TischtennisRheinbreitbacherin fliegt mit 83 Jahren zur WM nach Oman

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Heidi Wunner beim Tischtennisspielen in Sportkleidung mit Brille

Hochkonzentriert: Heidi Wunner (83) beim Training in der Hans-Dahmen-Halle in Rheinbreitbach.

Die Rheinbreitbacherin Heidi Wunner nimmt mit 83 Jahren an der Tischtennis-Senioren-Weltmeisterschaft teil.

Heidi Wunner war 14 oder 15 Jahre alt, als sie und ihre drei Geschwister zu Weihnachten eine Tischtennisplatte bekamen. Die wurde in der Hamburger Altbauwohnung mitunter einfach in der großen Diele aufgestellt, erinnert sich Heidi Wunner, der das Tischtennisspielen sofort viel Spaß gemacht hat, wie sie sagt. Und das hat sich ganz offensichtlich über Jahrzehnte hinweg nicht geändert.

Beim SV Rheinbreitbach, ihrem heutigen Heimatverein, gilt die 83-Jährige angesichts zahlreicher sportlicher Erfolge auf nationaler und internationaler Ebene als „Ausnahmesportlerin“. Und ihr Können will die Rheinbreitbacherin nun erneut unter Beweis stellen: Heidi Wunner nimmt an der Tischtennis-Senioren-Weltmeisterschaft 2023 teil, die vom 15. bis zum 21. Januar in Muscat (Oman) stattfindet. Sie tritt in der Altersklasse Ü 80 an. 

Physiotherapeutenausbildung in Rheinbreitenbach

Nach der Schule in Hamburg, in der es eine Tischtennis-AG gegeben habe, absolvierte Heidi Wunner Anfang der 1950er Jahre ihre Ausbildung zur Krankenschwester und leitete später in der Nähe von Heidelberg zeitweise eine Schwesternschule. In Niedersachsen baute sie zusammen mit ihrem Mann eine Arztpraxis auf. Der gemeinsame Sohn war drei Jahre alt, als ihr Mann bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. „Da musste ich sehen, wie wir klarkommen“, erinnert sich Heidi Wunner.

Sie machte eine Ausbildung zur Sportlehrerin und räumte an einer Schule für den Unterricht zwei Klassenräume aus, weil es zunächst keine Sporthalle gegeben habe, erinnert sie sich. 1973 führte sie ihr Lebensweg nach Rheinbreitbach. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Physiotherapeutin, sei in der Bad Honnefer Kurklinik und im Bad Honnefer Krankenhaus tätig gewesen, bevor sie 1999 in den Ruhestand gegangen sei. 1975 wurde Heidi Wunner Mitglied im SV Rheinbreitbach.

Goldenes Jahr 2005 der Rheinbreitenbacherin

Sie machte eine Übungsleiterausbildung und den B-Trainerschein, kümmerte sich um die Jugendlichen und wurde 1997 Damenwartin des Tischtennisverbandes Rheinland. Mit dem Ende der Berufstätigkeit intensivierte sie ihr Training – und bald stellten sich die sportlichen Erfolge ein. 2005 etwa, schreibt der SV Rheinbreitbach auf seiner Internetseite, sei „Heidi Wunners „goldenes“ Jahr“ gewesen: „Gewinn der Rheinlandmeisterschaft, Zweite bei den Südwestdeutschen Meisterschaften, Meisterin im Doppel bei den Südwestdeutschen Meisterschaften, Europameisterin im Doppel.“

Dabei hatte es zuvor nach einem Unfall – Heidi Wunner war in der Spielzeit 2003/2004 als Inlineskaterin von einer Radfahrerin erfasst worden – schlecht ausgesehen: Der Arm war gebrochen. Ärzte meinten, sie könne wohl kein Tischtennis mehr spielen. Doch Heidi Wunner biss sich durch und trainierte nach einer Nachoperation zunächst mit leichten Schlägern. Und schon im Jahr darauf habe sie die Erfolge bei der Südwestdeutschen Meisterschaft feiern können, erinnert sie sich.

Wunners Husarenstück in Rimini

Es folgten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – unter anderem 2011 ein dritter Platz im Einzel bei den Europameisterschaften (Ü 70), 2013 die Vizeeuropameisterschaft im Damendoppel (Ü 70) , 2015 der fünfte Platz bei den Weltmeisterschaften in Neuseeland (Ü 75), 2015 der dritte Platz im Einzel bei den Euromeisterschaften im finnischen Tampere (Ü 75).

Der vorerst letzte Eintrag auf der Homepage des SV Rheinbreitbach stammt von Mitte August 2022: „Die Rheinbreitbacherin Heidi Wunner gehört bei den Tischtennis-Senioren in Europa weiter zu den Top-Spielerinnen in ihrer Altersklasse. Nur wenige Wochen nach ihrem Titelgewinn im Einzel und Doppel bei den Deutschen Meisterschaften, gelang ihr bei den Europameisterschaften im italienischen Rimini erneut ein Husarenstück. Zusammen mit der Essenerin Ruth Schneider sicherte sie sich im Doppel den Sieg und verteidigte damit erfolgreich ihren Titel von 2019. (...) Auch im Einzel kletterte die Ausnahmesportlerin des SV Rheinbreitbach aufs Podest und gewann die Bronzemedaille.“

WM-Ziel der Rheinbreitenbacherin ist der Treppchenplatz

Und ihr Ziel für die WM in Oman? 2018 errang sie bei den Senioren-Weltmeisterschaften in Las Vegas einen fünften Platz im Einzel. Einen Schritt weiter zu kommen und einmal auf dem Treppchen zu stehen – „das wäre schon schön,“ sagt Heidi Wunner während einer kurzen Trainingsunterbrechung in der Rheinbreitbacher Hans-Dahmen-Halle. Tischtennis-Abteilungsleiter Klaus Riddering kündigt für diesen Fall übrigens an, dass der SV Rheinbreitbach die Ausnahmesportlerin dann mit einer Fahrt im Cabrio durch den Ort würdigen werde.


Zahlen zur Senioren-WM

An der Tischtennis-Senioren-WM in Oman nehmen 1188 Spielerinnen und Spieler teil, so auf Anfrage der Club Deutsche Tischtennis Senioren unter Berufung auf den Veranstalter (Stand Montag). Aus Deutschland kommen demnach 201 Teilnehmer. In der Gruppe WS 80 träten zwölf Spielerinnen an.

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