SV MendenVater und Sohn sitzen gemeinsam auf der Trainerbank

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Eingespieltes Team beim SV Menden: Harry Schmied und sein Sohn Nico haben beim ambitionierten Fußball-A-Ligisten gemeinsam das Sagen auf der Trainerbank.

Eingespieltes Team beim SV Menden: Harry Schmied und sein Sohn Nico haben beim ambitionierten Fußball-A-Ligisten gemeinsam das Sagen auf der Trainerbank.

Rhein-Sieg-Kreis – Der FC Bayern München sorgte unlängst für ein Novum in der Fußball-Bundesliga. Seit der Beförderung von Davide Ancelotti (27) zum Assistenzcoach von Papa Carlo (57) hat erstmals ein Vater-Sohn-Gespann gemeinsam das Sagen auf der Trainerbank.

„Familienbetriebe“ im Sport existieren auch im Rhein-Sieg-Kreis. Getreu dem Motto „Wenn der Vater mit dem Sohne“ leiten Harry (64) und Nico Schmied (28) die Geschicke der ersten Seniorenmannschaft des SV Menden.

Anders als in München hat dort jedoch der Jüngere das Sagen. Zumindest auf dem Fußballplatz. Nico Schmied coacht den ambitionierten A-Ligisten, Vater Harry assistiert. „Wir tauschen uns aus, aber Nico hat immer das letzte Wort. Aufstellung und Taktik – da quatsche ich ihm nicht rein“, sagt Schmied senior, der sich an Spieltagen manchmal sogar den Mund verbieten lässt: „Ich kann sehr emotional sein an der Seitenlinie; da ist es gut, wenn Nico mich bremst.“

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Schmied senior ist auch Sportmanager des Clubs

Trotzdem sitzt der pensionierte Polizeibeamte am längeren Hebel, denn neben seiner Tätigkeit als Co-Trainer ist er auch Sportmanager des Klubs. So gesehen ist Harry Schmied also doch der Chef. Würde es ein Vater übers Herz bringen, seinen eigenen Sohn zu beurlauben? „Ja“, sagt das Familienoberhaupt, „schließlich steht das Wohl des Vereins an erster Stelle.“ An ein solches Szenario verschwendet er aber keine Gedanken: „Nico und der SV Menden – das passt. Er trainiert fast ausschließlich Jungs, mit denen er in der Jugend selbst zusammengespielt hat“, so der 64-Jährige, der zu seiner Zeit als Coach offenbar zur strengeren Sorte gehörte. „Ich bin weniger autoritär und würde mich eher als modernen Trainer bezeichnen“, sagt der Junior.

Gleichwohl profitiere er vom Erfahrungsschatz seines Vaters; es sei aber „wichtig, ihn nicht zu kopieren und meinen eigenen Stil zu finden“. Das ist dem 28-Jährigen gelungen. „Nico spricht die Sprache der Jugend und sieht viele Dinge lockerer als ich. Außerdem ist er ein Taktiktüftler“, sagt Vater Schmied, der getrost als Mendener Urgestein bezeichnet werden kann. Er war Kapitän, Spieler- und Nachwuchstrainer sowie acht Jahre lang Jugendleiter beim SVM.

Lob vor versammelter Mannschaft gab es selten

2015 wurde er von seinem Sohn als Trainer der ersten Mannschaft beerbt, von seinem Lehrling sozusagen. Denn bis zu seinem Wechsel zum 1. FC Köln mit zehn Jahren wurde Nico Schmied von seinem Papa gecoacht. „Ich musste Nico härter rannehmen als die anderen“, sagt Harry Schmied. Ein Lob vor versammelter Mannschaft gab es selten, „das hat Nico dann zu Hause bekommen“. Der Filius hatte nichts dagegen: „Ich wollte nicht als Trainer-Sohn wahrgenommen werden, sondern als guter Spieler. Mein Vater war mein größter Fan, aber auch mein größter Kritiker.“

Geschadet hat es Nico Schmied nicht. Bei Alemannia Aachen schnupperte er einst sogar Profiluft, doch ein geplatzter Wechsel zu Fortuna Düsseldorf brachte die Karriere ins Stocken. Mit Fortuna Köln stieg er immerhin in die Regionalliga auf, ehe der Jurastudent 2012 nach einem Intermezzo beim schottischen Zweitligisten Ayr United nach Menden zurückkehrte – nicht zuletzt, weil er eine Doktorandenstelle in Dortmund angeboten bekam. 2013 führten er als Spieler und Schmied senior als Trainer den Heimatverein zum lang ersehnten Bezirksliga-Aufstieg.

Vater trainierte in der Jugend mit Uli Hoeneß und Paul Breitner

Auch Harry Schmied klopfte schon ans Tor zum Profi-Fußball. In der Schüler- und Jugendnationalmannschaft hießen seine Mitspieler Uli Hoeneß und Paul Breitner. Sein Trainer Udo Lattek scheuchte ihn einst über den Hotelflur, um sich von seiner Einsatzfähigkeit zu überzeugen. Schmied biss trotz eines „Pferdekusses“ auf die Zähne und durfte tags darauf als 16-Jähriger im ausverkauften Berliner Olympiastadion gegen England auflaufen.

Doch der Traum von einer Profikarriere platzte früh. „Ich hatte eine hartnäckige Knieverletzung. Vielleicht hätte ich es aber auch so nicht gepackt; ich war nämlich nie der Disziplinierteste“, so der Senior.

Beide trauern verpassten Durchbruch nicht nach

Das Vater-Sohn-Duo trauert dem verpassten Durchbruch aber nicht nach; zu wohl fühlt man sich beim SVM. „Hier wird Kameradschaft großgeschrieben. Die dritte Halbzeit in der Vereinskneipe war in Menden immer genauso wichtig wie das Spiel“, betont Harry Schmied.

Sein Sprössling, der seinen Doktortitel mittlerweile so gut wie in der Tasche hat, lebt in einer Einliegerwohnung über ihm. Sonntags am Frühstückstisch wird über Fußball gefachsimpelt. „Wir sind uns nicht immer einig: Ich bevorzuge etwa den Catenaccio, Nico liebt eher das Spektakel“, so Harry Schmied. In einem Punkt herrscht jedoch Einigkeit: Das letzte Wort hat immer der Sohn.

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