Prozess gestartetKerpenerin drohte mit Amoklauf gegen Schule – sie sieht sich als Mobbingopfer

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Auf dem Foto ist die Hauptschule in Kerpen Horrem zu sehen.

Eine 20-Jährige drohte einen Amoklauf auf die Hauptschule in Kerpen-Horrem an.

Die Verhandlung vor dem Kölner Landgericht läuft auf Sicherungsverwahrung in der Psychiatrie hinaus. Die 20-Jährige leidet an einer Borderline-Störung.

Angst und Schrecken an der Gemeinschaftshauptschule Kerpen-Horrem verbreitete eine ehemalige Schülerin im Oktober und November 2023. Über ihre Konten in Sozialen Medien und mit einem Anruf im Sekretariat kündige die heute 20-Jährige an, Amok laufen zu wollen, in einem Fall kostümiert bei der Karnevalsfeier der Schule. Vor dem Landgericht Köln hat jetzt der Prozess gegen die junge Frau begonnen, die aus der LVR-Klinik Bedburg-Hau vorgeführt wurde.

Die Verhandlung läuft auf Sicherungsverwahrung in einer psychiatrischen Klinik hinaus. Denn wie bereits in der Anklageschrift deutlich wurde, gilt die an einer Borderline-Störung leidende Frau als schuldunfähig. Von ihr geht jedoch Wiederholungsgefahr aus.

Eine Geschichte von Mobbing, Wegsehen, Suizidversuchen und erfolglosen Behandlungen

Die sechs Taten – zu den vier Amokankündigungen kommen eine Bombendrohung gegen die LVR-Klinik Düren und zuletzt eine Brandstiftung – soll sie im Zustand akuter psychotischer Krankheitsschübe begangen haben. Über ihren Verteidiger Markus Heinrichs räumte die Beschuldigte alle Taten vollumfänglich ein.

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Die 26. Große Strafkammer erfuhr eine Geschichte von Mobbing, Wegsehen, mehreren Suizidversuchen und erfolglosen Behandlungen. „Ich wurde angespuckt und geschlagen, die Lehrer haben mich nicht ernstgenommen. Eine Lehrerin hat mich sogar vor der Klasse lächerlich gemacht, und ich musste mir von Mitschülern anhören: ,Wenn ich du wäre, würde ich mich umbringen‘“, erzählte die 20-Jährige.

Immer wieder sei sie zu ihrer ehemaligen Schule zurückgekehrt, um sich mit dem, was ihr dort passiert sei, zu konfrontieren. In der Hoffnung, das Vergangene loslassen zu können. 

Au dem Foto ist die geöffnete Tür zu einem Verhandlungssaal im Kölner Landgericht zu sehen.

Im Kölner Landgericht findet der Prozess gegen die 20-Jährige aus Kerpen statt.

„Die Schüler und die Lehrer sollen genauso leiden wie ich. Die Schule ist schuld an der Tat, die ich machen werde“, drohte sie schließlich sinngemäß in drei Videos auf ihrem TikTok-Account mit „stopptmobbing“ im Namen. Verteidiger Heinrichs gab zu bedenken, dass seine Mandantin die angedrohten Taten tatsächlich nicht hätte ausführen können, da sie sich zu der Zeit in der geschlossenen Psychiatrie befand.

Um ihr Vorhaben, Scheiben an ihrer früheren Schule einzuschlagen, wahr zu machen, täuschte sie in einer E-Mail an die LVR-Klinikleitung vor, eine Bombe in der Einrichtung versteckt zu haben. Sie hoffte, bei einer Evakuierung zu entkommen.

Ihre beste Zeit hatte die Angeklagte in der Obstküche im Phantasialand

„Schrecklich“ seien ihre Erfahrungen in Kindergarten, Grundschule und Hauptschule gewesen. Dagegen sei sie beim Jobben in der Obstküche im Brühler Freizeitpark Phantasialand aufgeblüht. „Dort habe ich die nettesten Leute in meinem Leben getroffen“, berichtete sie. Bis die psychische Erkrankung sie wieder einholte.

Zuletzt zündete sie vor dem Besucherraum in der LVR-Klinik mit einem Streichholz ein Kopfkissen, ein Nachthemd und eine Toilettenpapierrolle an. „Ich wollte, dass das Feuer auf mich überspringt und ich sterbe“, nannte sie ihr Motiv. Seit einem Sprung von einer Eisenbahnbrücke im November 2023 ist sie auf den Rollstuhl angewiesen.

Der Prozess wird am Mittwoch, 15. Mai, mit Zeugenvernehmungen fortgesetzt. Das Urteil soll am Dienstag, 28. Mai, gesprochen werden.

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