RWE braucht sein GrundstückKurt Claßen kämpft um seine Wiese am Hambacher Forst

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Kurt Claßen auf seiner Wiese, die er für 80 Milliarden Euro verkaufen will. 

Kerpen-Buir – Wenn das Bergbauunternehmen RWE auf die Forderungen von Kurt Claßen eingehen würde, wäre der Buirer Steuerberater bald der wohl reichste Mann Deutschlands: 80 Milliarden Euro hat er als Wert für seine 2500 Quadratmeter große Wiese am Hambacher Forst ermittelt, auf der seit rund sechs Jahren Kohlegegner in Hütten, Bauwagen und Erdlöchern leben. RWE braucht die Wiese spätestens im Jahre 2024, falls der Tagebau Hambach planmäßig fortschreitet.

Aber: der Buirer Claßen will dies verhindern und hat deshalb vor Jahren schon das Grundstück erworben.

Jetzt hat ihm die für den Bergbau zuständige Bezirksregierung Arnsberg ein Ultimatum gesetzt: Bis zum 15. Juni solle er mit RWE Verkaufsverhandlungen über das Grundstück beginnen, berichtet Kurt Claßen. Im Schreiben steht: „Eine gütliche Einigung ist dabei erwünscht.“ Andernfalls drohe die Behörde mit einem Grundabtretungsverfahren. Heißt im Klartext: Enteignungsverfahren, auf Antrag von RWE.

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Der Steuerberater gibt sich gesprächsbereit. Den Kaufpreis von 12.500 Euro, den RWE angeboten habe, lehnt er aber ab und fordert statt dessen 80 Milliarden. Seine Argumentation: Das Angebot von RWE basiere auf dem Wert des Grundstücks als Ackerfläche: „Maßgeblich ist aber nicht, welchen Wert das Grundstück für einen landwirtschaftlichen Betrieb hat, sondern welchen Wert es für den Tagebaubetrieb Hambach hat.“

Fünf Milliarden Euro Jahresplus des Tagebaus hat Claßen mit 20 multipliziert, schließlich sei eine Laufzeit von noch 20 Jahren angepeilt. „Als Verhandlungsbasis“, so Claßen, habe er demnach der RWE stolze 80 Milliarden Euro am Telefon mitgeteilt. Danach gerieten eben diese Verhandlungen ins Stocken. Mehr noch: „Seitdem hat sich RWE bei mir nicht mehr gemeldet.“

Sollte es mit dem Verkauf nicht klappen, fürchtet Claßen auch das Enteignungsverfahren nicht. Denn dieses habe keine Chance, gehe es nach Recht und Gesetz, ist er überzeugt. Seiner Ansicht nach ist eine Enteignung nur dann erlaubt, wenn es ein „überwiegendes Gemeinwohlinteresse“ am Tagebau Hambach gebe.

„Die wollen Profit machen“

Claßen bezweifelt dies, verweist etwa auf Stromexporte ins Ausland. Auch ohne den Tagebau würde das Land wirtschaftlich nicht darniederliegen. Es gehe bei der Kohleförderung seiner Meinung nach deshalb eher um die Interessen einer einzelnen Firma. „Die wollen Profit machen.“ Sollte es dennoch zu einer Enteignung kommen, wäre dies „ein Rechtsbruch“.

RWE-Sprecher Guido Steffen verweist darauf, dass RWE eine Genehmigung für den Tagebau habe, die das Land durchsetzen müsse. Er rechnet nicht mehr mit einer „gütlichen Einigung“ mit Claßen. Dessen Milliardenforderung hält er für „politisch“ motiviert. Seine Prognose: Es laufe auf das Grundabtretungsverfahren vor Gericht hinaus. Das Verfahren werde von der Bezirksregierung durchgeführt. Das Gericht müsste dann zur Preisermittlung eigene Experten heranziehen. Und die, davon ist Steffens überzeugt, „werden sich dann wahrscheinlich nicht an den 80 Milliarden orientieren, sondern an einem realistischeren Wert.“

Bis zum Jahr 2024 könnte die Zeit für das Verfahren allerdings knapp werden. Claßen hat schon in einer Auseinandersetzung mit dem Kreis Düren gezeigt, dass er Durchhaltevermögen hat. Durch alle Rechtsinstanzen. Ein Verfahren gegen die ungenehmigten Bauten der Kohlegegner auf der Wiese zieht sich schon seit 2012 hin.

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