FlüchtlingsunterkunftEitorfer Rat lehnt Hauskauf ab – Immobilie gehört Cousine des Bürgermeisters

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Das Rathaus Eitorf in der Weihnachtszeit, die Fassade ist mit einem Tannenbaum geschmückt.

Kurz vor Weihnachten kamen die Fraktionen im Eitorfer Rathaus zu einer Sondersitzung zusammen.

Kurz vor Jahresende sollten die Fraktionen über den Kauf eines Zweifamilienhauses für 420.000 Euro entscheiden.

Der Vorgang war ungewöhnlich, das Datum auch: Kurz vor Ende des Jahres war der Rat der Gemeinde zu einer Sondersitzung einberufen worden, die Kommunalaufsicht hatte darauf gedrängt. Die Fraktionen sollten über den Kauf eines Zweifamilienhauses entscheiden, das als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden sollte.

Die Bezirksregierung hatte bereits im April 2023 eine Pauschal-Zahlung von 474.462,19 Euro im Zuge der Ukraine-Gelder für die Kommunen überwiesen. Bis zum Ende des Jahres muss es zweckgebunden für die Versorgung von Geflüchteten ausgeben werden. Der Nachweis darüber wird zum 31. März 2024 in Köln erwartet.

Immer mehr Geflüchtete werden der Gemeinde Eitorf zugewiesen

Man könne das Geld jetzt für den Kauf der Immobilie benutzen, aber auch rückwirkend für bereits gezahlte Schaffung, Unterhaltung und Herrichten von Wohnraum verwenden, erklärte Kämmerer Klaus Strack.  Durch das „Erbsenzählen“ einzelner Summen habe die Kämmerei bereits Belege in Höhe von 408.000 Euro zusammengetragen, ein paar mehr kämen noch dazu. „Wir müssten also nur einen kleinen Bruchteil zurückgeben“, so Strack.

Der Kauf des Hauses helfe aber bei dem Problem der Unterbringung, argumentierte die Verwaltungsspitze: Immer mehr Geflüchtete würden zugewiesen. Aktuell hat die Gemeinde in der Notunterkunft nur noch zehn freie Plätze. Das Haus, über dessen Verkauf nun ad hoc entschieden werden sollte, könne sofort bezogen werden, es habe zwei separate Wohnungen und könne 16 bis 20 Personen Unterkunft bieten.

Über die außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von 420.000 Euro sollte im öffentlichen, über den Kauf des Hauses im nicht öffentlichen Teil abgestimmt werden. Doch dazu kam es gar nicht. Die Ausgabe wurde von der Ratsmehrheit abgelehnt, wenn auch knapp. Wie schwer die Entscheidung fiel, war schon daran abzulesen, dass CDU und SPD den Fraktionszwang bei der Abstimmung aufgehoben hatten.

Eine weitere Tranche der Ukraine-Gelder wurde bereits an Eitorf ausgezahlt

Die Sorge, dass Gelder zurückgezahlt werden müssten, bewegte Petra Pipke und Laura Faßbender von der CDU, der Ausgabe zuzustimmen. Mit der Immobilie erwerbe man einen Gegenwert, erläuterte Pipke. Das sah Sascha Liene von der FDP anders: Es sei ein Fertighaus aus den 80er Jahren, man wisse, solche Immobilien seien schadstoffbelastet. Sauer stoße ihm ein „pikantes Detail“ auf: Das Haus gehört einer Cousine von Bürgermeister Rainer Viehof, der dies zu Beginn der Sitzung öffentlich machte. „Wir im Rat fragen uns schon, warum wir etwas kaufen sollen, das aus einem verwandtschaftlichen Verhältnis zum Bürgermeister stammt.“

Besser sei es doch, so Liene, sich den Großteil der ausgezahlten Fördergelder über die bereits geleisteten Ausgaben zu sichern und 2024 mit Vorlauf über den Ankauf eines geeigneten Objekts zu entscheiden. Eine weitere Tranche der Ukraine-Gelder wurde bereits an Eitorf ausgezahlt, bis Ende 2024 muss auch sie für die Unterbringung Geflüchteter verwendet werden. 

Da die Gelder für 2023 ja schon zweckgebunden ausgegeben seien und man das Haus jetzt noch zusätzlich kaufen wolle, sei für die Grünen die Entscheidung klar, sagte Jochen Scholz: „Wir müssen ablehnen!“

Fraktionen waren nicht in die Auswahl der Immobilie eingebunden  

Seit April sei das Geld da gewesen, und so kurz vor Jahresende müsse der Rat in einer Sondersitzung über die Verwendung entscheiden, das habe er in 47 Jahren Kommunalpolitik noch nicht erlebt, schaltete sich Dietmar Tendler (SPD) ein. „Das ist schlechtes Vorgehen!“ Seine Parteikollegin Sara Zorlu bekräftigte dies: „Eine so wichtige Angelegenheit so lange schleifen zu lassen, das ist nicht in Ordnung.“ Wenn so viel Personal die Verwaltung verlasse, dann habe das Auswirkungen auf die Eitorfer.

Zorlu kritisierte zudem, dass die Fraktionen bei der Auswahl der Immobilie nicht eingebunden gewesen seien. „Das Gebaren stößt uns absolut sauer auf“, sagte auch ein sichtlich erregter Markus Reisbitzen (CDU) und wandte sich direkt an den Bürgermeister: „Bringen Sie Ihre Verwaltung in Ordnung! Die CDU-Fraktion wird für Sie nicht mehr die Kohlen aus dem Feuer holen!“

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