Digitalisierung ist noch weit entferntErstes Fazit nach einem Jahr Distanzunterricht

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Ein Schüler arbeitet an einem iPad mit der Lernplattform Moodle.

Ein Schüler arbeitet an einem iPad mit der Lernplattform Moodle.

Erftstadt – Am 16. März 2020 sind in Nordrhein-Westfalen alle Schulen wegen der Corona-Pandemie zum ersten Mal geschlossen worden – am 18. Dezember 2020 wiederholte sich das Szenario: Distanzunterricht steht an. Aber wie soll er stattfinden?

Viele Schulen warten immer noch auf Geräte – seien es Laptops oder Tablets – für die Schüler, die kein eigenes haben und deren Eltern auch keines bezahlen können. Finanziert werden sie aus dem Digitalpakt. Nun, nach neun Monaten Wartezeit, werden sie endlich nach und nach ausgeliefert. Doch die Kernfrage bleibt: Wie kann man den Distanzunterricht am besten realisieren?

Rhein-Erft: Die Suche nach der richtigen Plattform

Dafür benötigen die Schulen eine Plattform, in der man einen digitalen Klassenraum gestalten kann. Sie muss Mails, Chats, Audio- und Videokonferenzen unterstützen, Arbeitsräume für Gruppenarbeit anbieten, eine Anwesenheitskontrolle ermöglichen. Aufgabenverwaltung, Suchfunktionen, reichlich Speicherplatz, Erweiterungsmöglichkeiten gehören ebenfalls zu den Anforderungen, und dann soll das alles möglichst wenig kosten. Man sucht also eine eierlegende Wollmilchsau.

Die Serie

Der Umstieg auf Distanzunterricht hat die meisten Schüler und Lehrer im Frühjahr kalt erwischt. Detlef Steppuhn nicht. Der Erftstädter unterrichtet seit gut 25 Jahren am Erich-Gutenberg-Berufskolleg in Köln, seit 20 Jahren ist er Leiter für neue Medien und Technologien. Steppuhn, Jahrgang 1961, hat eine Ausbildung zum Bürokaufmann gemacht und Wirtschaftswissenschaften studiert. Auf seiner Homepage und in einem Blog befasst er sich mit der Digitalisierung der Schulen, kürzlich ist sein Buch „SmartSchool – Die Schule von morgen“ erschienen. Es ist die Grundlage unserer Serie, in der wir aktuelle Probleme aufzeigen, aber auch der Frage nachgehen, wie denn die Schule der Zukunft aussehen wird. (uj)

zukunft-der-schule.de

Die ist schwer zu finden, rechtliche Vorgaben und die Schwächen einiger Plattformen machen die Sache nicht leichter. Der Einsatz der vom Land bevorzugten Plattformen wie Logineo, IServ, Moodle, Padlet, BigBlueButton oder Jitsi führte zum Start des Distanzunterrichts zu Schlagzeilen wie „Digitaler Unterricht: In Deutschland funktioniert keine Lernplattform problemlos“, „Schule in NRW: Störungen auf Lernplattform Logineo/Moodle und IServ“. Das zeigt deutlich, wie weit Digitalisierung noch entfernt ist. Es wird viel Geld in die Hand genommen und trotzdem fehlt es an Funktionalität, Stabilität, Verfügbarkeit und Datensicherheit. Kriterien, die Plattformen professioneller Anbieter weitaus eher erfüllen. Übrigens steht die Microsoft-Plattform Office365 allen Schulen kostenlos zur Verfügung.

Und gerade das Thema Datensicherheit und Datenschutz – das den Schulen oft die Möglichkeit versagt, professionelle Plattformen im Unterricht einzusetzen – bringt die vom Land bevorzugten Plattformen in Bedrängnis. Cyberattacken werden in den kommenden Jahren massiv zunehmen.

Homeschooling: Hackerangriff auf Lernplattform moodle

Jüngstes Beispiel ist der Hackerangriff auf moodle@RLP Anfang Januar. Davon werden auch öffentliche Rechenzentren betroffen sein, und es besteht die Gefahr, dass öffentliche Rechenzentren weit weniger geschützt werden können als die Wirtschaftsplattformen von Amazon, Google oder Microsoft. Jeder Internetserver und jedes Rechenzentrum unterliegen Angriffen, und je interessanter der Server, desto aufwendiger und häufiger werden die Attacken. Datenschutz und Datensicherheit werden noch mehr zum Schlüsselkriteriums des digitalen Lebens werden.

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Hier stellt sich die praktische Frage: Warum nimmt das Ministerium an dieser Stelle nicht Geld in die Hand und verhandelt mit professionellen Anbietern wie beispielsweise Microsoft über eine datenschutzkonforme Lernplattform auf der Basis von Office 365? Man könnte viel Zeit und Geld sparen.

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