„Es wird immer schlimmer“Erntediebe auf Feldern in Rhein-Erft werden dreister

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Landwirte aus der Region überwachen ihre Hofläden bereits mit Videokameras. Einige denken darüber nach, auch ihre Felder so zu überwachen.

Rhein-Erft-Kreis – Viele Landwirte stellen einen Zunahme von Diebstählen auf ihren Feldern und Äckern fest. Ob Obst oder Gemüse – mitgenommen wird alles, was aus der Erde wächst. Die Erntediebe werden immer mehr und immer dreisten, sagen einige Landwirte und sprechen von Selbstbedienungsmentalität. Unrechtsbewusstsein? Fehlanzeige!

Erntediebe:Videokameras auf Feldern könnten helfen

Schon heute überwachen Videokameras so manche Hofläden. Andere überlegen, auch die Felder durch Video-Überwachung zu kontrollieren. „Die sind in einem Mercedes vorgefahren, haben ihre Leiter und die Körbe ausgepackt und sind mit ihren Kindern und der Großmutter über einen unserer Obstbäume hergefallen und haben alles abgeerntet“, berichtet Landwirtin Anke Stricker aus Wesseling-Keldenich. Immer noch wird sie richtig wütend, wenn sie an diesen Vorfall denkt. Zur Rede gestellt, habe die Großmutter lediglich gesagt, dass sie ja nicht wissen konnte, dass dieser Obstbaum nicht der Allgemeinheit gehöre.

Mit einem Auto seien auch die Diebe am Kürbisfeld vorgefahren. Sie hätten schon damit begonnen, die Feldfrüchte einzuladen. Dann jedoch sei ihr Mann dazwischengegangen. „Das Feld ist doch nicht eingezäunt, ich dachte die Kürbisse sind für alle da“, hätten sich die Diebe herausgeredet.

Erntediebstahl: Landwirte stellen Felddiebe zur Rede

Anke Stricker könnte viele Fälle nennen, bei denen sie oder ihr Mann in der Vergangenheit Felddiebe gesehen und zur Rede gestellt haben. Es habe sogar schon Jahre gegeben, in denen über Nacht halbe Zwiebelreihen verschwunden und ihre Obstbäume abgeerntet worden seien. Einen Anstieg von Diebstählen in diesem Jahr habe sie allerdings noch nicht bemerkt: „Das geht schon seit Jahren so.“

„Es wird immer schlimmer“, beobachtet hingegen Landwirt Victor Dünn vom Clarenhof in Frechen. Bei ihm brechen die Räuber inzwischen sogar in die geschützten und eingezäunten Anlagen ein. Oft habe er die Diebe schon mit einer oder zwei mit Gemüse und Salat vollgestopften Tragetaschen in den Händen aus den Anlagen schreiten sehen. „Ich bin natürlich direkt hinterher“, sagt Dünn. Was er sich dann jedoch schon anhören musste, das kann er nicht mehr nachvollziehen.

Kein Unrechtsempfinden bei Dieben in Rhein-Erft

Es sei doch genug da, laute noch eine der harmloseren Antworten. „Diesen Leuten fehlt jedes Unrechtsempfinden“, findet der Landwirt. Öfter habe er, wenn er die Langfinger zur Rede stellt, den Eindruck, dass es nicht die Menschen sind, die sich das Obst und Gemüse finanziell nicht leisten können. „Es sind Leute, die einfach nichts dafür bezahlen wollen“, so Dünn. Insbesondere für Bedürftige habe er am Hof immer auch Erzeugnisse, die er günstiger an die betreffenden Personen abgebe. „Außerdem arbeiten wir auch mit der Tafel zusammen“, sagt er. Inzwischen bringe er jeden Diebstahl zur Anzeige.

Klaus Langen, Landwirt aus Kerpen-Buir ärgert sich über die teils fadenscheinigen Ausreden der Menschen, die er in seinen Anlagen entdeckt und zur Rede stellt. „Die gucken einem in die Augen und sagen: Ich dachte, die Ernte ist schon abgeschlossen, das sind jetzt hier die Reste, die eh nicht mehr geerntet werden.“ Langen sucht mit allen Personen, die er unerlaubterweise in seinen Anlagen oder auf seinen Obstbäumen entdeckt, das Gespräch. „Wiederholungstäter zeige ich an“, sagt er.

Erntediebe: Kriminelle werden auch in Brühl immer mehr

Selbstbedienung auf den Feldern kennt auch Landwirt Christian Boley aus Brühl. „Und es wird mehr“, sagt er. Dabei unterscheide er zwischen Langfingern, die sich aus der blanken Not heraus mal einen Blumenkohl aus den Kulturen nehmen und ganz professionellen Dieben, die mit dem Pkw vorfahren und über Nacht große Mengen abernten.

Sogar Kartoffeln seien ihm wohl im Schutz der Dunkelheit schon ausgegraben worden. „Die nehmen die Großen mit und lassen die kleinen Kartoffeln im Feld liegen“, erzählt Boley. Diebstahl beobachte er in all seinen Kulturen. Einzäunen könne er die Felder nicht und ein Wachdienst sei einfach zu teuer.

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„Wer soll das noch bezahlen“, sagt er. Um so mehr würde er sich freuen, wenn auch Spaziergänger die Augen ein bisschen aufhalten und bei verdächtigenden Beobachtungen ihn oder direkt die Polizei anrufen. Wie die Polizei erklärte, ist der Diebstahl von Gemüse, Obst und anderen Feldfrüchten von den Anbauflächen oder Obstbäumen der Landwirte eine Straftat und kann mit Freiheitsstrafen oder Geldstrafen bestraft werden.

Landwirt im Rhein-Erft-Kreis verlangt Strafgebühr von Dieben

Ein Landwirt  aus dem Kreis hat die Erfahrung gemacht, dass er zwar auf seinen Feldern den Gemüse- und Obstklau nicht verhindern kann, er will ihn sich aber auch nicht gefallen lassen. „Die unerlaubte Selbstbedienung kostet bei mir 20 Euro“, sagt er. Anderenfalls rufe er die Polizei. „Und die Leute zahlen immer“, berichtet er. Ein Verständnis dafür, dass sie sich am Hab und Gut anderer bedient haben, hätten die Wenigsten.

„Es ist doch genug da“, oder: „Hier gibt es doch wirklich viel von den Sachen“, bekommen er und viele seiner Kollegen oft zu hören. Dass vor jeder Ernte auch der Anbau und die Feldpflege stehen, das wollten diese Menschen gar nicht wissen. Bei den Erdbeeren im Frühjahr sei es ganz besonders schlimm gewesen. Mehrfach habe der Landwirt dabei sogar denselben Täter auf frischer Tat ertappt und ihn wegen des Diebstahls zur Rede stellen müssen. Ein Einsehen, etwas Verbotenes getan zu haben, habe er aber dennoch nicht gezeigt.

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