Wie zufrieden sind Händlerinnen im Rhein-Sieg-Kreis mit dem Weihnachtsgeschäft? Der Einzelhandelsverband meldet sich mit einem Hilferuf
WeihnachtsgeschäftEinzelhandel Bonn/Rhein-Sieg wendet sich mit Kaufappell an die Kunden

Der Einzelhandelsverband beklagt, dass in der Vorweihnachtszeit zwar die Innenstädte in der Region voll sind, der Einzelhandel aber keine guten Geschäfte macht.
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Der Einzelhandelsverband Bonn/Rhein-Sieg/Euskirchen appelliert an Kundinnen und Kunden, ihre Weihnachtsgeschenke bewusst im stationären Handel zu kaufen - in den Innenstädten ebenso wie in den Dorfzentren.
Einzelhandelsverband: Mehr als ein Drittel der Händler ist unzufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft
„Jeder hat seinen Anteil daran, den stationären und lokalen Einzelhandel zu unterstützen“, sagt Alexander B. Jentsch, der Vorsitzende des Verbandes. „Mit jedem Einkauf vor Ort stärken wir die Geschäfte und sichern so die Attraktivität und Lebendigkeit unserer Innenstädte und Dorfkerne.“ Zwar seien auch in der dritten Adventswoche die Innenstädte und die Weihnachtsmärkte voll. 36 Prozent der Händlerinnen und Händler seien aber dennoch unzufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft.
42 Prozent der Geschäftsleute beurteilen den Angaben des Einzelhandelsverbandes zufolge das bisherige Geschäft als „neutral“. Etwas mehr als die Hälfte der Einzelhändler erwartet laut einer Umfrage des Verbandes zum zweiten Adventswochenende in diesem Jahr ein schlechteres Weihnachtsgeschäft als in den Vorjahren. 36 gehen von einer ähnlichen Entwicklung wie in den Vorjahren aus. Nur zwölf Prozent der Einzelhändler sind demnach optimistisch und prognostizieren ein besseres Geschäft.
Ein Einkauf vor Ort ist in dieser Zeit ein kleines, aber wirksames Zeichen
Der Einzelhandelsverband argumentiert, der persönliche Einkauf sei „weit mehr als die schnelle Besorgung eines Geschenks“. Gerade in der Adventszeit sei das persönliche Einkaufen ein wichtiger Beitrag für das gesellschaftliche Miteinander und die Zukunft der Städte. „Ein Einkauf vor Ort ist in dieser Zeit ein kleines, aber wirksames Zeichen der Unterstützung für unsere Händlerinnen und Händler“, so Jentsch.
So erleben Händlerinnen und Händler in Rhein-Sieg das Weihnachtsgeschäft
Mona Vassiliadis, Inhaberin des Geschenkeladens „Absolut Designhaus“ an der Siegburger Kaiserstraße, ist bisher zufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft: „Es läuft besser als erwartet – vor allem nach dem etwas mageren Sommer.“ Aus den vergangenen Jahren sei man einiges an Kummer gewohnt. Jetzt ist das Geschäft an einem Donnerstagmittag in der Adventszeit voll.

Mona Vassiliadis, Inhaberin des „Absolut Designhaus“ ist positiv überrascht vom bisherigen Weihnachtsgeschäft.
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„Wir können uns nicht beklagen“, sagt auch ihr Ehemann Sissis Vassiliadis. „In der Vorweihnachtszeit haben wir aber natürlich durch den mittelaterlichen Markt und den kleinen Adventsmarkt auch eine deutliche Frequenzsteigerung, die Leute flanieren durch die Stadt und kommen in die Läden.“ Man sehe sogar einen kleinen Aufwärtstrend im Vergleich zum Vorweihnachtsgeschäft in den vergangenen Jahren, so Sissis Vassiliadis.
Wenn Geschenke online gekauft werden statt im kleinen Einzelhandel, veröden unsere Orte und Innenstädte.
Carina Molitor ist Inhaberin des Siegburger Concept-Stores „Zugvögel“. Anfangs hat die Schneidermeisterin vor allem Kleidung verkauft, mittlerweile sind zahlreiche Geschenkartikel wie Schmuck, Deko oder Gewürze hinzugekommen. Daher werde das Weihnachtsgeschäft immer wichtiger für sie. Bisher sei 2025 für sie ein gutes Jahr gewesen: „Ich spreche einen bestimmten Typ Mensch und dessen Geschmack an - ich merke auch, dass das gut angenommen wird“, sagt Molitor.

In Carina Molitors Geschäft „Zugvögel“ kommt zum Großteil Stammkundschaft.
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Dennoch sei es spürbar, dass die Kundschaft im Einzelhandel weniger werde. Die Mieten für Geschäfte steigen, der Umsatz werde geringer, „insgesamt ist die Lage nicht sehr rosig“. Dazu seien die Tage mit stärkerer Kundenfrequentierung sehr schwankend und oft schwer vorhersehbar. „Es kann sein, dass der Dienstag der beste Tag der Woche wird“, sagt Carina Molitor. „Da habe ich nicht offiziell offen, bin aber trotzdem manchmal hier, wenn viel los ist.“
„Der Mensch braucht einfach soziale Kontakte – wenn man lokal einkauft bekommt man Beratung, ein Lächeln und ein paar nette Worte. Das fällt online alles weg“, sagt Molitor. Ganz bewusst versuche sie, ihrer Kundschaft neben dem Einkauf etwas zu bieten, was bei Käufen im Internet nicht funktioniert. Am 13. und 14. Dezember lädt die Schneidermsterin daher bei Glühwein, Punsch und selbstgebackenen Plätzchen in ihr Geschäft ein: „Dabei geht es nicht so sehr ums Verkaufen, sondern ums Zusammensein.“
Buchhandlung in Neunkirchen-Seelscheid betont die soziale Bedeutung des Einzelhandels
Auch Paulina Löffelholz, Inhaberin der Buchandlung Löffelholz in Neunkirchen, spürt eine gewisse Zurückhaltung beim Kaufverhalten, die sie allem in steigenden Lebenshaltungskosten und der Inflation begründet sieht. Grundsätzlich sei sie mit dem Jahr jedoch zufrieden und könne es voraussichtlich positiv abschließen. „Die Menschen hier schätzen ihre Buchhandlung vor Ort und unterstützen bewusst den lokalen Handel“, sagt Löffelholz. „Wer sich für den Beruf der Buchhändlerin entscheidet, tut das nicht, um reich zu werden, sondern um Geschichten und Wissen zu den Menschen zu bringen.“

Paulina Löffelholz ist Inhaberin der Buchhandlung Löffelholz in Neunkirchen-Seelscheid
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Neben dem Verkauf engagiert sich die Buchhandlung Löffelholz in der Leseförderung und arbeitet hier eng mit Schulen und Kitas zusammen, außerdem organisiert sie regelmäßig Veranstaltungen, beispielsweise Lesungen. „Wenn Geschenke online gekauft werden, statt im kleinen Einzelhandel, veröden unsere Orte und Innenstädte“, sagt Paulina Löffelholz. „Buchhandlungen müssen schließen, kulturelle Mittelpunkte verschwinden – und das macht unsere Gemeinden trist.“

