Leichtathlet aus PulheimWarum Olympia 1972 immer noch Ruths Leben beeinflusst

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Wolfram Ruth war 20 Jahre lang Cheftrainer der deutschen Leichtathleten.

Pulheim – Es gibt vieles, woran sich Wolfram Ruth gern erinnert. Ein Ereignis ragt aus dieser Vielfalt heraus, es hat sich tief in das Gedächtnis des Sinnersdorfers eingeprägt. Die Rede ist von den Olympischen Spielen 1972 in München. Dieses „grandiose, wegweisende Erlebnis“ war der Wendepunkt in Wolfram Ruths beruflicher Laufbahn.

Gut ein Jahr nach den Spielen hängte der passionierte Leichtathlet seinen Job als Polizist an den Nagel, zog aus seinem „geliebten Hamburg“ nach Köln, studierte Sport, arbeitete für ein paar Jahre als Sportlehrer in Dormagen, um schließlich die Trainerlaufbahn einzuschlagen. 

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Polizist Ruth 1971 im Einsatz: Königin Juliana und Prinz Bernhard erreichen die niederländische Botschaft.

Doch der Reihe nach: Im Sommer 1972 absolvierte der damals 27-jährige Beamte eine Ausbildung zum Sport-Übungsleiter bei der Hamburger Polizei. Die Frage, ob er Interesse habe, für drei Wochen in der Organisation der Olympischen Spiele mitzuwirken, sei völlig überraschend gekommen. „Natürlich wollte ich. Sehr gerne sogar.“ 

Die Aussicht, in die Organisation der Spiele eingebunden zu sein und sie auch noch live und im Stadion, also „mittendrin“ erleben zu können, war für den passionierten Leichtathleten ein „Traum“.

„Die Freude war riesengroß"

Oft habe er über die Frage «Wieso ich?« nachgedacht. Etliche Leistungsträger im SV Polizei Hamburg habe man nicht berücksichtigt. „Aber die Freude war riesengroß.“ Schließlich würde er seinen Vereinskameraden Jobst Hirscht auf der 100-Meter-Strecke und in der viermal 100-Meter-Staffel live erleben können. 

Es seien spannende und aufregende tolle Tage gewesen, schwärmt Wolfram Ruth, der seit 1983 mit Ehefrau Uschi in Sinnersdorf lebt. Auch wenn „mal wenig zuschauerfreundliche Situationen zu meistern waren“.

Es sei ziemlich unangenehm gewesen, Zuschauer aus dem Stadion bitten zu müssen, weil ihre Eintrittskarten wegen einer Panne nur für den Vormittag gültig gewesen seien, nicht aber für den gesamten Wettkampftag. 

Ein Glücksfall war dies: „Mein Posten befand sich auf der Zielgeraden, exakt in Höhe der Ziellinie, ganz oben.“ Von dort aus habe er alle Leichtathletikdisziplinen verfolgen können. 

Zu einem bewaffneten Einsatz kam es nicht

Das Attentat auf die israelische Mannschaft unterbrach die bis dahin „fröhliche, gut organisierte und farbenfrohen Spiele“ jäh. „Alle waren wie gelähmt, auch wir.“

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Zur Befreiung der israelischen Geiseln auf dem Militärflughafen in Fürstenfeldbruck mussten die freigestellten Polizisten nicht ziehen. „Dafür hätte es der dienstlichen Anordnung des jeweiligen Bundeslandes bedurft. Durchatmen war angesagt.“ Dass die Spiele aller Trauer und Bestürzung zum Trotz weitergingen, sei richtig gewesen. 

Der olympische Geist, das Flair während der Spiele habe ihn überwältigt. „Olympia 1972 hatte in mir ein Feuer entfacht.“ Dass er eine andere berufliche Laufbahn eingeschlagen hat, hat Wolfram Ruth nicht einen Tag bereut.

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Für Werbeaufnahmen hatte sich Mittelstreckenläufer Ruth in Schale geworfen.

Im Gegenteil: „Es war mir eine große Freude, mit jungen Menschen in unserer einzigartig schönen Sportart arbeiten zu dürfen“, sagt der ehemalige Cheftrainer der deutschen Leichtathleten.

In Kürze fährt Wolfram Ruth nach München. „Ich freue mich auf die EM an alter Wirkungsstätte.“ Und auf ein Wiedersehen mit Jobst Hirscht.

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