max Broicher gewissermaßen im Schlaraffenland großgeworden.

Ein alter VW-Bus ist mit Kaugummi-Werbung beklebt.

Das Firmenlieferfahrzeug der 60er-Jahre: Der Bulli war an seiner Aufschrift immer gut zu erkennen.

Als gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann hat sein Vater Christian Broicher 1954, vor genau 70 Jahren, den Großhandel für Süßwaren zunächst in Köln aufgebaut. Max Broicher erinnert sich noch gut, dass seine Freunde sich freuten, wenn sie zu ihm zum Spielen kamen und ein paar Süßigkeiten bekamen.

Zu Beginn der 60er-Jahre zog die Familie samt Süßwarengroßhandel nach Hürth-Efferen. „Das ist die Heimat meiner Mutter“, berichtet der Unternehmer. Zu den Kunden gehörten schon damals neben Kiosken und Geschäften auch Vereine und Karnevalsgesellschaften, die sich bei Broicher mit Wurfmaterial für die Karnevalsumzüge eindeckten.

Broicher versorgt auch Schausteller und Weihnachtsmärkte mit Süßem

„Vater hat das Unternehmen mit meiner Mutter und ein oder zwei Angestellten gestemmt“, erinnert Max Broicher sich. Später habe auch er besonders in den arbeitsintensiven Monaten mit angepackt. Schon als Jugendlicher habe er gewusst, dass er das Unternehmen weiterführen wollte. „Und bis heute weiß ich, dass das für mich die richtige Entscheidung war.“ Die Arbeit mache ihm immer noch Spaß.

Seit 1992 führt er den Betrieb und versorgt heute Geschäfte, Kioske, Schausteller und Weihnachtsmärkte mit Süßem. Karnevalsgesellschaften, Vereine und Privatpersonen aus Hürth, Köln und der Umgebung decken sich bei ihm mit Wurfmaterial für die Züge ein. 20 Mitarbeiter hat das Unternehmen heute, viele sind seit Jahrzehnten dabei.

in einem Warenlager rangiert ein Mann mit einem Gabelstapler.

Heute werden die Wurfmaterialien in großen Kartons angeliefert. Zurzeit stapeln die sich im Warenlager bis fast unter die Decke.

Und alle packten mit an, als der Großhandel Anfang des neuen Jahrtausends aus dem Efferener Dreikönigsviertel ins Gewerbegebiet an der Max-Planck-Straße zog. „Hier haben wir etwa dreimal so viel Platz wie am alten Standort“, sagt Broicher. An den Rampen könnten die Lastwagen der Hersteller problemlos vorfahren. In diesen Tagen scheint allerdings sogar die rund 1300 Quadratmeter große Lagerhalle fast zu klein.

Bis unter die Decke stapeln sich Süßigkeiten und herzhafte Snacks in großen Kartons auf Paletten. Gingen bei seinem Vater die süßen Sachen noch kiloweise, allenfalls mal zentnerweise über die Ladentheke, nimmt Max Broicher heutzutage online oder per Telefon durchaus auch Sammelbestellungen an, bei denen in Tonnen gerechnet wird.

Neuerdings sind auch Erdnüsse im Sortiment

„Was das Wurfmaterial für die Karnevalszüge betrifft, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine ganze Menge geändert“, berichtet der Unternehmer. Er erinnere sich noch an die Zeiten, als einfache eingewickelte Bonbons eine Köstlichkeit waren. Auch Schokolade und Pralinen habe sein Vater immer schon für die Karnevalszüge im Angebot gehabt.

„Die hat er bei der Firma Stollwerck im Kölner Süden bestellen können.“ Schon in den 60er-Jahren seien Mäusespeck und in den 70er-Jahren Popcorn in kleinen Beuteln ins Sortiment aufgenommen worden. Salzige Snacks wie Chips und Erdnussflips seien in den 90er-Jahren als Wurfmaterial dazugekommen.

Bonbons, Schokolade, Pralinen und Mäusespeck habe er bis heute im Angebot, auch Popcorn sei nach wie vor beliebt, sowohl bei den Werfenden als auch bei den Fängern am Straßenrand. „Neuerdings haben wir auch Tütchen mit Erdnüssen“, sagt er. Weingummis gebe es in unzähligen Variationen.

„Sogar Lebkuchenherzen mit Alaaf-Grüßen und Clownsgesichtern sind gefragt.“ Beliebt seien auch Kekse und Schoko-Waffeln. Schon länger beobachten Broicher und sein Team, dass zunehmend hochwertige Leckereien bestellt werden, oft Markenartikel von namhaften Herstellern. Zu den Rennern zählten Stofftiere und künstliche Blumen.

Von Kaufzurückhaltung könne keine Rede sein, im Gegenteil. Broicher: „Vielleicht ist es ja noch der Nachholbedarf nach Corona, vielleicht möchten die Karnevalisten die Menschen am Straßenrand aber auch einfach verwöhnen und für ein paar Stunden von allen Problemen ablenken.“

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