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Pulheimerin wird 95 Jahre alt„Wenn ich mal alt bin, höre ich auf“

Lesezeit 3 Minuten

Liesel Gaspar feiert am Wochenende ihren 95. Geburtstag. Bis heute steht sie noch jeden Tag in ihrem Geschäft in Pulheim.

Pulheim – Ein Computer? Um Himmelswillen. Ein PC kommt Liesel Gaspar nicht ins Haus. „Ich mag Computer nicht.“

Die Pulheimerin, die am Sonntag ihren 95. Geburtstag feiert, nimmt auch heute noch die Anzeigentexte für den Stadt-Anzeiger, die Kölnische Rundschau und die Werbeblätter, die ihre Kunden bei ihr aufgeben, handschriftlich auf. Anschließend tippt sie die Texte im Büro, das an das Geschäft Gaspar & Co. OHG – Schreibwaren, Tabakwaren, Lotto-Totto-Lotterie angrenzt, auf der Schreibmaschine und faxt sie an die zuständigen Stellen. So macht sie es seit Jahrzehnten. Genauer gesagt seit 1952.

Damals „hat die Kölnische Rundschau angefragt, ob ich nicht Anzeigen verkaufen wolle“, schnell sei der Kölner Stadt-Anzeiger dazugekommen, erinnert sie sich. Eine frühere Kollegin bei der Dürener Zeitung hatte Liesel Gaspar offenbar weiterempfohlen. Das nötige Wissen hatte die Pulheimerin. Nach der Handelsschule in Düren und einem Jahr Berufserfahrung in einer Anwaltskanzlei hat sie bei der Dürener Zeitung angefangen. Ein paar Jahre habe sie dort als Chefsekretärin gearbeitet. „Von 12 bis 14 Uhr habe ich Anzeigen aufgenommen.

Fixe Zeiten für die Anzeigenannahme hat Liesel Gaspar heute nicht mehr. Aber im Geschäft, das sie am 1. Januar 1951 eröffnet hat, ist sie noch jeden Tag. Mit ihrer Tochter Elke und den Enkelinnen Gaby und Ulrike. Die agile Frau verkauft Tabakwaren, springt an der Lotto-Annahmestelle ein und erledigt ihre Büroarbeit, sprich die Anzeigen. Zumeist ist sie schon morgens um 8 Uhr im Laden. Kurze Auszeiten – „länger als eineinhalb Stunden kann ich nicht stehen“ – gönnt sie sich im Büro. Nicht zu vergessen die zwei Stunden, die sie sich in der Mittagspause zurückzieht. Die sind ein Muss.

Leben ohne den Laden undenkbar

Ein Leben ohne den Laden kann sich Liesel Gaspar einfach nicht vorstellen. Sie werde immer wieder mal von Kunden gefragt, ob sie nicht langsam mal aufhören wolle zu arbeiten. „Dann antworte ich »wenn ich mal alt bin, dann höre ich auf«“, sagt Liesel Gaspar und lacht. Ihr Herz hängt ganz einfach an dem Geschäft, das sie gegründet hat, weil es irgendwie weitergehen musste für die Familie. Damals, in den 1950er Jahren. Ihr Mann, Hans Gaspar, hatte als Soldat im Krieg einen Arm verloren. „Einen Beruf hatte er nicht.“ In Düren, das durch die Bomben des Zweiten Weltkrieges stark zerstört war, sahen die Gaspars für sich und Tochter Elke keine Zukunft mehr. Also folgte sie 1950 dem Ratschlag ihres Vaters Josef Herriger, der Landwirt in Pulheim war. Der Hof befand sich ungefähr dort, wo heute das Geschäftshaus steht. Dort „Auf dem Driesch“ hatten sie eine Bleibe und schon nach kurzer Zeit eine berufliche Existenz: ihren Laden und ein Fotoatelier, wo auch die „Fotos für die Zeitung“, entwickelt wurden. „Wir hatten schnell viel zu tun“, im Laufe der Jahre hätten sie sich immer wieder vergrößert. Nach einiger Zeit sei die Lotto-Annahmestelle hinzugekommen, als erste in der Stadt hätten sie Tageszeitungen und Zeitschriften angeboten, viele Jahre hätten sie auch Schulbücher verkauft.

Das Wort Urlaub gab es für Liesel und Hans Gaspar, der 1986 gestorben ist, so gut wie gar nicht. Vielleicht dreimal seien sie zusammen verreist, sagt Liesel Gaspar nach einem kurzen Zögern. Vermisst hat sie offenbar nichts – ihr Beruf war offenbar auch ihr Hobby. Geändert hat sich daran eigentlich nichts. „Wenn ich nicht arbeite, dann lese ich“, nach Möglichkeit jedes neue Buch, thematisch querbeet, nur anspruchsvoll müsse die Lektüre sein.