Gefährliche BlütenprachtEingeschleppte Pflanzen schaden Natur in Rhein-Sieg

Das Drüsige Springkraut wuchert an vielen Stellen des Siegufers.
Copyright: Harald Roehrig
Rhein-Sieg-Kreis – Eine stille Invasion von Tieren und Pflanzen findet auch an Rhein und Sieg statt. Viele, wenn auch klar nicht alle, sind eine Gefahr für die heimische Artenvielfalt und können zudem Schäden für Land- und Forstwirtschaft verursachen. Heute schildern wir, welche invasiven Pflanzen sich in der Region angesiedelt haben – und einige können sogar dem Menschen gefährlich werden.
Hier lesen Sie, welche eingewanderten Tiere die Natur im Rhein-Sieg-Kreis bedrohen.
Herkulesstaude verursacht bei Berührung Verbrennungen
Der Riesenbärenklau, die aus dem Kaukasus stammende riesige Pflanze, auch Herkulesstaude genannt, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts als Zierpflanze eingeführt. Im Kreisgebiet hat sich die Pflanze seit den 90er Jahren vor allem an Sieg- und Aggerufer, aber auch an Straßen- und Waldrändern ausgebreitet.
Ihr sollte man mit Vorsicht begegnen. Zwar ist die gefährliche Schönheit hübsch anzuschauen, und ihre großen Blütendolden sind auch bei vielen Insekten beliebt. Der Saft aus ihren Stängeln kann aber bei Berührung und Sonneneinwirkung zu üblen Hautverbrennungen bis dritten Grades führen. Besonders gefährdet sind Kinder.

Vorsicht ist angesagt beim Ausstechen der Herkuslesstauden. Nur mit Schutzkleidung sind Verbrennungen zu verhindern.
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Durch die große Samenvermehrung – bis zu 100.000 Samen stößt jede Pflanze aus – hat sich der Einwanderer rasant ausgebreitet. Wegen der Gefahren haben Behörden und Bürger dem Riesenbärenklau den Kampf angesagt. Die Pflanze sollte noch vor der Blüte mindestens 15 Zentimeter tief im Boden abgestochen werden. Dabei sollte man Schutzkleidung tragen.
Im Jahr 2009 begann die Kreisverwaltung mit Unterstützung der Kommunen, des Wasserverbandes und der Straßenbauverwaltung, die Herkulesstaude gezielt zu bekämpfen. Konsequenz: Der Bestand reduzierte sich deutlich. Die Kosten wurden zunächst zu 75 Prozent vom Land getragen.
Nachdem sich erste Erfolge einstellten, teilte das Landesumweltministerium aber schon 2014 mit, dass es wegen begrenzter Finanzmittel keine Möglichkeit mehr sehe, die Bekämpfung flächendeckend langfristig weiter zu fördern. Der Kreis solle ab 2018 alle Kosten übernehmen, was der aber nicht konnte.
Starke Allergene
Die Ambrosia-Pflanzen aus Nordamerika sind nicht nur lästige Ackerunkräuter. Ihre Pollen können auch schon in kleinen Mengen heftige allergische Reaktionen bei Menschen auslösen, wie Heuschnupfen, Bindehautreizungen und Asthma. Sie wachsen auf Brachen, Äckern oder an Straßenrändern oder können als Samen im Vogelfutter enthalten sein. Im Kreisgebiet seien sie bislang nur in Hennef gefunden worden, berichtet Christoph Rüter von der Unteren Naturschutzbehörde. Dort habe sie erfolgreich entfernt werden können. (rö)
Seit 2016 versuchen Bürgerinnen und Bürger also ehrenamtlich, die Herkulesstauden einzudämmen. Einige Kommunen helfen dabei. Bis heute setzen sich mehrere ehrenamtliche Initiativen für die Bekämpfung der Pflanze ein.
Drüsiges Springkraut bestimmt das Bild am Siegufer
Schon seit den 80er Jahren hat sich das aus Indien stammende Drüsige Springkraut angesiedelt. Im Lauf der Jahre wuchs es vor allem an den Ufern der Gewässer, aber auch an Wegen und Waldrändern. Die mannshohe Pflanze verdrängt die heimische Vegetation. So ist das heimische und kleinere Gegenstück zum invasiven Springkraut, das sogenannte Kräutchen „Rühr-mich-nicht-an“ mit seinen gelben Blüten, auch als Großes Springkraut bekannt, kaum noch anzutreffen.
Inzwischen haben die meisten Menschen aufgegeben, etwas gegen das drüsige Kraut zu unternehmen. So sagt auch Christoph Rüter von der Unteren Naturschutzbehörde des Rhein-Sieg-Kreises: „Das Drüsige Springkraut ist inzwischen omnipräsent, und jede Bekämpfung ist hoffnungslos.“
An der Sieg zum Beispiel stehen jeden Sommer so riesige Bestände, dass man stellenweise den Fluss gar nicht mehr sehen kann. Nur an wenigen Stellen wie in einzelnen Naturschutzgebieten oder in ortsnahen Erholungsgebieten an der Sieg gelang es bisher, das Springkraut zurückzudrängen. So melden die Naturschützer vom Bergischen Naturschutzverein (RBN) jedes Jahr aus Windeck: „Das Naturschutzgebiet Rosbachtal ist springkrautfrei!“

Als Insektenweide schätzen Imker das Drüsige Springkraut – die Hummel beweist: zu Recht.
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In mühevoller Kleinarbeit versuchen die Ehrenamtler, das Tal der Schmetterlinge und Orchideen von den Neophyten frei zu halten, um die heimische Vegetation zu schützen. Aber jedes Jahr schlagen wieder neue Springkräuter aus, und die Sisyphusarbeit geht weiter. Auch im Eischeider Tälchen in Neunkirchen-Seelscheid wurde dem Kraut der Kampf angesagt.
Bei Arbeitseinsätzen versuchten Schüler der Gesamtschule Neunkirchen, dem unerwünschten Eindringling den Garaus zu machen, allerdings auch nur mit temporärem Erfolg. Von den Imkern wird der Einwanderer allerdings gern gesehen, denn die Massenpflanze ist bei Bienen und Hummeln beliebt.
Auch beim Naturschutzamt wird der Fremdling, der inzwischen schon keiner mehr ist, manchmal auch positiv gesehen. Denn die dichten Bestände verhindern oft, dass Touristen und Erholungssuchende sensible Stellen an den Siegufern aufsuchen.
Japanischer Staudenknöterich kann auch Nistplatz sein
Auch beim japanischen Staudenknöterich gebe es Licht und Schatten, sagt Christoph Rüter vom Naturschutzamt. Wo dieser wuchert, haben andere Pflanzen nämlich keine Chance. Andererseits sorgt die Staude an Gewässern für einen gewissen Schutz an den Gewässerufern und bildet dichte Sperrketten. In den dichten Beständen, die von den riesigen Wurzelausläufern gebildet werden, nisten laut Christoph Rüter auch oft Vögel wie Schilfbrüter.
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Umweltschützer bezeichnen den Kirschlorbeer, der aus der Türkei eingeführt wurde, als besonders fragwürdig. In zahlreichen Gärten und Grundstücken seien die Neophyten als Hecken angepflanzt worden, nutzten aber weder Mensch noch Tier, sagt Umweltexperte Heinz Schumacher aus Ruppichteroth. Für Menschen ist Kirschlorbeer giftig, für Tiere nutzlos, und wenn er in die freie Natur entweicht, verdrängt er heimische Pflanzen. Vom Nabu wurde das Pflanzen von Kirschlorbeer gar als „Verbrechen an der Natur“ bezeichnet.
Douglasie ist ein willkommener Einwanderer
Ein willkommener Einwanderer ist dagegen die Douglasie. Stephan Schütte, Leiter des Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft in Eitorf, vertritt die Ansicht, dass es die Douglasie schon vor der Eiszeit bei uns gegeben habe. Schütte stuft Douglasien, die gut mit Trockenheit zurechtkommen und gutes Holz liefern, auch jetzt beim erforderlichen Umbau des Waldes angesichts des Klimawandels als wichtige Baumart für Mischwälder ein.