„Wir werden Gedenken ermöglichen“Evangelische Gottesdienste in Hürth mal anders

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Auf der Wiese vor der Martin-Luther-Kirche in Hürth-Gleuel wird Pfarrer Jan Ehlert für jeden Verstorbenen aus der Gemeinde in diesem Jahr ein Licht entzünden.

Auf der Wiese vor der Martin-Luther-Kirche in Hürth-Gleuel wird Pfarrer Jan Ehlert für jeden Verstorbenen aus der Gemeinde in diesem Jahr ein Licht entzünden.

Hürth – Mit dem Ewigkeitssonntag endet am Wochenende das evangelische Kirchenjahr. Vor Beginn der Adventszeit gedenken die Gläubigen der Toten. Wegen der Pandemie begeht die Hürther Gemeinde den Totensonntag in diesem Jahr etwas anders als sonst. Darüber sprach Andreas Engels mit Jan Ehlert, Pfarrer an der Martin-Luther-Kirche in Gleuel.

Welche Bedeutung hat der Ewigkeitssonntag?

Ehlert: Der Ewigkeitssonntag oder auch Totensonntag ist in der evangelischen Kirche der Gedenktag für die Verstorbenen. Das ist ein Tag, an dem noch einmal Abschied und Erinnerung im Mittelpunkt stehen und zugleich die Frage danach, wie wir nach dem Verlust eines Menschen zurück in unser Leben finden.

Wie wird der Tag üblicherweise gefeiert?

In Gottesdiensten und Andachten lesen wir die Namen der Verstorbenen des letzten Jahres vor, zünden Kerzen für sie und für uns selbst an. Gemeinsam erinnern wir uns dann an Gottes Versprechen, dass sein Sohn den Tod besiegt hat und dieser ein wenig von seinem Schrecken verloren hat. Denn nach dem Tod geht es weiter. Wir wissen nicht wie, aber es geht weiter für die, die uns verlassen.

Die Pandemie macht größere Versammlungen unmöglich und schränkt auch den Gottesdienst ein. Wie reagieren Sie darauf?

Wir werden unsere Gottesdienste kleiner als üblich an diesem Tag feiern, aber trotzdem das öffentliche Gedenken an die Verstorbenen ermöglichen: Vor unseren drei Kirchen in Hürth werden wir sichtbar Kerzen aufstellen. Für jeden Menschen, der in unserer Gemeinde im vergangenen Jahr verstorben ist, ein Licht mit Namen darauf. Mit einer Andacht zum Mitnehmen kann der Tag dann im Familienkreis begangen werden.

Wie wichtig ist das öffentliche Gedenken für die Bewältigung der persönlichen Trauer?

Trauern ist für viele Menschen etwas sehr Persönliches. Viele empfinden es immer noch so, dass ihr Umfeld, gerade bei längerer Trauer, mit ihren immer wieder aufflammenden, starken Emotionen nicht umgehen kann. Zugleich gibt es das große Bedürfnis, dass der Mensch, der so lange zum eigenen Leben dazugehört hat, nicht vergessen wird, dass er einen Platz im Leben behält. Das öffentliche Gedenken am Ende des Kirchenjahres trägt dazu bei, schafft einen Raum und eine Gelegenheit, noch einmal gemeinsam zu trauern, sich zu erinnern und zu vergewissern, unsere Verstorbenen sind bei Gott gut aufgehoben.

Wegen der Corona-Auflagen waren vor allem im Frühjahr größere Trauerfeiern nicht möglich. Gewinnt die Feier am Ewigkeitssonntag dadurch an Bedeutung?

Viele konnten nicht von den verstorbenen Menschen, die ihnen am Herzen lagen, Abschied nehmen, weil wir nur in sehr kleinem Familienkreis zusammenkommen durften. Das hat geschmerzt. Wir hatten alle gehofft, dass sich die Lage bis zum Ewigkeitssonntag entspannt. Leider hat sich das nicht erfüllt. Mancher wird darum auch jetzt die Möglichkeit verpassen, die eigene Trauer angemessen zu begehen und so vermutlich länger an dem Verlust leiden.

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Welche Angebote macht die evangelische Kirche Trauernden sonst noch?

Wir haben ein breites Netz an Angeboten für Trauernde: In nahezu allen Regionen gibt es Trauercafés, Gesprächskreise und Selbsthilfegruppen für Menschen, die mit ihrer Trauer nicht alleine bleiben möchten. Wer da konkret etwas sucht, empfehle ich trauernetz.de im Internet. Dort sind zahlreiche Angebote und Hinweise verlinkt. Vor Ort sind natürlich die Pfarrerinnen und Pfarrer gerade in diesen Tagen erreichbar.

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