Obstplantage geschlossenWetterextreme haben Wesselingern das Geschäft verhagelt

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Die Schläuche für die Bewässerung der Plantage ragen noch aus den Wiesen. Die Flächen werden zeitnah verpachtet und auch in Zukunft landwirtschaftlich genutzt.

Die Schläuche für die Bewässerung der Plantage ragen noch aus den Wiesen. Die Flächen werden zeitnah verpachtet und auch in Zukunft landwirtschaftlich genutzt.

Leicht ist Michael und Andreas Lettmann die Entscheidung nicht gefallen. Schließlich bauten ihre Großeltern den Betrieb in den 1950ern auf.

„Wir haben unsere eigene Obstproduktion in diesem Jahr eingestellt“, sagt Obstbauer Michael Lettmann von Gut Hagenhof. Allerdings könnten die Kunden nach wie vor auch regionale Äpfel, Birnen und Sauerkirschen im Hofladen und an den Marktständen kaufen. „Wir beziehen das Obst und Gemüse von befreundeten Landwirten aus der Umgebung“, sagt der 52-Jährige.

Leicht sei es ihm und seinem Bruder Andreas nicht gefallen, den Obstanbau aufzugeben. „Doch so ging es nicht weiter. Die einzige Konstante in den vergangenen Jahren war die Unberechenbarkeit des Wetters“, fasst Andreas Lettmann zusammen. „Wir hatten keine Hagelnetze“, berichtet sein Bruder. Früher sei Hagel in Wesseling kaum ein Thema gewesen.

Die Entscheidung, aufzugeben, ist über einige Jahre gereift

Erst in den vergangenen Jahren hätten die Wetterextreme massiv zugelegt. „Und es reicht schon ein ordentlicher Hagelschauer aus, um die Ernte eines ganzen Jahres zu zerstören“, sagt Andreas Lettmann. Allein in diesem Sommer habe es bereits zwei kräftige Hagelschauer in Berzdorf gegeben. Das habe ihnen bestätigt, alles richtig gemacht zu haben. „Wir hatten regelmäßig Bauchschmerzen, wenn sich ein Unwetter zusammenbraute.“

Die Entscheidung, den Obstanbau einzustellen, sei über einige Jahre gereift. Denn den Betrieb, den ihre Großeltern in den 1950er Jahre aufgebaut hätten, hätten sie in die Zukunft führen wollen. Großvater und Vater hätten ihre Erzeugnisse noch zum Zentralmarkt gefahren, bevor auch auf Gut Hagenhof die Selbstvermarktung etabliert worden sei. Gleich nach dem Abitur hatte Michael Lettmann Mitte der 1990er Jahren den Beruf des Obstbauern erlernt.

Auf dem Foto sind die Brüder Andreas und Michael Lettmann zu sehen. Sie stützen sich auf eine Kiste mit Äpfeln.

Die Brüder Andreas und Michael Lettmann hatten den elterlichen Betrieb übernommen. Jetzt haben sie den Obstanbau aufgegeben.

Dass der Klimawandel sie einmal zur Aufgabe zwingen würde, hätten die Brüder vor 25 Jahren nicht für möglich gehalten. Jetzt sei es neben dem Hagel die Hitze, die die Bäume stresse. „Und Landwirte müssen immer in Vorleistung gehen, unabhängig davon, wie viel sie am Ende für ihre Ware bekommen“, sagt Michael Lettmann.

Auch Peter Muß, Geschäftsführer Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauer, beobachtet, dass einige Betriebe den Obst- und Gemüsebau beenden. Die Gründe dafür beziehen sich seiner Kenntnisse zufolge allerdings zumeist auf die wirtschaftliche Situation. So seien zum Beispiel die Kosten durch den Mindestlohn und, aber auch für die Energie und Betriebsmittel enorm gestiegen.

Höhere Verkaufspreise ließen sich hingegen häufig nicht durchsetzen. Auch würden Preisanhebungen nicht ausreichen, um die gestiegenen Kosten auszugleichen. Hinzu kämen ständig steigende Auflagen, etwa im Bereich der Düngung, des Pflanzenschutzes oder generell der Bürokratie. Genaue Zahlen zu den Betriebsschließungen lägen ihm nicht vor, sagt Muß.

Landwirte fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt

Eine nicht unbedeutende Rolle spiele aber auch das Image, das Landwirtschaft und Gartenbau hätten und das sich bei Verbrauchern mittlerweile verfestigt habe. „Immer wieder werden die Landwirte und Gärtner als Umweltverschmutzer, Giftspritzer und Klimakiller dargestellt“, sagte Muß. Die Landwirte fühlten sich damit zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Im Mai haben die Wesselinger Brüder ihre Obstbaumplantagen gerodet. Einst hatten sie 15 Hektar im Anbau, zuletzt waren es noch vier. Auf den Flächen wächst jetzt Gras. Vom Obstanbau zeugen nur noch die dicken schwarzen Schläuche, an die die Frostberegnung und die Bewässerungsschläuche angeschlossen wurden. „Die Flächen werden aber bald verpachtet und auch in Zukunft landwirtschaftlich genutzt“, berichtet Andreas Lettmann.


Der Hofladen in Berzdorf auf Gut Hagenhof ist dienstags und donnerstags von 9 bis 18 Uhr geöffnet, samstags bis 13 Uhr. Obst und Gemüse verkaufen die Brüder zudem mittwochs auf dem Wochenmarkt in Brühl, freitags in Köln-Sürth und samstags in Kerpen-Horrem.

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